Italiens Rüstungskonzerne wittern Morgenluft
Profit durch massive Rüstungsausgaben
Italiens Rüstungsindustrie, die sich für den Einstieg in die Militarisierung der EU entschieden hat, wittert Morgenluft. Die Entscheidung in Berlin, mit der Grundgesetzänderung den Weg für milliardenschwere Kriegskredite freizumachen, kommt auch ihnen gelegen.
In der drittgrößten Volkswirtschaft in der EU hofft man, daß italienische Unternehmen von den massiven deutschen Investitionen in Rüstung und Infrastruktur profitieren werden. Viele Unternehmen kämpften angesichts der EU-Sanktionen gegen Rußland wegen des Krieges in der Ukraine mit steigenden Energiepreisen. Wirtschaftsminister Adolfo Urso verwies laut der Nachrichtenagentur ANSA auf die schwache Nachfrage sowie die kostengünstigere Konkurrenz aus China und anderen asiatischen Ländern, die Italien zu schaffen mache.
Besonders treffe das die einst so starke italienische Autoindustrie, die derzeit um ihr Überleben kämpft, sagte der Minister und zielte damit auf die potenzielle Verknüpfung von Auto- und Rüstungsindustrie, in der Rheinmetall-Chef Armin Pappberger dem Osnabrücker VW-Werk ein Schlüsselpotenzial zuwies.
Im Januar 2025 hatte der italienische Rüstungskonzern Leonardo mit der Düsseldorfer Waffenschmiede Rheinmetall Military Vehicles ein Joint Venture gebildet, das die Kampf- und Schützenpanzer von Rheinmetall »Panther« und »Lux« weiter entwickeln und bauen soll, wovon die italienische Armee mehrere Hundert mit einem Volumen von bis zu 23 Milliarden abnehmen wird. Das italienische Pedant zu VW wäre dabei der Fiat-Mutterkonzern Stellantis, viertgrößter Autohersteller der Welt.
Um die Abhängigkeit von den USA auszugleichen, hatte Leonardo im Dezember 2024 bereits ein Joint Venture mit der britischen BAE Systems und Japan Aircraft Industrial Enhancement Co. (JAIEC) zur Entwicklung des neuen Kampfflugzeugs »Global Combat Air Programme«, geschlossen.
Weitergehende Ziele sieht Minister Urso im Umbau des industriellen Ökosystems Italiens, indem sich die Industrie mehr in Richtung Luft- und Raumfahrt, Unterwassertechnik und Schiffbau – den Kernelementen von Leonardo – entwickeln soll. Für die Waffensysteme dieses Sektors sind seit dem Amtsantritt der Meloni-Regierung 21,9 Milliarden Euro bereitgestellt worden.
Laut ANSA gibt es jedoch Zweifel, ob ein Aufschwung der deutschen Wirtschaft reichen wird, um die italienische Exportwirtschaft wiederzubeleben. Hinzu kommt, daß in der Regierung weiter Uneinigkeit über die Rolle und den Platz Italien in der EU herrscht. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat zwar dem von einem EU-Sondergipfel beschlossenen Programm »ReArm Europe« im Umfang von 800 Milliarden Euro zugestimmt, gleichzeitig aber kritisiert, der Plan gehe weit über die Wiederbewaffnung hinaus und Italien werde die Gelder des Kohäsionsfonds »nicht für die Verteidigung einsetzen«, obwohl der Plan es erlauben würde.
Meloni lobt das deutsche Schuldenpaket als einen »positiven Tabubruch« und hofft auf mehr Exporte – will aber nicht »mehr Europa wagen«. Vor allem will sie weiter gute Beziehungen zu Trump pflegen – und gleichzeitig eine gestaltende Rolle in der EU spielen. In den nächsten Tagen will sie Trump einen Besuch abstatten.
Vize-Premier, Außenminister und Forza-Chef Antonio Tajani, stellt sich hinter Meloni und »ReArm Europe«, während Lega-Chef und Vizepremier Matteo Salvini weiter Trump bei dessen Versuchen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine zustimmt und die Annahme von Elon Musks »Starlink«-Programm fordert, das unter Militärs umstritten ist.
Gleichzeitig ließ Meloni am Mittwoch durch ihr Büro erklären, daß Italien für eine mögliche »Friedenstruppe« in der Ukraine keine Soldaten stellen. In ihrer Dreier-Koalition sei man sich einig darin, »daß keine nationale Beteiligung an einer möglichen militärischen Truppe vor Ort vorgesehen ist«. An der Dreier-Runde einen Tag vor dem »Gipfeltreffen« von Ukraine-Unterstützerstaaten am Donnerstag in Paris nahmen auch Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini und Kriegsminister Guido Crosetto teil.
Vor dem Treffen hatte Außenminister Tajani »Schmarotzer«-Vorwürfe der USA-Regierung gegen die europäischen NATO-Länder zurückgewiesen. Der Vorsitzende der Partei Forza Italia betonte in diesem Zusammenhang, Italien verlasse sich nicht ausschließlich auf das Militär der USA, sondern schütze seine Handelsschiffe im Roten Meer mit eigenen Kriegsschiffen. Die italienische Marine habe auch schon mehrere Drohnen der Huthi-Miliz abgeschossen.