Ausland15. Februar 2025

Oligarchen an den Töpfen der Macht

Eine USA-Regierung »von Milliardären, durch Milliardäre und für Milliardäre«

von Max Böhnel, New York

Hinter der wachsenden Empörung über den autoritären Staatsumbau, der von »Trusk« (Trump plus Musk) betrieben wird, vollzieht sich fast lautlos ein weiterer undemokratischer Prozeß: die Oligarchisierung. Davor hatte Ex-Präsident Joe Biden in seiner Abschiedsrede gewarnt – immerhin. Aber daß Autoritarismus und Oligarchie direkt zusammenhängen, ja einander bedingen, darauf wies erst diese Woche der demokratische Sozialist Bernie Sanders in einer Rede vor dem Washingtoner Senat hin. Eine »Regierung von Milliardären, durch Milliardäre und für Milliardäre« drohe, die Gefahr bestehe nicht nur im autoritären Schub, sondern auch in einer Oligarchie, in der »die drei Reichsten in Amerika über mehr Wohlstand verfügen als 170 Millionen Menschen in der unteren Hälfte«. Und: »Immer mehr Macht ruht in immer wenigen Händen«.

Das Bild von Trumps Inauguration am 20. Januar ging um die Welt: Tech-Mogule, die reichsten Männer der Welt – Freundinnen und Ehefrauen an ihrer Seite – sind direkt hinter Trump platziert. Einem Sonnenkönig gleich lächelt der in die Kameras, direkt hinter ihm Meta-Chef Mark Zuckerberg, Amazon-CEO Feff Bezos, Google-CEO Sundar Pichai, natürlich Elon Musk und weitere Milliardäre. Später wird Bernie Sanders im Senat vorrechnen: »Herr Musk ist 402 Milliarden Dollar wert, Herr Zuckerberg 252 Milliarden und Herr Bezos 249 Milliarden.« Das sind zusammen 903 Milliarden Dollar.

Trump mochte aus reinem Narzißmus heraus beschlossen haben, zu seiner Inauguration statt wie bis dato üblich, den Vorgängerpräsidenten, die eigene Familie und Ehrengäste in die erste Reihe zu setzen, den Geldsäcken VIP-Vorrang einzuräumen. Das Bild erhellt jedenfalls das gegenwärtige Herrschaftssystem der USA. Wie es dazu kam, hatte Trump jedenfalls schon Wochen davor auf seine Art treffsicher ausgedrückt. In seiner ersten Amtszeit »kämpfte jeder gegen mich«, sagte Trump, aber »jetzt will jeder mein Freund sein«.

Trump überreichte den Oligarchen die Schlüssel zur staatlichen Bürokratie. Für Musk und sein Department of Government Efficiency (DOGE) trifft dies auf jeden Fall zu. Ein Bundesrichter stoppte zwar »vorübergehend« den Zugang von DOGE zu den Computersystemen im Finanzministerium, über das Gelder an Regierungen von Bundesstaaten, Institutionen und Bürger ausgezahlt werden. Zudem wurde DOGE aufgefordert, die bereits abgegriffenen Daten zu löschen. Doch aller Wahrscheinlichkeit nach sind sie längst von Musks DOGE-Experten, die Berichten zufolge mit KI herumfingerten, verschlüsselt und für den späteren Gebrauch versteckt worden.

Wie weit fortgeschritten der Datenklau bei anderen Bundesbehörden ist, ist unklar. Vermutet wird jedenfalls, daß DOGE KI auch deshalb installiert hat, um innerbehördliche, Trump-feindliche Kommunikation zu identifizieren und sie Personen zuzuordnen, um schließlich Kündigungsgründe vorlegen zu können und Widerstand im Keim zu ersticken.

Auch ein Blick auf die zweite Sitzreihe, die Trump, dem neuen Regime und sich selbst am 20. Januar applaudierte, erhärtet die These, daß nicht nur Musk und die Tech-Mogule die autoritäre Oligarchie befeuern. Denn dort saß am 20. Januar das von Trump nominierte und derzeit von einer republikanischen Senatsmehrheit abgesegnete politische Personal, das nun die höchsten Ministeriums- und diplomatischen Posten einnimmt. Und jeder und jede einzelne dieser bisher eher unbekannten Leute ist Trump-Loyalist und vereint dazu Reichtum und ökonomische Macht auf sich.

Die Zeitung »US Today« schätzte das Vermögen dieser Leute zusammengenommen auf rund 400 Milliarden Dollar. Handelsminister Lutnick, Nahost-Sonderbeauftragter Witkoff, Innenminister Burgum, der designierte Chef der Raumfahrtbehörde NASA Isaacman – sie alle sitzen jeweils auf mindestens 1,000 Millionen – einer Milliarde Dollar. Linda McMahon, die das Bildungsministerium leiten – und abwickeln – soll, hockt auf drei Milliarden. Über das Vermögen von Finanzminister Scott Bessent, der mehrere Hedgefonds gründete, darunter auch einen unter dem »pro-Demokraten« George Soros, gibt es keine eindeutigen Aussagen. Schätzungen zufolge bewegt es sich im unteren zweistelligen Milliardenbereich. Jedenfalls verschaffte Bessent den DOGE-Leuten höchstpersönlich Zugang zu den Zahlungssystemen im Ministeriumsgebäude.

Entscheidend für den Oligarchisierungs-Schub war 2010 das Urteil »Citizens United«, mit dem das Oberste Gericht die Finanzierungsbeschränkungen für Wahlkämpfe aufhob. Unternehmen und Banken verfügen demzufolge über dieselben Rechte wie natürliche Personen, jede Spendenbegrenzung beschneide außerdem das Recht auf freie Meinungsäußerung, hieß es darin. Mehrere eher progressive Abgeordnete protestieren seitdem regelmäßig, aber vergebens, mit Entwürfen gegen das Urteil, und so auch diese Woche. »Ein Milliardär kaufte sich mit Millionen einen Sitz als Schattenpräsident« hieß es zur Begründung.

Musk war nach Trumps Wahlsieg innerhalb weniger Wochen nicht nur um 170 Milliarden Dollar reicher geworden, sondern erhielt für seine Unternehmen neue Regierungsaufträge und darf sich zusätzlich als Leiter von DOGE an den Daten der Bevölkerung der USA gütlich tun. Die anderen Oligarchen von Trumps Gnaden werden es ihrem Vorbild gleichtun wollen.