Ausland07. Mai 2023

Politischer Skandal in Berlin

Gericht erlaubt ukrainische Fahnen am 8. und 9. Mai – sowjetische und russische Fahnen und Symbole sind am Jahrestag der Befreiung vom Faschismus verboten

von dpa/BZ/ZLV/bro (nach Redaktionsschluß der Samstagausgabe)

Die Berliner Polizei hat für den 8. und 9. Mai ein Verbot russischer und ukrainischer Flaggen rund um die drei Sowjetischen Ehrenmale in der deutschen Hauptstadt erlassen, meldete die Deutsche Presseagentur am Freitagvormittag.

An den beiden Tagen jährt sich der Sieg der Sowjetunion und ihrer Verbündeten über den deutschen Faschismus im Zweiten Weltkrieg zum 78. Mal. Auch das Abspielen von Marsch- und Militärliedern rund um die Ehrenmale wurde verboten, ebenso wie »Ausrufe zu tätigen, die aufgrund der aktuellen Situation geeignet sind, den Krieg in der Ukraine zu billigen, zu glorifizieren oder zu verherrlichen«, hieß es in der Bekanntmachung der Berliner Polizei.

Am Samstagmorgen meldete die »Berliner Zeitung«, das Berliner Verwaltungsgericht habe am Freitagabend das temporäre Verbot von ukrainischen Fahnen aufgehoben. Somit dürfen Fahnen der Ukraine am 8. und 9. Mai in Berlin an den sowjetischen (!) Ehrenmalen gezeigt werden.

Die Berliner Polizei twitterte laut »Berliner Zeitung« in der Nacht zum Samstag, das Gericht habe »die Gefährdungsbewertung anders beurteilt« und »das Zeigen ukrainischer Flaggen und Fahnen sowie ukrainische Marsch- und Militärlieder an den benannten Örtlichkeiten« erlaubt. »Wir werden gegen den Beschluss kein Rechtsmittel einlegen«, erklärte die Polizei.

Gegen die Verfügung der Berliner Polizei hatte noch am Freitag der ukrainische »Bildungs- und Kulturverein ‚Vitsche‘« per Eilantrag geklagt.

Anwalt Patrick Heinemann, der die Eilantragsteller unterstützt, sagte der »Berliner Zeitung«: »Das Verwaltungsgericht hat unsere Rechtsauffassung bestätigt: Das Verbot ukrainischer Flaggen ist – mit den Worten des Gerichts – 'offensichtlich rechtswidrig'. Wer von seinem Grundrecht Gebrauch macht, sich öffentlich zur ukrainischen Nation und ihren historischen Opfern bei der Niederringung des Nationalsozialismus zu bekennen, ist keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit.«

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Ein deutsches Gericht erklärt es somit zu einem »Grundrecht«, sich zu den »Opfern der ukrainischen Nation zu bekennen«, während die Würdigung und Ehrung der Opfer, die der russischen und den anderen Nationen der Sowjetunion angehörten, verboten bleibt.

Dieses Urteil öffnet nicht nur einer verschärften antisowjetischen und antirussischen Hetze Tür und Tor. Gleichzeitig wird den Unterstützern des Kiewer Regimes, einschließlich der Anhänger der profaschistischen Bandera-Verehrer und faschistischer Parteien wie dem »Rechten Sektor« die Möglichkeit eingeräumt, das Andenken an die gefallenen Soldaten der Sowjetischen Armee – Angehörige aller Nationen der Sowjetunion – mit ihren blau-gelben und rot-schwarzen Fahnen zu verhöhnen.

Dieses Urteil wirft ein bezeichnendes Licht auf die politischen Zustände in der Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland – der Stadt, in der am 1. Mai 1945 sowjetische Soldaten das rote Siegesbanner auf das Dach des von den Nazis zerstörten Reichstagsgebäudes trugen, und in der in Berlin-Karlshorst in der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1945 die schäbigen Reste des Oberkommandos der faschistischen deutschen Wehrmacht mit Hitlers Generalfeldmarschall Keitel an der Spitze die bedingungslose Kapitulation der Naziwehrmacht unterzeichnen mußten.

bro