Ausland04. Dezember 2009

EU erwartet Verlust von sieben Millionen Arbeitsplätzen

»Beschäftigungsbericht 2009« will düstere Prognosen für weitere Deregulierung der Arbeitsverhältnisse nutzen

Einen Verlust von sieben Millionen Arbeitsplätzen und den Anstieg der Arbeitslosenquote in der EU von derzeit sieben auf über zehn Prozent sagt er Bericht »Beschäftigung in Europa 2009« voraus, den die Brüsseler EU-Kommission am 23. November veröffentlicht hat.

Wörtlich heißt es in einer Zusammenfassung der »Kern­aussagen«: »Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die derzeitige Rezession die Arbeitsmärkte der EU schwer treffen und zu einem erheblichen Anstieg der Arbeitslosenzahlen führen, wenngleich sich die Arbeitsplatzverluste in manchen Mitgliedstaaten bislang aufgrund von Vorkehrungen wie kürzeren Arbeitszeiten oder vorübergehender Kurzarbeit in Grenzen halten. Obwohl sich die Arbeitsmärkte als ziemlich robust erwiesen haben, ist doch zu erwarten, daß in Europa (gemeint ist die EU, d.R.) in den Jahren 2009-2010 mehr als sieben Millionen Arbeitsplätze verloren gehen und die Arbeitslosenquote bis 2010 auf über 10 Prozent ansteigt.«

In der englischen Originalfassung des Berichts stehen interessanterweise noch schlimmere Zahlen: Verlust von 8,5 Millionen Arbeitsplätzen, Anstieg der Arbeitslosenquote auf 11 Prozent.
Insbesondere wird in dem Bericht die hohe Langzeitarbeitslosigkeit in der EU hervorgehoben. Demnach dauerte die Arbeitslosigkeit in 45 Prozent aller Fälle länger als ein Jahr. Dies wurde jedoch nicht ohne Hintergedanken betont. Vielmehr wird damit einer weiteren Deregulierung und Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse im Sinne der von der EU propagierten »Flexicurity« das Wort geredet. Dem dient insbesondere der Vergleich mit den USA, wo sich die Quote der Langzeitarbeitslosen angeblich nur auf 10 Prozent beläuft. Wörtlich heißt es dann, ein »einfacher ökonometrischer Ländervergleich« zeige, »daß die Langzeitarbeitslosigkeit infolge strenger Rechtsvorschriften zum Schutz der Beschäftigung langfristig tendenziell steigt (!) und bei Förderung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sinkt«.

Strenge Vorschriften in Sachen Arbeitszeit, Kündigungsschutz usw. sind also angeblich der Grund für die hohe Langzeitarbeitslosenquote in der EU, während die Beseitigung solcher Vorschriften, also die Möglichkeit für die Unternehmer zu einem rascheren »Heuern und Feuern«, zur weiteren »Flexibilisierung« der Arbeitszeiten nach Bedarf, sowie bei weniger Arbeitsschutzauflagen angeblich zu einer rascheren Wiedereinstellung von Arbeitslosen führen würde. Damit wird die Richtung der künftigen EU-»Arbeitsmarktpolitik« deutlich vorgezeichnet. Wörtlich heißt es: »’Flexicurity’ bleibt in Verbindung mit umfassenden aktiven Eingliederungsstrategien der richtige Ansatz, um einerseits die Arbeitsmärkte zu modernisieren und andererseits eine erfolgreiche Erholung (der Wirtschaft) zu gewährleisten.«

Daneben versucht der Bericht die Hoffnung zu nähren, daß die Orientierung auf eine »grüne Entwicklungsstrategie« in der EU in den kommenden Jahren zum Abbau der Arbeitslosigkeit beitragen könnte. Die von der EU befürwortete »Politik zur Senkung der Kohlenstoffemissionen« soll zu einem »wichtigen Motor für die Veränderung der Beschäftigungsstrukturen in der EU« werden. Die damit verbundene »Verlagerung von Arbeitskräften« werde sich auf alle Wirtschaftssektoren und Regionen auswirken.

Allerdings sahen sich die Autoren auch zu dem Eingeständnis veranlaßt, daß die Auswirkungen solcher Umstrukturierungen auf das Gesamtbeschäftigungsniveau nur »begrenzt« sein dürften.

Georg Polikeit