»Mobilitätsmix« als Mogelpackung
»Background am Gespréich« heißt eine Talkrunde im halbstaatlichen RTL Fernsehen, die sich vor den Wahlen natürlich wie immer die Vertreter der einzelnen Parteien zum Streitgespräch ins Studio lädt. Nicht nur, daß einige Parteien an dieser Stelle im Vorwahlprogramm deutlich häufiger zu Wort kommen, während die Vertreter kleinerer Parteien nicht selten vom Moderator gebremst oder gar abgewürgt werden: Auch untereinander fliegen im Gegensatz zu früheren Jahren immer häufiger relativ ungehobelt die Fetzen.
Wenn dann mal ganze Sätze gesprochen werden, ist es immer wieder erstaunlich, daß die Vertreter der Regierungsparteien bei ihrer Verkehrspolitik nicht müde werden, von »Multimodalität« zu sprechen, in welcher der Individualverkehr, keineswegs verteufelt würde.
Die Infrastrukturpolitik spricht eine andere Sprache: Neben einem »schnellen Tram«, welcher neben eine bestehende und durchaus upgradefähige Bahnstrecke geklatscht wird, um Grenzgänger noch schneller in die Hauptstadt, weiterhin Hauptstandort der Arbeitsplätze, und wieder nach Hause zu schaufeln, kommt zusätzlich eine Fahrrad-Strecke. Letztere wird vermutlich insbesondere im langen luxemburgischen Winter ähnlich rege genutzt werden, wie die ebenfalls horrend teure Fahrradbrücke zwischen altem und neuem Esch allein im Sommer.
Daß der Individualverkehr an Grenzen stößt auf dem Weg zum »Eine-Million-Einwohner-Staat« steht außer Frage. Während etwa die CSV für den Fall eines Wahlsieges »eng nei Politik« verkündet, waren es maßgeblich auch ihre Regierungsjahre, in denen wenig bis nichts an der nationalen Straßen- und Schieneninfrastruktur getan wurde. Dennoch ist der Fall vom einen ins andere Extrem nie gut:
Während sich die führenden Verkehrspolitiker des Landes immer wieder mit neuen Ladesäulen für E-Autos fotografieren lassen, bleibt diese Möglichkeit weiterhin allein Autos und anderen Fahrzeugen dieser Klasse vorenthalten. Dabei ist auch ein E-Auto immer noch ein Auto. Im »Mobilitätsmix«, der immer wieder gepriesen wird und in dem es dann doch wieder nur um ÖPNV und Fahrrad geht, spielt die elektrische Mikromobilität etwa keinerlei Rolle. Immer mehr elektrische Kleinfahrzeuge von Moped Herstellern strömen auf den Markt, die mittels entsprechender weiterer Buchsen ebenfalls an diesen Säulen geladen werden könnten, um ihre technisch bedingt geringere Reichweite zu verbessern und sie somit zu einem vollwertigen Alltagsfahrzeug zu machen. Dazu kommt, daß vor einigen Wochen in Deutschland eine Petition an die zuständige Verkehrspolitik übergeben wurde, in welcher gefordert wird, die EU-weite Begrenzung von E-Rollern von 45 auf 60 km/h zu erhöhen, um diese im Verkehrsfluß nicht zum Hindernis zu machen. Auch an dieser Front zeigt die hiesige Verkehrspolitik keine Einsatzbereitschaft, obwohl solche Fahrzeuge den Individualverkehr deutlich entzerren könnten im Gegensatz zu E-Autos.
Stattdessen werden allerhand Spielzeuge, wie Einräder oder E-Tretroller für verkehrstauglich erklärt, die dann mit Badeschlappen, ohne Helm und Beleuchtung sowie offensichtlich auch ohne Interesse an Verkehrsregeln gesteuert werden. Ein ernstzunehmender »Mobilitätsmix« sieht indes anders aus.