Ausland27. Januar 2023

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Frankreich zieht ab

Nach Aufforderung durch die Regierung Burkina Fasos zieht Frankreich seine in dem westafrikanischen Land stationierten Streitkräfte ab. Binnen einen Monats würden die Truppen das Land verlassen, teilte das französische Außenministerium in Paris mit. Die frühere Kolonialmacht Frankreich wird damit nach Mali aus einem zweiten Land in Westafrika abziehen.

Am Dienstag habe Frankreich die formelle Kündigung des Abkommens von 2018 erhalten, daß die Militärpräsenz in dem Land erlaubt, hieß es aus dem Außenministerium. Dem Abkommen gemäß werde die Kündigung nach einem Monat wirksam. Laut »Le Monde« werde eine Verlegung einiger Soldaten in das Nachbarland Niger erwogen, wo sich ebenfalls französische Truppen befinden. Aktuell hat Frankreich etwa 400 Soldaten in Burkina Faso stationiert, die in der einstigen französischen Kolonie mit rund 21 Millionen Einwohnern bewaffnete Gruppen bekämpfen sollten.

Seit einem Militärputsch Ende September regiert Übergangspräsident Ibrahima Traoré den Staat in der Sahelzone. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der vorherigen Regierung, die enge Beziehungen zu Frankreich pflegte, hatte aufgrund von Instabilität und Armut immer mehr zugenommen. In den vergangenen Monaten kam es in Burkina Faso immer wieder zu Demonstrationen, bei denen der Abzug der französischen Streitkräfte gefordert wurde. Vor knapp einem Jahr bereits hatte Frankreich den Kriegseinsatz »Barkhane« in Mali nach wachsenden Spannungen mit der dortigen Regierung beendet.

SAP streicht 3.000 Stellen

Europas größter Softwarehersteller SAP reiht sich mit dem Abbau Tausender Stellen in die jüngste Entlassungswelle in der weltweiten Technologiebranche ein. Bei der Umstrukturierung sollen 3.000 Stellen wegfallen, kündigte Vorstandschef Christian Klein am Donnerstag an. SAP wolle sich mit dem Stellenabbau auf das Wachstum im angestammten Bereich mit Software zur Unternehmenssteuerung (ERP) konzentrieren. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat der Konzern ein um Sondereffekte bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 8,03 Milliarden Euro gemeldet.

Neun Palästinenser erschossen

Bei einer Gewaltorgie des israelischen Militärs in Dschenin im Westjordanland sind neun Menschen getötet worden. Etwa 20 weitere wurden verletzt, darunter vier schwer, meldete das Gesundheitsministerium in Ramallah am Donnerstag. Es war einer der tödlichsten Angriffe seit Jahren im Westjordanland.

Das israelische Militär erklärte, die Soldaten seien bei dem Versuch, mehrere Mitglieder der Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad festzunehmen, »unter Beschuß geraten«. Daraufhin sei »mit Schüssen geantwortet« worden. Drei bewaffnete »Verdächtige« seien getroffen worden. Vier weitere seien festgenommen worden. Über Tote oder Verletzte auf Seiten der »unter Beschuß geratenen« israelischen Soldaten gibt es keine Meldungen.

In diesem Jahr sind bereits 29 Palästinenser getötet worden, darunter fünf Jugendliche. Im vergangenen Jahr waren es 172 Palästinenser, so viele wie noch nie seit 2006.

Polen soll »Motor« bei Ukraine-Hilfen sein

Weitere Waffenlieferer-Konferenz geplant. Weitere Zu- und Absagen

Warschau/Brüssel – Nach der Entscheidung der Bundesregierung zur Lieferung von 14 Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine will Polen weiter Druck auf Berlin machen. »Polen war, ist und wird weiterhin der Motor der Unterstützung für die Ukraine sein, während Deutschland die Bremse ist, und vielleicht wurde diese Bremse gestern gelöst«, sagte Polens Kriegsminister Mariusz Blaszczak am Donnerstag im öffentlich-rechtlichen Radiosender Jedynka. »Wir werden diesen Druck auf die Deutschen weiterhin ausüben.«

Am Mittwoch hatte die Bundesregierung entschieden, daß Deutschland in einem ersten Schritt 14 Leopard-Kampfpanzer des Typs 2A6 an die Ukrainer übergeben wird. Polen und auch andere Länder sollen eine Genehmigung erhalten, damit sie die in Deutschland hergestellten Panzer weitergeben können.

Die USA organisieren am 14. Februar in Brüssel ein weiteres Treffen zur Koordinierung von Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Verhandlungen im sogenannten Ramstein-Format finden am Rande von Gesprächen der NATO-Militärminister statt. Die »Kontaktgruppe zur Verteidigung der Ukraine« hatte sich am Freitag vergangener Woche auf dem USA-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz getroffen.

