Ausland27. Mai 2020

EU prognostiziert Griechenland ein düsteres Jahr

Laut Einschätzung der EU-Kommission zufolge setzt Covid-19 der griechischen Wirtschaft mehr zu als den meisten anderen EU-Ländern. Griechenlands Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde in diesem Jahr um 9,7 Prozent einbrechen – deutlich mehr als der Wert von 7,75 Prozent, um den das BIP der Eurozone als Ganzes abnehmen soll.

Die griechische Wirtschaft werde sich dann 2021 zwar »rasch erholen«, heißt es in der von Zweckoptimismus geprägten Einschätzung der EU-Kommission, jedoch nicht im gleichen Ausmaß, in dem sie im laufenden Jahr an Boden verliert. Der Grund für die düstere Prognose liegt in der großen Abhängigkeit Griechenlands vom Tourismus, schreibt die »Griechenland Zeitung«. Die EU-Kommission erwarte, daß sich die Einschränkungen im internationalen Reiseverkehr auch im dritten Quartal – dem Höhepunkt der Urlaubssaison – fortsetzen werden. »Da mehr als 70 Prozent der Tourismuseinkünfte in den Sommermonaten konzentriert sind, werden sich Hindernisse während dieser Periode spürbar auf die Dienstleistungsexporte allgemein auswirken«, heißt es im Bericht der EU-Kommission.

Auch der Privatkonsum steuert 2020 einem schlechten Jahr entgegen. Allen Maßnahmen der Regierung zur Belebung der Konjunktur zum Trotz werden in diesem Jahr sie privaten Ausgaben um voraussichtlich 9 Prozent zurückgehen. Von den Investitionen sei ebenfalls keine unmittelbare Konjunkturbelebung zu erwarten; sie sollen in diesem Jahr sogar um ein Drittel zurückgehen, da die Unternehmen auf klarere Verhältnisse warten, bevor sie mit angepeilten Projekten fortfahren. Der Schuldenstand des Landes werde bis Ende 2020 von derzeit 177 auf 196 Prozent des BIP ansteigen.

Die EU-Kommission ging in ihrer Schätzung davon aus, daß insgesamt 160.000 Arbeitsplätze verlorengehen und daß die Arbeitslosenquote von 16 auf rund 20 Prozent steigen werde. Diese Einschätzung ist wahrscheinlich die erste, die von der Realität weit übertroffen wird. Bereits wenige Tage nach der Veröffentlichung des EU-Papiers meldete die griechische Arbeitsagentur einen Anstieg der Arbeitslosigkeit im April um 211.526 Personen im Vergleich zum Vormonat.

(GZ/ZLV)

Die kommunistische Gewerkschaftsfront PAME mobilisiert – auch unter Corona-Bedingungen wie hier am 1. Mai 2020 auf dem Platz der Verfassung vor dem griechischen Parlament – gegen die Politik der konservativen Regierung und der EU
(Foto: EPA-EFE/Alexandros Beltes)