Leitartikel20. Mai 2023

Gipfel der Heuchelei

Die Politiker, die an den teuren Gipfeltreffen des Europarates und der G7 teilnehmen, sind offenbar blind vor Haß, vor Wut darüber, daß sie mit all den Sanktionen und Sabotage-Aktionen gegen Rußland, China, Kuba, Syrien und andere Länder, in denen die Regierungen nicht nach der Pfeife des Westens tanzen, partout ihre Ziele nicht erreichen.

Um buchstäblich jeden Preis wollen sie die ihnen unliebsamen Gegner in die Knie zwingen. Dafür nehmen sie in Kauf, daß nicht nur die Menschen in den Ländern des Westens dafür die Zeche zahlen müssen, sondern daß auch das Sterben und Leiden in den Kriegsgebieten, der Hunger in der Welt und die Schäden an der Umwelt ins Unermeßliche steigen – während Aktionäre von Banken und Konzernen sich die Taschen füllen.

Der Europarat tagte in dieser Woche zum vierten Mal in seiner über 70-jährigen Geschichte in Form eines Gipfeltreffens – allein mit dem Ziel, Maßnahmen gegen Rußland zu beschließen. Herausgekommen ist vor allem ein »Schadensregister«, in dem alle Schäden aufgelistet werden sollen, die im Krieg in der Ukraine durch Rußland verursacht wurden. Nicht registriert werden hingegen die Schäden, die im Krieg in der Ukraine seit dem Jahr 2014 durch ukrainische Truppen und faschistische Milizen angerichtet wurden, ebenso wenig die etwa 15.000 ukrainischen Bürger, die zwischen 2014 und 2022 in diesem Krieg getötet wurden; auch nicht die Schäden, die seit Februar 2022 durch ukrainischen Beschuß entstanden sind, oder gar die Toten durch Granaten, die der Westen seit Februar 2022 großzügig an die Ukraine liefert.

Diese Heuchelei ist wirklich unerträglich: Schäden durch russischen Beschuß müssen geahndet werden, Tote und Schäden durch ukrainischen Beschuß sind hinnehmbar, sogar gerechtfertigt, denn es geht ja um »unsere Werte«, um »unsere Freiheit und Demokratie«, die in der Ukraine verteidigt werden.

Nein, es geht um blinden Haß, um einen Krieg gegen Rußland und den Traum von einem »Sieg auf dem Schlachtfeld«. Und ganz »nebenbei« geht es um Profite, durch Waffenlieferungen und dann durch Investitionen in den »Wiederaufbau der Ukraine« – dafür legt man ein Register an, um irgendwann später den Kuchen besser aufteilen zu können. Warum ist eigentlich nach den Dutzenden Kriegen der USA in Komplizenschaft mit der NATO in aller Welt niemand auf die Idee gekommen, ein solches Register anzulegen? Der Journalist Julian Assange, der einige dieser Kriegsverbrechen aufdeckte, wird dafür in den USA mit bis zu 175 Jahren Haft bedroht.

Nicht wesentlich anders geht es zu beim Gipfeltreffen der selbsternannten »westlichen Demokratien«, zu deren Kreis durch die Einladung von Herrn Selenski offenbar auch die Ukraine gehört. Auch dort geht es um weitere Sanktionen gegen Rußland und um das Schmieden einer Front gegen China. Allen Versuchen, den Krieg zu beenden und dafür endlich in vernünftige Verhandlungen einzutreten, wird immer wieder eine Absage erteilt, und die Europäische Union darf als Anheizerin für die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine auftreten.

Ein makaberes Zeichen setzte der Präsident der USA, der unmittelbar vor seiner Abreise zum Tagungsort Hiroshima verkünden ließ, er habe nicht die Absicht, sich für den Abwurf der Atombomben der USA am 6. und am 9. August 1945 auf Hiroshima und Nagasaki, eines der größten Kriegsverbrechen der jüngeren Geschichte, zu entschuldigen. Offensichtlich gibt es für diese Leute »gute« und »böse« Bomben, je nachdem, wer für ihren Einsatz verantwortlich ist.