Gegen das Umschreiben der Geschichte
Italiens Antifaschisten feiern Jahrestag des bewaffneten Aufstandes am 25. April 1945. Neues antifaschistisches Engagement
Das antifaschistische Italien hat am Dienstag den 77. Jahrestag des Beginns des bewaffneten Aufstandes, der den Sturz der Besatzungsmacht der faschistischen deutschen Wehrmacht und des faschistischen Mussolini-Regims einleitete, gefeiert. Staatspräsident Sergio Mattarella gedachte zum Nationalfeiertag am »Altar des Vaterlandes« an der Via del Corso mit einer Kranzniederlegung der im Kampf gegen den Faschismus Gefallenen und erklärte, es sei notwendig, die Erinnerung an die nazifaschistischen Gräueltaten wach zu halten.
Gleichzeitig fanden in Rom, Mailand, Turin, Bologna, Palermo und an weiteren Orten nach einem Aufruf des Partisanenverbandes ANPI Demonstrationen und Gedenkkundgebungen statt, auf denen mit dem legendären Partisanenlied »Bella Ciao« und unter den roten Fahnen der Arbeiterklasse auch gefordert wurde: »Den Krieg stoppen, den Frieden erzwingen«, und die Waffenlieferungen an die Ukraine verurteilt wurden. In Rom bewegte sich, wie das linke »Il Manifesto« berichtete, eine unübersehbare Menschenmenge, die der Bürgermeister der Hauptstadt Roberto Gualteri vom sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) anführte, vom Largo Bompiani durch die Arbeiterviertel Marancia, Garbatella und Ostiense, die am 8. und 9. September 1943 Schauplätze des Kampfes italienischer Soldaten sowie von Kommunisten und Sozialisten geführten Widerstandsgruppen gegen die Okkupanten waren, bis zur Porta San Paolo, wo Kommunisten unter dem Kommando von Luigi Longo, später einer der Befehlshaber der Partisanenarmee, mit der Division Granatieri gegen die deutschen Besatzer ins Gefecht zogen.
An der Prozession nahmen auch Gewerkschaften, Studentenorganisationen, antifaschistische und zivilgesellschaftliche Vereinigungen teil. Auf der abschließenden Kundgebung in Rom sprachen u.a. der Präsident der ANPI der Provinz von Rom, Fabrizio De Sanctis, und der Generalsekretär der CGIL, Maurizio Landini.
Die Anwesenheit der Führerin der faschistischen Partei Brüder Italiens (FdI) und Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und des Senatspräsidenten Ignazio La Russa von ihrer Partei am »Altar des Vaterlandes« erwies sich ein weiteres Mal als Heuchelei, die in Rom und auf weiteren Kundgebungen entschieden als Versuch zurückgewiesen wurden, den 25. April als Geburtsstunde der antifaschistischen Verfassung der Italienischen Republik zu entwerten und »die Geschichte von denen umzuschreiben, die Gefühle der Nostalgie für ihre dunkelste Zeit nähren«.
Das richtete sich gegen Äußerung von Außenminister Antonio Tajani von Berlusconis Forza Italia (FI), der die Stirn hatte zu formulieren, daß auch diejenigen, die auf der rechten Seite gekämpft haben, »der Freiheit und dem Vaterland dienen« wollten. Zurückgewiesen wurde auch die provokatorische Erklärung des Senatspräsidenten Ignazio La Russa, in der Verfassung Italiens gebe es »keinen Hinweis auf den Antifaschismus«.
Die Vorsitzende des sozialdemokratischen PD, Elly Schlein, die auf der Kundgebung in Mailand sprach, hat das scharf verurteilt und erklärt, »der Antifaschismus ist unsere Verfassung«. Der frühere Präsident des Verfassungsgerichts, Giovanni Maria Flick, sagte dazu, »die Republik wurde aus der Befreiung geboren, die nicht nur das Ergebnis eines Widerstands war, der an der Seite der Alliierten gegen den Besatzungsfeind gekämpft hat, sondern auch für die Ablehnung des Faschismus, seiner Ideologie und gegen die zwanzigjährige faschistische Diktatur«.
Dieser 25. April stehe »im Zeichen eines neuen antifaschistischen Engagements gegen die Regierung Meloni«, schrieb »Il Manifesto«. Das Magazin »Contropiano« entlarvte ebenfalls diese Heuchelei. Die Meloni-Regierung agiere mit der Verfolgung der Migranten, der Blockierung der Löhne, der Erhöhung der Prekarität »als Diener der Reichen« und sei »eine Synthese von Faschismus, Liberalismus und rassistischer Sklaverei«.
Auf Veranstaltungen in Mailand, Turin, Genua, Bologna, Brescia, Padua, Udine, Venedig wurde daran erinnert, daß diese und zahlreiche weitere Städte noch vor dem Eintreffen der alliierten Truppen durch den Aufstand vom 25. April befreit wurden, die Partisanenarmee zwischen Piemont und Venetien auf einer Breite von über 400 Kilometern ihre letzte Offensive führte, zwischen dem 25. April und 4. Mai allein im Veneto 140.000 Soldaten der Wehrmacht von den Partisanen gefangen genommen wurden, und am 27. April Partisanen in der Nähe der Stadt Como in Norditalien der »Duce« Mussolini und führende Faschisten auf ihrer Flucht in die Schweiz gefangen nahmen und am nächsten Tag das vom Nationalen Befreiungskomitee verhängte Todesurteil gegen Mussolini vollstreckten.