Ausland17. November 2023

Israel ignoriert Sicherheitsratsresolution

UNO-Gremium einigt sich nach langen Verhandlungen auf Resolution für mehrtägige Waffenruhe im Nahen Osten. USA, Britannien und Rußland enthalten sich

von dpa/ZLV

Der UNO-Sicherheitsrat in New York hat eine Resolution mit der völkerrechtlich bindenden Forderung nach einer mehrtägigen Waffenruhe im Gazakrieg angenommen. Nach langem Ringen einigte sich das Gremium am Mittwochabend auf den gemeinsamen Beschluß. Die USA verzichteten auf ein Veto und enthielten sich, genauso wie Rußland und Britannien. Zwölf der insgesamt 15 Mitgliedstaaten stimmten für den von Malta eingebrachten Text, auch die beiden anderen Vetomächte China und Frankreich. Resolutionen des Sicherheitsrats sind völkerrechtlich bindend und können so eine internationale Wirkmacht entfalten.

Trotzdem hat Israel umgehend erklärt, die Resolution zu ignorieren. Sie sei »realitätsfern« und »bedeutungslos«, erklärte Gilad Menashe Erdan, Israels Botschafter bei der UNO. Auf der Plattform X schrieb er: »Israel wird weiter handeln, bis die Hamas zerstört und die Geiseln zurückgegeben sind«. Das israelische Außenministerium teilte am Abend mit, man lehne längere humanitäre Feuerpausen ab, solange Hamas ihre Geiseln nicht freilasse. »Israel erwartet vom Sicherheitsrat, Hamas eindeutig zu verurteilen und sich zu der Notwendigkeit zu äußern, im Gazastreifen eine neue Sicherheitslage zu schaffen«, heißt es in der Stellungnahme weiter.

Die von Ratsmitglied Malta eingebrachte Resolution verlangt unter anderem »dringende und ausgedehnte humanitäre Pausen und Korridore im gesamten Gazastreifen für eine ausreichende Zahl von Tagen«, um »im Einklang mit dem Völkerrecht« humanitäre Hilfe zu gewährleisten. Es ist dabei aber nicht die Rede von einem Waffenstillstand, der vertraglich festgehalten wird.

Bis kurz vor der Abstimmung war fraglich, ob die USA als engster Verbündeter Israels die Annahme der Resolution tolerieren würden. Im Oktober hatte Washington noch sein Veto für einen Entwurf unter anderem deswegen eingelegt, weil dieser das »Recht Israels auf Selbstverteidigung« nicht betont habe. Der nun angenommene Beschluß geht darauf jedoch ebenfalls nicht ein, sondern fokussiert sich auf das immer unerträglicher werdende Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung – und vor allem der Kinder. Ausgedrückt wird die »tiefe Besorgnis über die humanitäre Lage im Gazastreifen und ihre schwerwiegenden Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung, insbesondere die unverhältnismäßigen Auswirkungen auf Kinder«.

In der Resolution werden alle Konfliktparteien zur Einhaltung des Völkerrechts angehalten, eine – so wörtlich – »Zwangsumsiedlung der Zivilbevölkerung« wird abgelehnt, und es wird betont, den mehr als zwei Millionen Menschen im Gazastreifen dürften lebensnotwendige Dienste nicht vorenthalten werden. Diese Positionen sind Diplomaten zufolge im Hinblick auf das Vorgehen Israels zu verstehen – namentlich wird das Land jedoch im Dokument nicht genannt. Auch Hamas erwähnt der Text nur in der Forderung, ihre Geiseln freizulassen.

Auf dem Sicherheitsrat lag immenser Druck, nach Wochen der Verhandlungen für eine gemeinsame Position. Bis zum Mittwoch waren Entwürfe unter anderem aber an Vetos gescheitert. Neben den USA haben auch China, Rußland, Frankreich und Britannien ein Vetorecht. Zudem hat das mächtige UNO-Gremium zehn auf zwei Jahre gewählte Mitgliedstaaten. Eine Resolution braucht mindestens neun der 15 Stimmen, dabei darf es kein Veto geben.

Eine deutlich israelkritischere Resolution hatten die 193 Mitgliedstaaten der UNO-Generalversammlung schon Ende Oktober mit großer Mehrheit beschlossen. Dieser Beschluß war völkerrechtlich nicht bindend.