Kultur08. September 2021

Frankreich plant staatliches Gedenken für Jean-Paul Belmondo

von dpa/ZLV

Nach dem Tod von Schauspiellegende Jean-Paul Belmondo plant Frankreich ein staatliches Gedenken. »Natürlich wird man ihn würdigen«, kündigte Kulturministerin Roselyne Bachelot nach Bekanntwerden von Belmondos Tod auf RTL an. Es sei aber noch zu früh um zu sagen, in welcher Form. »Der Präsident der Republik wird die Konturen bestimmen.« Emmanuel Macron hatte Belmondo als »nationalen Schatz« und »Helden« bezeichnet. Der Schauspieler war am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben.

Bis zu seinem Lebensende habe Belmondo es sehr genossen, in Kino- oder Fernsehfilmen dabei zu sein, erklärte die französische Kulturministerin. »Es ist ein Riese, der heute gegangen ist.« »Es bleiben die Emotionen, die er während seines ganzen Künstlerlebens immer wieder in uns geweckt hat. Sein Appetit auf das Leben ist für uns alle ein Vorbild.« Der Elysée würdigte den legendären Schauspieler noch am Montagabend ausführlich. »Der Präsident der Republik und seine Frau verneigen sich vor dem Mann, dessen Gesicht ein Stück unseres Erbes ist, dessen Energie eine Hymne an das Leben ist und dessen Talent ein Plädoyer für die siebte Kunst ist. Ihr Beileid gilt seiner Familie und seinen Freunden sowie all den Franzosen, die er mehr als 60 Jahre lang zum Lachen gebracht und bewegt hat.«

Jean-Paul Belmondo faszinierte die größten Regiemeister Frankreichs. Jean-Luc Godard, Claude Sautet, François Truffaut und Philippe de Broca rissen sich um den jugendlichen Typ in enger Jeans und knapper Jacke. Mit Filmen wie »A bout de souffle«, »La sirène du Mississipi« und »L’Homme de Rio« schrieb er Filmgeschichte. Belmondo hinterläßt mehr als 80 Filme – und das Bild eines Haudegens mit breitem Grinsen und zerknautschtem Boxergesicht.

Mit »A bout de souffle« machte Jean-Luc Godard den damals 26-jährigen Belmondo 1959 über Nacht zum Star. Die Filmbewegung Nouvelle Vague, die vor allem um die 60er Jahre erfolgreich dem Kommerzkino den Rücken kehrte, setzte mit einer unkonventionellen Erzählstruktur neue cineastische Maßstäbe. Der Film wurde zu einem Meisterwerk und Belmondo zum Aushängeschild der Kinorebellen, zu denen auch Truffaut, Claude Chabrol und Eric Rohmer zählten. In »A bout de souffle« spielt Belmondo den Polizistenmörder Michel, der von seiner Freundin verraten wird. In dem Kriminaldrama, mit dem Godard den Gangsterfilm aus Hollywood und insbesondere Humphrey Bogart feiert, verkörpert er den Geist des Anarchismus: cool, lässig, unverschämt und existentialistisch.

»A bout de souffle« ließ früh sein Talent als Darsteller von Ganoven und Gangstern erkennen. Und so holte ihn Claude Sautet in »Classe tous risques« als jungen Gangster und Handlanger vor die Kamera. In »Le Doulos« läßt ihn Jean-Pierre Melville einen Polizeispitzel spielen. François Truffaut drehte mit ihm »La sirène du Mississipi« und Jacques Deray »Borsalino«. Doch Belmondo war wandlungsfähig. Daß ihm auch Melancholie und Verletzbarkeit gut standen, bewies er 1960 in »Moderato cantabile« von Peter Brook. Den Abenteurer und Actionhelden brachte Philippe de Broca in »Cartouche« und in »L’Homme de Rio« zutage.

Seine Rollenvielfalt und ungebrochene Ausdruckskraft machten ihn für Melville zu einem der außergewöhnlichsten Schauspieler seiner Generation. Sein ewiger Rivale war Alain Delon. Doch an Belmondos komödiantisches Talent kam der Schönling nicht heran. Die Franzosen nannten Belmondo liebevoll »Bébel«. Für Delon gab es keinen Spitznamen.

In den 70ern begann der durchtrainierte Schauspieler sich immer mehr als Komödiant und Actionstar zu profilieren. Dabei riskierte er auch Kopf und Kragen, denn er kam stets ohne Double aus. Unerschrocken kletterte er an Strickleitern zu Helikoptern hoch und sprang über fahrende Züge. Als er sich in »Hold-Up« bei einem Stunt am Kopf verletzte, machte er mit seinen halsbrecherischen Unternehmen Schluß. Da war er 52.

Belmondo war kampferprobt. Das lehrte ihn nicht nur das Kino. Als Berufsboxer hatte sich der Sohn eines Pariser Bildhauers über das Wandertheater bis hoch in den Kinoolymp gekämpft – um dann in den 80er Jahren wieder tief auf die Erde zu fallen. Als sich das Kino von ihm abwandte, kehrte er wieder zu seinen Anfängen zurück, dem Theater. 1991 erwarb er in Paris sein eigenes Schauspielhaus und verwirklichte einen Jugendtraum. Belmondo stand in mehr als 40 Rollen auf der Bühne.

»Unsterblich werden – und dann sterben« sagt Belmondo in »A bout de souffle«. Der Film dauert knapp 90 Minuten. Aus Belmondo jedoch hat er eine Legende gemacht.