Ausland09. Februar 2024

Geschenk für die AfD

Die Partei für Faschisten stellt sich auf schöne Wahlerfolge ein

von Arnold Schölzel

Ende Januar stufte der deutsche Kanzler im »Zeit«-Interview die rechte AfD von einer »Schlechten-Laune-Partei«, wie er sie vor ein paar Monaten genannt hatte, zu einem »Geist aus der Flasche« hoch. Die Verwendung des Wortes »Geist« im Zusammenhang mit einer Partei, deren Sprecher in Endlosschleife »Migranten raus« wiederholen, weil sich darin das Parteiprogramm erschöpft, erscheint ein wenig übertrieben, aber Scholz meinte vermutlich mehr das Gespenstische, das auch im deutschen »Geist« steckt.

Es spricht für sich, wenn der deutsche Regierungschef den neuerlichen Aufstieg von Faschisten mit Mätzchen kommentiert. So etwas wie die AfD habe es doch, doziert er in der Zeit, »in Deutschland immer wieder ge­geben in der Nachkriegszeit, ein Aufflackern bei der NPD, bei den Republikanern«. Also alles halb so wild und der Medienrummel ums »Remigrations«-Treffen maßlos?

Sagt schließlich auch die AfD, und ein Scholzsches »Deutschland« schließt wie bei jedem durchgeistigten Westdeutschen die DDR aus: In der herrschte »verordneter Antifaschismus«, also Stalinismus, da gab’s kein Flackern, nur Rot gleich Braun. Erst als die »Zeit«-Interviewer anmerken: »Aber nie so beständig wie jetzt«, das Flackern nämlich, dämmert’s beim Kanzler: »Stimmt. Bei uns hat es länger gedauert als in anderen Ländern, aber jetzt müssen wir feststellen: Der Geist ist aus der Flasche.«

Bloß nicht erwähnen, daß die AfD eine bürgerliche Normalpartei inklusive Neonazis ist, und diese Kombination 75 Jahre lang stets existierte. Was vor 60 oder 40 Jahren in CDU und CSU gängig war, bringt heute die AfD, so gesehen ein fester Bestandteil der alten Bundesrepublik und zu neuer Blüte beim Ausplündern der DDR-Bevölkerung gekommen.

Bundesrepublik Deutschland – das war: Der Führer ging, seine Generäle, SS-Mörder, Henker in Justizroben, seine Generalplaner Ost und Ökonomen ab Ludwig Erhard aufwärts blieben. Dem späteren Wirtschaftsminister und danach Bundeskanzler Erhard hatte die SS noch kurz vorm Tarnen und Täuschen ab 1945 den Tipp gegeben, den Laden »soziale Marktwirtschaft« zu nennen. Klang besser als »Nationalsozialismus«, war aber nicht weit weg.

Durch Demonstrationen, zumal wenn sie nicht gegen eine kriegführende deutsche Regierung, sondern in deren Sinn stattfinden, lassen sich die Nachfahren der alten Herren nicht beeindrucken, im Gegenteil. Also berichtet die großbürgerliche »Frankfurter Allgemeine Zeitung« (FAZ) am 26. Januar auf Seite eins: »AfD meldet starken Zulauf an Mitgliedern.« Die Parteiführung habe der Zeitung mitgeteilt, im Schnitt kämen täglich 130 Mitgliedsanträge an, mehr als die Partei bewältigen könne. Aktuell habe die AfD 41.000 Mitglieder und rechne mit 50.000 bis 60.000 zum Jahresende.

»FAZ«-Redakteur Justus Bender kommentiert das mit: »Zuerst war der AfD der ‚Correctiv‘-Bericht unangenehm. Das ändert sich.« Bender rechnet vor: Bei 8.000 unbearbeiteten Anträgen, wie von der AfD angegeben, erhalte die Partei von diesen 8.000 rund eine Million Euro im Jahr an Beiträgen, hinzu kämen »fast 450.000 Euro, um welche die Parteienfinanzierung dadurch steigt«. Daher: »Es sind gute Wochen für die AfD.«

Bender macht vor allem den von der Koparteichefin Alice Weidel entlassenen Mitarbeiter Roland Hartwig für den Erfolg verantwortlich. Der war beim »Remigrations«-Treff dabei und früher »mal Chefjurist des Bayer-Konzerns«. In der AfD schulte er Parteifreunde, was nicht in Verfassungsschutzberichten zitiert wird und was an Pöbeleien reinkommt. Das gehobene Bürgertum hilft Faschisten, wo es kann.

Hartwig soll jetzt beleidigt sein und die AfD verwirrt über das Geschenk, das »Correctiv« ihr gemacht hat. Die meisten AfD-Umfragewerte sind stabil, der Kanzler wird sich weiterhin bemühen, ihren einzigen Programmpunkt zu erfüllen. Die Partei für Faschisten stellt sich auf schöne Wahlerfolge ein.