Watts 1965, South Central 1992, Paramount 2025
Die Bilder aus Los Angeles, der 1848 von Mexiko geraubten Metropole an der Westküste der USA, gleichen sich: Soldaten in voller Kampfmontur auf den Straßen, Ausgangssperren, brennende Barrikaden, umgestürzte Autos... Nach 1965 und 1992 ist L.A. erneut zum Epizentrum des Widerstands gegen rassistische Polizeigewalt geworden.
Vor bald 60 Jahren, am 11. August 1965, stoppte ein Polizist in Watts, einem südlichen Stadtteil von L.A., den 21-jährigen Afroamerikaner Marquette Frye wegen des Verdachts auf »Alkohol am Steuer«. Als er, sein Bruder Ronald und ihre herbeigeeilte Mutter Rena Price gegen die willkürliche Kontrolle protestierten, schlug der weiße Polizist der Mutter mit seinem Schlagstock auf den Kopf.
Eine Menschenmenge versuchte, die Verhaftung der drei zu verhindern. Als zusätzlich alarmierte Polizisten dagegen einschritten, wurden sie mit Steinen beworfen. Der ganze Stadtteil geriet in Aufruhr, allein in der ersten Nacht gab es 29 Festnahmen. Der Aufstand von Watts dauerte fünf Tage. Es gab 34 Tote, 1.032 Verletzte, 3.428 Verhaftungen und einen Sachschaden von mehr als 40 Millionen US-Dollar.
Am 2. Dezember 1965 veröffentlichte ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß seinen Abschlußbericht unter dem Titel »Gewalt in der Stadt – Ende oder Anfang?«. Als Ursachen für den Aufstand nannte der Bericht das miese öffentliche Schulsystem, hohe Arbeitslosigkeit und generell schlechte Lebensbedingungen der schwarzen Bevölkerung von Watts. Doch im armen Süden von L.A. gab es noch nicht einmal während der Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre eine grundlegende Verbesserung der sozialen Lage.
Auch 1992 entlud sich der Zorn über rassistische Polizeigewalt in mehrtägigen Unruhen, dieses Mal begannen sie am 29. April in South Central, nachdem vier weiße Polizisten nach einer wahren Gewaltorgie gegen den 25-jährigen Afroamerikaner Rodney King vor Gericht freigesprochen wurden.
Durch das Video eines Amateurfilmers hatte die Weltöffentlichkeit ein Jahr zuvor zum ersten Mal rassistische Polizeigewalt in Aktion gesehen. Es zeigt, wie die vier Cops Rodney King wegen eines Verkehrsdelikts fast zu Tode prügeln. Die dadurch ausgelösten Riots dauerten fünf Tage. Offiziell gab es 58 Tote, 2.383 Verletzte, rund 11.000 Verhaftungen und einen Schaden von einer Milliarde US-Dollar. Die eingesetzte Nationalgarde erwies sich als machtlos gegen Plünderungen und Brandstiftungen.
Die jüngsten Unruhen begannen vor einer Woche in Paramount, einer 50.000-Einwohner-Stadt im County Los Angeles, und richten sich gegen die von Präsident Trump angeordneten Massenabschiebungen von Wanderarbeitern mit und ohne Papiere, denen Razzien der Einwanderungsbehörde ICE, Verhaftungen auf offener Straße und am Arbeitsplatz vorausgehen.
Zu den am vergangenen Freitag während einer Protestaktion gegen eine ICE-Razzia Verhafteten zählte auch David Huerta, der Präsident der mehr als 750.000 Mitglieder starken Gewerkschaft SEIU.
David Huertas Verletzung und anschließende Verhaftung löste eine Welle der Solidarität aus, so daß der Gewerkschaftspräsident am Montag gegen Zahlung einer Kaution freigelassen werden mußte. Er steht aber weiter unter Anklage und unterliegt gerichtlichen Auflagen. In einem Statement betont die SEIU, sein Einsatz sei beispielhaft für den kollektiven Kampf gegen Ungerechtigkeit: »Was David passiert ist, betrifft uns alle. Wir werden weiter für die Rechte und Würde aller Arbeiter eintreten!«