Nuland statt Tschaikowski
Kiew setzt seine »Derussifizierungspolitik« fort. Mitte März unterstützte ein Ausschuß des dortigen Parlaments die Umbenennung von fünf Städten und 104 kleineren Gemeinden, deren russische – oder auch nur russisch klingende – Namen demnächst »ukrainisiert« werden sollen.
Manchmal dauert das auch etwas länger. So in der Ende der 70er Jahre in der Sowjetunion gegründeten 30.000-Einwohner-Stadt Juschne in der Nähe von Odessa. Dort wollten die Stadtoberen den russisch angehauchten Namen schon kurz nach dem vom Westen unterstützten Maidan-Putsch in Kiew im Februar 2014 ins Ukrainische übersetzen. Zehn Jahre später heißt die Stadt nun »Port-Anental« – nach einer im 19. Jahrhundert in der Nähe errichteten Siedlung deutscher Kolonialisten.
Doch nicht nur Berlin wollen die Kiewer ihre »Westorientierung« unter Beweis stellen. Aus der aktuellen Umbenennungsrunde ging auch schon ein »Neu-Paris« hervor und aus der ehemaligen deutschen Kolonialisten-Siedlung Hoffnungstal, die zu Sowjetzeiten konsequenterweise Nadeschdiwka hieß, wurde in Anlehnung an die französische Champagne »Schampan«.
Seit dem Sturz des gewählten ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch im Februar 2014 haben die neuen Machthaber im ganzen Land sowjetische Denkmäler abreißen und Straßenschilder, die an Rußland erinnerten, abnehmen lassen. Am bekanntesten ist die Umbenennung der viertgrößten Stadt Dnipro, die bis 2016 zu Ehren des sowjetischen Revolutionärs Grigori Petrowski Dnjepropetrowsk hieß.
Mit der russischen Invasion vor gut zwei Jahren gewann der Kulturkampf in der Ukraine eine neue Dynamik. Der Gebrauch der russischen Sprache im öffentlichen Raum wurde per Gesetz verboten, im ersten Kriegsjahr erhielten 9.859 Orte einen neuen Namen und 145 Denkmäler wurden geschleift – selbst dann, wenn sie an Schriftsteller oder Komponisten von Weltrang wie Alexander Sergejewitsch Puschkin oder Pjotr Iljitsch Tschaikowski erinnerten.
Vor einem Jahr dann unterzeichnete Präsident Selenski ein Gesetz, das für geografische Objekte in der Ukraine Bezeichnungen verbietet, die mit Rußland verbunden sind. Stattdessen setzen die Kiewer auf alte Faschisten wie Roman Schuchewitsch (bzw. nach der neuen Schreibweise: Schuchewytsch) und die neuen »Helden des Maidan«.
Zu denen gehört selbstverständlich auch Victoria »Fuck the EU« Nuland, die bis vor wenigen Tagen geschäftsführende Vizeaußenministerin der USA war. Ihr zu Ehren hat Hauptstadtbürgermeister Klitschko die Tschaikowski-Straße im Bezirk Darnizja Anfang März in »Victoria-Nuland-Straße« umbenannt.
Gedacht wurde auch an frühe Förderer ukrainischer Faschisten. In Kiew gibt es seit vergangenem Juli eine Ronald-Reagan-Straße. Der hatte als amtierender Präsident der USA nicht nur die Waffen-SS der Nazis im Mai 1985 auf dem Bitburger Soldatenfriedhof als »Opfer« bezeichnet, sondern schon zwei Jahre zuvor die »Organisation Ukrainischer Nationalisten« (OUN) im Weißen Haus empfangen.
Im südukrainischen Nikopol erhielt eine Straße kürzlich den Namen des Offiziers Petro Djatschenko, der mit den Nazis kollaborierte. Nach dem Sieg über den Faschismus ging er ins westdeutsche München, bevor er sich in Philadelphia, USA zur Ruhe setzte. Auch Erzbischof Andrej Scheptyzkyj, nach dem jetzt ein ganzer Ort benannt wird, hatte die Aufstellung einer ukrainischen Waffen-SS-Division propagiert.
An ihren Vorbildern werdet ihr sie erkennen!