Ausland11. August 2009

Die Festnahme des »großen Fisches«

Sri Lankas Regierung jubelt über die Gefangennahme des LTTE-Führers

Die Regierung in Colombo feiert die Gefangennahme von Selvarasa Pathmanathan, der nach der Zerschlagung des Militärapparates der LTTE (Befreiungstiger von Tamil Eelam) und der Beseitigung ihres Chefs Velupillai Prabhakaran und ihrer Kommandeure im Mai die Führung der Organisation übernommen hatte. Der 55 Jahre alte Pathmanathan, unter dem Kürzel »KP« bekannt, wurde Mitte voriger Woche in Malaysia von srilankischen Sicherheitsleuten in Kollaboration mit örtlichen Geheimdienstlern festgenommen und via Bangkok an einen geheim gehaltenen Ort in Sri Lanka geschafft.

Colombos Regierungssprecher Keheliya Rambukwela triumphierte: »Es gab die Illusion, daß nach der Zerschlagung der LTTE diese Bewegung mit Pathmanathan wieder aufleben könnte. Aber wir haben bewiesen, daß wir die Fähigkeit besitzen, sie zu fassen, wo auch immer sie auftauchen.« Und das regierungsnahe Blatt »Island« jubelte, die Festnahme werde »effektiv die laufenden Bemühungen um Wiederbelebung der LTTE neutralisieren«. Eigentlich sollte der LTTE-Spitzenmann, so sickerte inzwischen durch, nicht entführt, sondern vor Ort getötet werden. Da aber der lokale Geheimdienst involviert werden mußte, ließ sich diese Absicht nicht verwirklichen.

Pathmanathan war noch im Januar von Prabhakaran zum Leiter der Abteilung für internationale Beziehungen ernannt worden. Er soll verantwortlich für die Waffenkäufe der tamilischen Rebellen im Ausland gewesen und somit exakt über die Finanzkanäle der LTTE informiert sein. In der letzten Kriegsphase soll er sich angeblich, jedoch erfolglos, um die Aushandlung annehmbarer Bedingungen für eine Kapitulation der Rebellen bemüht haben. Nach der Übernahme der Führung im Mai schwor er der Gewalt ab, was Colombo von der alten LTTE-Riege als Vorbedingung für ein Ende des Krieges gefordert hatte.

»KP« war mit der Reorganisierung der Guerillaorganisation befaßt und hatte damit begonnen, ein »transnationales Gremium für die Eelam-Tamilen« zu formen. Allerdings hielt er an dem Ziel fest, für das die LTTE fast 25 Jahre lang militärisch kämpfte: Schaffung eines Heimatlandes »Tamil Eelam« für die tamilische Minderheit. Colombo will ihm wegen »terroristischer Aktivitäten« nun den Strick drehen. Auch im benachbarten Indien steht er im Zusammenhang mit dem tödlichen Attentat auf Rajiv Gandhi vom Mai 1991 auf der Fahndungsliste.

Wahlerfolge für tamilische Opposition

Die Festnahme des »großen Fisches« ließ Präsident Mahinda Rajapakse – propagandistisch wirksam – einen Tag vor Stadtratswahlen in einigen Gebieten des Nordens und des Südens verkünden. Zumindest im südlichen Uva trug das wohl zu einem überzeugenden Sieg der regierenden Vereinten-Volks-Freiheitsallianz (UPFA) bei. Diese errang 25 von 34 Sitzen, während auf die oppositionelle Vereinte Nationalpartei sieben Sitze entfielen. Im nördlichen Vavuniya und Jaffna fiel das Ergebnis allerdings weniger rosig für Rajapakses Koalition aus. In Jaffna, der alten tamilischen »Kulturhauptstadt«, kam die UPFA lediglich auf 13 von insgesamt 23 Sitzen, während die Tamilische Nationale Allianz (TNA) mit acht Sitzen auf dem zweiten Platz landete.

Die TNA war auch während des Krieges mit etlichen Abgeordneten im Parlament von Sri Lanka vertreten und galt als inoffizielles Sprachrohr der LTTE. Daß ihr politisches Gewicht nach der Niederlage der Guerilla gewachsen ist, zeigt sich noch deutlicher am Wahlresultat in Vavuniya, das unmittelbar an einstiges Rebellengebiet angrenzt. Dort wurde die TNA mit elf Abgeordneten stärkste Fraktion im Stadtrat. Die UPFA folgte mit zwei Abgeordneten erst auf dem dritten Rang.

Die TNA vertrat eigentlich die Meinung, angesichts von mehr als 250.000 Vertriebenen, die noch immer in Internierungslagern hausen müssen, sowie der enormen Zerstörungen der Infrastruktur in weiten Gebieten des Nordens sei die Zeit für Wahlen noch längst nicht reif. Präsident Rajapakse war mit dem Versprechen blühender Landschaften – konkret sprach er von »Frühling im Norden«, den er mit großen Entwicklungsprojekten herbeizaubern will – auf Stimmenfang gegangen. Doch zunächst lag die Beteiligung am Votum in Vavuniya bei nur knapp 25 Prozent. Und das Bild vor den Wahllokalen prägten Soldaten und Polizisten – und nicht die Wahlberechtigten. Unabhängige Journalisten erhielten keinen Zutritt in das nördliche Wahlgebiet.

Hilmar König, Neu-Delhi