Leitartikel19. März 2009

Die »Solidaritätssteuer« hat nichts mit Solidarität zu tun

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Vergangene Woche leistete der LSAP-Abgeordnete Castegnaro seiner Partei einen Bärendienst, als er eine Erhöhung der Solidaritätssteuer forderte. Vielleicht war das der letzte Revancheakt eines Abgeordneten, dem seine Partei Ministerehren verwehrte und der nun in wenigen Wochen der Abgeordnetenkammer definitiv den Rücken kehren wird.

Uns sind die Grabenkämpfe, welche die Sozialisten sich wegen gut bezahlter Regierungsposten liefern, egal. Nur sollten diese Querelen nicht auf dem Buckel der arbeitenden Menschen ausgetragen werden. In diesem speziellen Fall kommt hinzu, dass der frühere Chef des OGBL keineswegs im Interesse der schaffenden Menschen handelt, wenn er eine Erhöhung der Solidaritätssteuer fordert, auch wenn er das demagogisch damit begründet, dass »auch Erwerbslose und Beschäftigte in Kurzarbeit ein Recht auf ein anständiges Einkommen« haben.

Als Herr Castegnaro (wie alle anderen LSAP-Abgeordneten) 2006 für die Indexmanipulation stimmte, die ein Geschenk an das Patronat war und dazu führte, dass jeder Lohnabhängige bis 2009 um mehr als einen halben Monatslohn betrogen wurde, war ihm der Gedanke, dass die Schaffenden allesamt ein »Recht auf ein anständiges Einkommen« hätten, wohl noch nicht gekommen.

Auch seine Forderung im Zusammenhang mit der Solidaritätssteuer, ist alles andere denn salariatsfreundlich. Denn eine Erhöhung der Solidaritätssteuer würde bedeuten, dass der größte Teil der Schaffenden erneut zur Kasse gebeten würde – zusätzlich zu allem Sozialabbau, der seit 2006 die Menschen belastete.

Herr Castegnaro gehört einer Regierungspartei an, die 2004, zusammen mit ihrem Koalitionspartner CSV versprach, keine Steuererhöhungen vorzunehmen. Doch seither wurden nicht nur indirekte Steuern heraufgesetzt, sondern auch die direkten Steuern wurden indirekt erhöht, da CSV und LSAP sich während Jahren geweigert hatten, die Steuertabellen an die Inflation anzupassen.

Inzwischen beträgt der Anteil der Körperschaftssteuer für Betriebe nur noch 38 % an den Direktsteuern (2002 waren es immerhin noch
49 %), während der Anteil der Einkommensteuer von 51 auf 62 % anstieg. Als sei diese Umverteilung zugunsten des Kapitals nicht schon Skandal genug, schaffte die CSV/LSAP-Regierung kürzlich auch noch den »Droit d’apport« zugunsten der Banken und Finanzgesellschaften ab und befreite die Dividenden von der Kapitalertragssteuer.

Würde die Solidaritätssteuer erhöht, hieße das, dass zumindest die Hälfte der Steuer von den Lohnabhängigen bezahlt würde. Sie müssten dann für die Auswirkungen einer Krise bezahlen, welche nicht sie, sondern die Kapitalisten und die Regierung, die sich in den Dienst des Finanzkapitals stellte, indem die den gesetzlichen Rahmen für die Spekulation schuf, verschuldeten.

Im Sinne der Schaffenden wäre es deshalb, wenn das Groß- und Finanzkapital und die Reichen – nach den riesigen Steuergeschenken der vergangenen Jahre – in größerem Maße zur Kasse gebeten würden, um die von ihnen verschuldeten Auswirkungen der Krise zu bezahlen, wie das die Kommunisten in ihrem Wahlprogramm (www.kp-l.org) fordern.

Eine echte Geste der Solidarität gegenüber den Arbeitslosen und Kurzarbeitern wäre zudem, wenn die Regierung kurzfristig darauf verzichten würde, ein militärisches Transportflugzeug zu kaufen.
Dieser militärische Unsinn soll immerhin mindestens 140 Millionen Euro kosten. Zum Vergleich: Im Staatshaushalt von 2009 sind 119 Millionen an Solidaritätssteuer eingetragen.

Ali Ruckert