Norwegen will in diesem Frühjahr etwa hundert ukrainische Soldaten weiterbilden. Das fünf- bis sechswöchige Spezialtraining soll Kurse in medizinischer Versorgung, Teamleitung und Scharfschießen umfassen. Am Mittwoch hatte Norwegen angekündigt, der Ukraine ebenfalls Leopard-2-Kampfpanzer liefern zu wollen.

Die Slowakei ist nicht bereit, zugunsten der Ukraine auf Leopard-Panzer zu verzichten. Es gelte weiterhin die Vereinbarung mit Deutschland, daß die versprochenen Leopard 2A4 an die Slowakei geliefert würden, sagte der slowakische Armeeminister Jaroslav Nad am Mittwoch der Nachrichtenagentur TASR.

Die Leopard-Panzer, die Spanien an die Ukraine liefern möchte, müssen zunächst instandgesetzt werden. »Wir haben bereits die Industrie kontaktiert, da es in Saragossa eine Reihe von Leopard-2A4 gibt, die seit langem stillgelegt sind«, sagte Kriegsministerin Margarita Robles am Donnerstag. Man müsse »prüfen, welche davon in Betrieb genommen werden können, um die Lieferung zu planen«.

Der neue deutsche Kriegsminister Boris Pistorius sieht eine schnelle Nachlieferung von Ausrüstung und Waffen für die Bundeswehr als eine Hauptaufgabe. »Das Ziel muß sein, daß wir schnellere, nachhaltige und anhaltende Wiederbeschaffungswege und -zeiten haben«, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag bei seinem Antrittsbesuch bei der Truppe auf dem Übungsplatz Altengrabow in Sachsen-Anhalt südwestlich von Berlin.

Es müsse wechselseitige Planungssicherheit geben. Dies gelte bei der Politik für die Aufträge, bei Lieferzeiten stehe die Wirtschaft in der Verantwortung. »Und wenn damit verbunden ist, daß mehr Produktionsressourcen in Deutschland und in Europa aufgebaut werden müssen, dann sollte das passieren«, sagte er.

Insbesondere beim Thema Munition gehe es auch um die »Mengenfrage«. Auch darüber wolle er mit der Rüstungsindustrie vermutlich schon in der nächsten Woche erste Gespräche führen.

EVP offen für Bündnis mit Meloni

Partei- und Fraktions-Chef Weber fordert Kriegswirtschaft in der EU

Berlin – Der Chef der Europäischen Volkspartei (EVP) und Vorsitzende der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, hat sich offen für ein Bündnis mit der faschistischen Partei von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gezeigt. »Als Partei- und Fraktionsvorsitzender habe ich die Ambition, daß die EVP bei den Europawahlen in kommenden Jahr so gut abschneidet, daß wir stärkste Kraft bleiben, um die Politik in den folgenden fünf Jahren gestalten zu können«, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Zwar teile er die Sorge, was die Geschichte von Melonis Partei Fratelli d'Italia angehe. »Aber heute reden wir miteinander, wie wir die große Fragen Europas gemeinsam als Europäer lösen können«, sagte er.

Drei fundamentale Prinzipien der EVP, zu der auch die luxemburgische CSV gehört, sind laut Weber »pro Rechtsstaat, pro Europa, pro Ukraine«. »Meloni ist bei Europa konstruktiv, steht an der Seite der Ukraine, und beim Rechtsstaat gibt es in Italien keine Probleme«, erklärte der deutsche CSU-Politiker.

Zudem fordert Weber angesichts des Krieges in der Ukraine eine »Neuaufstellung der Rüstungsproduktion« in der EU. »Wir brauchen – auch wenn der Begriff kein einfacher ist – eine Art Kriegswirtschaft in der EU, um Stabilität und Sicherheit gewährleisten zu können«, sagte er. Die EU-Staaten seien derzeit nicht in der Lage, die notwendigen Rüstungsgüter schnell genug bereitzustellen – »weder die für die eigene Verteidigung noch die für die Ukraine«. Daher müsse es zum Beispiel einfachere Vergabeverfahren für Rüstungsaufträge gebe. Zudem rufe er die EU-Kommission dazu auf, gemeinsame Standards für Produktion und Export von Waffen und Munition zu entwickeln. »Auf dieser Basis können wir echte militärische Kapazitäten aufbauen - von der Cyberabwehr bis zum Raketenabwehrsystem«, erklärte er.

Selenski bekräftigt Absage an Verhandlungen

Kiew – Der ukrainische Präsident Selenski hat seine Absage an Verhandlungen mit Rußland bekräftigt. Gespräche seien nur möglich, wenn Rußland seine Soldaten abziehe, seinen Fehler eingestehe und es vielleicht eine neue Führung in Moskau gebe, sagte Selenski dem britischen Sender Sky News in einem am Donnerstag ausgestrahlten Interview. Selenski betonte, ein Treffen mit Putin habe keinen Sinn. »Es interessiert mich nicht. Es ist nicht interessant, sich zu treffen, es ist nicht interessant zu sprechen«, sagte er.

