Ausgeliefert
Internes Amazon-Schreiben in den USA belegt: Der Konzern will möglichst wehrlose Lohnabhängige
Der US-amerikanische Internetversandhändler Amazon ist dafür bekannt, Millionen dafür auszugeben, eine gewerkschaftliche Organisierung der Lohnabhängigen zu verhindern. Nun ist eine weitere Methode des Monopolisten ans Licht gekommen. Demnach stellt Amazon als »schwach« und »ungeschützt« eingestufte Menschen gezielt ein. Das geht aus einem internen Memo hervor, das kürzlich öffentlich wurde. Darin erklären die Amazon-Bosse, daß sie vor allem Studenten aus armen Familien und Menschen, die gerade aus dem Gefängnis entlassen wurden, einstellen würden. Diese suchten verzweifelt nach Jobs und könnten es sich deshalb nicht leisten, eine Kündigung zu riskieren. In dem Memo heißt es zudem, diese würden zu »Fürsprechern des Unternehmens« werden.
Für den Staat Kalifornien sieht das interne Schreiben sogar eine »School-to-Ware-house-Pipeline« vor – diese soll junge High-School-Schüler und Community-College-Absolventen in Los Angeles direkt seinen riesigen Lagerhäusern und Verteilzentren zuführen. Vorgeschlagen wird auch, bei Einstellungsgesprächen Fragen über den Konsum von Marihuana zu streichen. Die rassistisch begründete Hoffnung ist, daß gerade Jugendliche aus Minderheiten, die diese Droge konsumieren, sich nicht gegen die besonders krasse Ausbeutung bei Amazon wehren.
Das Memo schlägt zudem eine Werbekampagne vor, die das Ziel verfolgt, auf »gesellschaftliche Gruppen« einzuwirken. Amazon würde sein Image aufpolieren, indem es Organisationen unterstützt, die sich für einen sozialen Wandel einsetzen – beispielsweise für bessere Schulen und Arbeitsmöglichkeiten für ehemalige Häftlinge. Es wird sogar darüber nachgedacht, die Löhne der Arbeiter auf 18 US-Dollar pro Stunde anzuheben. Durch die Bezahlung und die Verbindung zu den Schulen sei es möglich, 80 Prozent der Kinder des Vereinigten Schulbezirks von Los Angeles anzusprechen, die in Familien unterhalb der Armutsgrenze leben, heißt es in dem Memo. Dabei handelt es sich um den zweitgrößten Schulbezirk der USA. Er umfaßt das Gebiet der Stadt Los Angeles und weiterer 31 Gemeinden und Ortschaften in ihrem Umfeld.
All dies soll Amazon eine zufriedene Belegschaft verschaffen und verhindern, daß sie sich gewerkschaftlich organisiert. Sollte sich dieses Vorgehen als erfolgreich erweisen, könne dem Memo zufolge die gleiche Taktik in Chicago, in Boston und anderswo angewendet werden.
Es ist nicht das erste Mal, daß Amazon mit PR-Taktiken und anderen Tricks versucht, die Gewerkschaften in die Knie zu zwingen. Der Konzern ist dafür bekannt, »Union Buster« zu engagieren und gegen das Arbeitsrecht zu verstoßen.
Als Bumerang erwies sich jedoch der gezielte Angriff auf den Gewerkschafter Chris Smalls in New York. Er ist Mitbegründer der Amazon Labor Union (ALU) und wurde von Amazon an den Pranger gestellt. Smalls wehrte sich jedoch gegen die Angriffe auf seine Person, die ihm zum Beispiel unterstellten, er sei »unartikuliert«. Er zeigte sich wortgewandt und organisiert, gründete die ALU, nachdem Amazon ihn 2020 entlassen hatte, weil er Streiks im Warenlager JFK8 in New York angeführt hatte. Die Arbeiter protestierten damals gegen Amazons Weigerung, sie vor dem sich ausbreitenden Coronavirus zu schützen.
Aus: »People’s World«. Übersetzt und bearbeitet von Lars Mörking