Ausland

Neue Niederlagen für Berlusconi

Italiener sprechen sich in Referenden gegen Kernkraft und Wasserprivatisierung aus

In einem Referendum haben die Italiener mit großer Mehrheit eine Rückkehr zur Atomkraftnutzung abgelehnt und Premier Silvio Berlusconi damit eine weitere schwere Niederlage zugefügt. Auch eine Privatisierung der Wasserversorgung und den Schutz ranghoher Politiker vor Strafverfolgung lehnten die Wähler in der Volksabstimmung zu jeweils rund 95 Prozent ab. An dem Referendum beteiligten sich am Sonntag und Montag über 57 Prozent der Wähler, für eine Gültigkeit waren über 50 Prozent nötig.

Es war das erste Mal seit 1995, daß dieses Quorum erreicht wurde. Berlusconi hatte bereits vor Schließung der Wahllokale sein Scheitern eingeräumt. Italien werde sich »wahrscheinlich von Atomkraftwerken verabschieden« müssen, sagte der Regierungschef. Italien ist damit nach Deutschland das zweite Land der G-8, das auf Atomkraft verzichtet. Bereits 1987, ein Jahr nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl, hatten sich die Italiener gegen Atomkraftwerke ausgesprochen. Die Regierung hatte versucht, das Atomkraftreferendum zu verhindern und ein Gesetz, das eine Rückkehr zur Kernkraft vorsah, außer Kraft gesetzt, um Zeit zu gewinnen. Das Oberste Gericht gab jedoch grünes Licht für die Abstimmung.

Die Rechtsregierung hatte auch ein Gesetz zur Privatisierung der Wasserversorgung bis zum Ende dieses Jahres verabschiedet. Ein weiteres Gesetz sah vor, den Wasserpreis den Regeln des Marktes zu unterwerfen. Am Widerstand gegen das Gesetz beteiligten sich auch katholische Nonnen und Priester, die erklärten, Wasser sei ein Menschenrecht. Als direkten Schlag gegen Berlusconi werteten Beobachter den Ausgang des Referendums über die Führung von Prozessen gegen Italiens Spitzenpolitiker. Ihnen soll es künftig nicht mehr möglich sein, Verfahren wegen dienstlicher Termine fernzubleiben. Gegen Berlusconi sind derzeit vier Prozesse anhängig. Sie zu verzögern, hätte ihm helfen können, die Grenze zur Verjährung zu überschreiten.
Berlusconi sagte, die hohe Beteiligung an den Referenden zeige den Wunsch der Bürger, an den Entscheidungen über ihre Zukunft beteiligt zu werden. Dies könne nicht ignoriert werden. Die Regierung habe die Pflicht, das Ergebnis der vier Referenden voll zu berücksichtigen. Erst Ende Mai hatten die Wähler Berlusconi schwere Niederlagen zugefügt. Bei Kommunalwahlen unterlagen die Bürgermeisterkandidaten der Regierung in ihrer Hochburg Mailand sowie in Neapel. Turin und Bologna gingen bereits in der Woche davor verloren.

Die Demokratische Partei (PD), Italiens stärkste Oppositionspartei, feierte das Ergebnis der Volksbefragung. Oppositionschef Pierluigi Berani betonte, zwischen der Regierung und den Italienern sei eine tiefe Kluft entstanden. Berlusconi müsse jetzt seine Demission einreichen. Die Umweltorganisation Greenpeace sprach von einer »historischen energiepolitischen Weichenstellung« nicht nur für den Stiefelstaat, sondern für ganz Europa.