Kaleidoskop30. April 2021

Hauptmodul für Chinas Raumstation ins All gebracht

von dpa/ZLV

Wenchang – China hat mit dem Bau einer eigenen Raumstation begonnen. Zum Auftakt des bisher größten Projekts brachte eine Rakete am Donnerstag das Hauptmodul »Tianhe« (Himmlische Harmonie) in eine Erdumlaufbahn. Problemlos hob die leistungsfähige neue Trägerrakete vom Typ »Langer Marsch 5B« vom Raumfahrtbahnhof Wenchang auf der südchinesischen Insel Hainan ab. Zehn Minuten nach dem Start trennte sich das Modul erfolgreich von der Rakete, was lauten Applaus im Kontrollzentrum auslöste. Auch die Sonnensegel öffneten sich wenig später reibungslos.

Knapp drei Jahrzehnte nach den ersten Plänen für die Station beginnt China damit, sich den Traum eines ständigen Außenpostens im All zu erfüllen. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping gratulierte zum Erfolg. Er nannte die Raumstation ein »wichtiges Leitprojekt für den Aufbau eines starken Landes in Wissenschaft, Technik und Raumfahrt«. Die Verantwortlichen sollten »den Geist der Innovation und Selbstständigkeit« vorantreiben. Im Raumfahrtzentrum in Peking verfolgte auch Chinas Premier Li Keqiang den Start.

Das 22 Tonnen schwere Modul wird den Kern der Raumstation bilden, die »um 2022« fertig gestellt werden und »Tiangong« (Himmelspalast) heißen soll. Das Hauptmodul ist 16,6 Meter lang und hat einen Durchmesser von 4,2 Metern. Es ist das größte Raumschiff, das China jemals gebaut hat.

Schon in den kommenden Wochen werden zwei weitere chinesische Raumflüge folgen. Im Mai soll das Cargo-Raumschiff »Tianzhou 2« mit Treibstoff und Versorgungsgütern andocken. Auch bereiten sich drei Raumfahrer vor, an Bord von »Shenzhou 12« im Juni zu »Tianhe« zu fliegen. Sie sollen drei Monate bleiben. Die Bauphase erfordert einen gedrängten Flugplan: Insgesamt sind elf Flüge geplant – drei Flüge mit Modulen, vier Frachtflüge und vier bemannte Raumflüge.

Die Raumstation wird in einer Höhe von 340 bis 450 Kilometer die Erde umkreisen. Drei Raumschiffe können gleichzeitig andocken – zwei auch für längere Zeit. Das Kernmodul sorgt für Strom und Antrieb. Es bietet Unterkünfte für drei Personen, die bis zu sechs Monate an Bord bleiben können. Zwei ähnlich große Teile für wissenschaftliche Experimente sollen T-förmig angebaut werden. Die Station ist für eine Laufzeit von zehn Jahren ausgelegt, könnte aber mit entsprechender Wartung vielleicht auch mehr als 15 Jahre betrieben werden.

Chinas Raumstation wird nur rund ein Sechstel der Masse der ISS haben. »Himmelspalast« ist laut Experten eher mit der früheren russischen Raumstation »Mir« vergleichbar. Neben wissenschaftlichen Versuchen in Schwerelosigkeit, im Vakuum und unter Strahlung bietet die Station dem chinesischen Raumfahrtprogramm auch neue Möglichkeiten, um Systeme für weitere Expeditionen in die Tiefen des Weltraums zu entwickeln.