Selenski hatte Verhandlungen mit Putin bereits Ende September 2022 per Dekret verboten.

EU sammelt »Spenden« für die Ukraine

Brüssel – Die Unterstützung für die Ukraine wird ab sofort über eine neue »Geberplattform« koordiniert. Nach Angaben der EU-Kommission nahmen die Teilnehmer am Donnerstag mit einer ersten Videokonferenz die Arbeit auf. Mit dabei waren ranghohe Beamte aus der Ukraine und den EU- und G7-Staaten sowie Finanzinstitutionen wie die Europäische Investitionsbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, der Internationale Währungsfonds und die Weltbank.

Die »Geberplattform« wird insbesondere den Wiederaufbau von zerstörter Infrastruktur in der Ukraine unterstützen. Sie soll nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dabei auch sicherstellen, »daß Reformen und Investitionen miteinander verknüpft werden«. Dies wird von der EU als Voraussetzung für den von der Ukraine angestrebten EU-Beitritt genannt.

Nach Angaben der Kommission haben die EU, ihre Mitgliedstaaten und Finanzinstitutionen der Ukraine bislang bis zu 49 Milliarden Euro an Unterstützung gewährt. Mit inbegriffen sind dabei alle Arten von Hilfe, also auch Kredite und humanitäre Hilfen.

Protest in Beirut

Beirut – Nach der Freilassung aller Verdächtigen im Fall der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut im Jahr 2020 haben Angehörige der Opfer am Donnerstag protestiert. Rund 100 aufgebrachte Menschen versammelten sich vor dem Justizpalast der libanesischen Hauptstadt, um gegen die Freilassung zu demonstrieren. Sicherheitskräfte versuchten, den Protest gewaltsam aufzulösen. Mindestens drei Demonstranten wurden dabei verletzt.

Der libanesische Generalstaatsanwalt Ghassan Oweidat hatte am Tag zuvor die Freilassung aller Verdächtigen angekündigt. Die Entscheidung ist eine weitere Schlappe für die ohnehin nur schleppend laufenden Ermittlungen zu der Katastrophe. Der Ermittlungsrichter in dem Fall, Tarek Bitar, hatte Anfang der Woche Anklage gegen acht Verdächtige erhoben – darunter auch gegen Generalstaatsanwalt Oweidat.

Bitars Ermittlungen lagen zuvor mehr als ein Jahr auf Eis. Mehrere Ex-Minister, die in dem Fall beschuldigte werden, hatten Beschwerde gegen den Richter eingereicht und damit den Aufklärungsprozeß weiter verzögert. Bitars Vorgänger hatte aufgrund ähnlicher Beschwerden bereits seinen Posten räumen müssen. Generalstaatsanwalt Oweidat kündigte am Mittwoch rechtliche Schritte gegen Bitar an.

Viele Libanesen geben der politischen Führung die Schuld an der Katastrophe und werfen ihr auch vor, Einfluß auf die Entscheidungen der Justiz zu nehmen. An dem Protest, beteiligten sich auch Aktivisten und einige Abgeordnete des Parlaments.

Bei der Explosion, die sich im August 2020 ereignet hat, waren mehr als 190 Menschen getötet und rund 6.000 verletzt worden. Sie soll durch große Mengen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat ausgelöst worden sein, die über Jahre ohne Schutzmaßnahmen im Hafen gelagert wurde. Große Teile des Hafens und der anliegenden Wohngebiete wurden durch die Detonation zerstört.

Zivilisten bei Luftangriff in Nigeria getötet

Lagos – Bei einem Luftangriff in Nigeria sind nach Polizeiangaben mindestens 27 Zivilisten getötet worden. Ein regionale Polizeisprecher sagte am Donnerstag, der Vorfall habe sich bereits am Dienstag in der Region Doma rund 200 Kilometer westlich der Hauptstadt Abuja ereignet. Wer für den Angriff verantwortlich ist, blieb zunächst unklar.

Das nigerianische Militär geht im Norden, aber auch im Zentrum des Landes mit Luftangriffen gegen Dschihadisten wie etwa Boko Haram vor.

Das nigerianische Militär äußerte sich zunächst nicht zu dem Vorfall, allerdings wurden in der Vergangenheit bereits mehrmals falsche Ziele bei Luftangriffen getroffen. Im Januar 2017 bombardierte das Militär fälschlicherweise ein Flüchtlingslager und tötete dabei 115 Zivilisten, darunter sechs Mitarbeiter von Hilfsorganisationen.


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