Perspektiven für Deutschland nach dem Krieg
Die Anti-Hitler-Koalition orientiert auf ein entmilitarisiertes demokratisches Deutschland
Vom 4. bis 11. Februar 1945 fand in Jalta die Konferenz der Regierungschefs des Vereinigten Königreichs, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) und der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) statt. Sie war eines der bedeutendsten Treffen der drei Mächte der Anti-Hitler-Koalition während der Kriegszeit.
In einer Zeit, in der Hitler der Wehrmacht den Befehl gab, auch in Deutschland die Taktik der »verbrannten Erde« zu befolgen und beim Rückzug alle Industrie-, Verkehrs- und Versorgungsanlagen sowie alle Sachwerte zu zerstören, wurden auf der Krimkonferenz der Plan für die endgültige Niederwerfung des faschistischen Deutschlands beraten und die Forderungen für dessen bedingungslose Kapitulation ausgearbeitet. Die Repräsentanten der drei Mächte, Jossif Wissarionowitsch Stalin für die UdSSR, Präsident Franklin D. Roosevelt für die USA und Premierminister Winston Churchill für Großbritannien, beschlossen das Verfahren, nach dem Deutschland militärisch besetzt und die Kontrolle der Alliierten errichtet werden sollte.
Die militärische Lage zur Zeit der Konferenz
Die Winteroffensive 1945 der Roten Armee der Sowjetunion entfaltete sich erfolgreich. Aber an der Westfront, im Gebiet der Ardennen, unternahm das faschistische Kommando einen großangelegten Gegenangriff. Am 6. Januar 1945 schrieb Churchill an das sowjetische Regierungsoberhaupt Stalin: »Die Schlacht im Westen ist sehr schwer und in jedem Augenblick können vom Oberkommando bedeutende Entscheidungen verlangt werden. Sie wissen selbst aus Ihrer Erfahrung, wie bedenklich die Lage ist, wenn man eine sehr lange Front verteidigen muß, nachdem man die Initiative verloren hat.« Er bat Stalin, ihm mitzuteilen, »ob wir (England und USA – A.L.) im Januar mit einer größeren russischen Offensive an der Weichselfront oder anderswo rechnen können«.
Unter diesen Umständen spielten die militärischen Fragen auch während der Krimkonferenz eine zentrale Rolle. Dabei brachte Churchill seine »tiefe Begeisterung« über die Operationen der sowjetischen Streitkräfte zum Ausdruck, die zur Entlastung der westlichen Alliierten in den Ardennen vorgezogen worden waren. Stalin erwiderte, daß die Sowjetregierung es für ihre Pflicht gehalten habe, diese Offensive zu organisieren, »für ihre Pflicht als eines Verbündeten, obwohl sie keine formellen Verpflichtungen in dieser Hinsicht übernommen hatte.« In diesem Sinne wurden die Fragen der Schlußoperationen gegen Deutschland besprochen und zum Beispiel vereinbart, daß die Stäbe der angreifenden alliierten Truppen direkten Kontakt unterhalten sollten.
Zu diesem Zeitpunkt bestand kein Zweifel, daß die vollständige Niederlage der Hitlerfaschisten und ihre bedingungslose Kapitulation in Kürze erfolgen würde. Die Klärung der Frage der künftigen Organisation Deutschlands erlangte unter diesen Bedingungen erstrangige Bedeutung. Es galt, sich über die Politik der Verbündeten in der deutschen Frage, über ihren Umgang mit Deutschland zu verständigen.
Deutschland sollte aufgeteilt werden
In der Sitzung vom 5. Februar erklärte der Präsident der USA, er selbst trete, wie er bereits in Teheran erklärt habe, für eine Aufteilung Deutschlands ein. Er sei, fügte er hinzu, nach wie vor der Ansicht, daß eine Aufteilung Deutschlands in fünf oder sogar sieben Staaten ein guter Gedanke sei. Damit war auch die Absicht der weitgehenden Zerstörung der deutschen Industrie (»Morgenthau-Plan«) verbunden.
Auf Vorschlag des USA-Präsidenten wurde auch in den ursprünglichen Text der Kapitulationsbedingungen, den die Europäische Beratende Kommission im Sommer 1944 vorbereitet hatte, der Begriff »Aufteilung« als eine der Maßnahmen aufgenommen, die Deutschland gegenüber getroffen werden konnten. Später wurde auch das abgeändert und das Wort »Aufteilung« kam weder in der Kapitulationserklärung vor noch war sie in der »Erklärung über die Niederlage Deutschlands« enthalten.
Die britische Delegation erinnerte an ihre Haltung in Teheran und schlug vor, Deutschland in Norddeutschland einschließlich Preußen und Süddeutschland einschließlich Österreich aufzuteilen. Churchill bestand besonders darauf, daß die Zukunft Deutschlands von den Alliierten, ohne Teilnahme der Deutschen, entschieden werde.
Die sowjetische Delegation unterbreitete weder in Teheran noch in Jalta Pläne einer Aufteilung Deutschlands. Auf Vorschlag der Sowjetunion nahm die Konferenz Grundsatzbestimmungen über die Entmilitarisierung und Demokratisierung Deutschlands an.
Als Kompromiß wurde auf der Krimkonferenz beschlossen, eine besondere Kommission für Deutschland zu bilden, die auch die Frage der Aufteilung Deutschlands erörtern sollte. Im März 1945 schickte der britische Vertreter in der Kommission dem sowjetischen Vertreter den Entwurf einer Direktive zur Prüfung der Frage, »wie Deutschland aufgeteilt werden soll, in welche Teile und in welchen Grenzen und wie die Beziehungen zwischen den Teilen sein sollten«. Am 26. März 1945 stellte der sowjetische Vertreter in seiner Antwort fest, die Sowjetunion betrachte den Plan der Aufteilung Deutschlands »als eine mögliche Perspektive für die Ausübung eines Drucks auf Deutschland, um dieses unschädlich zu machen, falls andere Mittel sich als unzureichend erweisen sollten«.
Die Position der britischen und US-amerikanischen Seite in der Frage über die zukünftige Organisation Deutschlands, wonach der einheitliche Staat liquidiert werden sollte, blieb zwar unverändert. Die Frage der Aufteilung war aber auf Grund des Verhaltens der Sowjetunion von der Tagesordnung abgesetzt.
Festlegungen der Konferenz
Die Konferenz bestätigte das Abkommen der drei Regierungen vom 12. September 1944 über die Errichtung von drei Besatzungszonen in Deutschland und über die koordinierte Verwaltung und Kontrolle Deutschlands durch die Kontrollkommission der drei Mächte mit dem Sitz in Berlin. Frankreich sollte aufgefordert werden, eine vierte Besatzungszone zu übernehmen und als Mitglied in der Kontrollkommission mitzuarbeiten.
Die drei Regierungschefs vereinbarten eine gemeinsame Politik und Pläne für die gewaltsame Herbeiführung der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands. Sie umrissen die Grundsätze der vereinbarten Politik gegenüber Deutschland, denen Demokratisierung und Entmilitarisierung zugrunde gelegt wurden. »Es ist unser unbeugsamer Wille, den deutschen Militarismus und Nationalsozialismus zu zerstören und dafür Sorge zu tragen, daß Deutschland nie wieder imstande ist, den Weltfrieden zu zerstören«, hieß es im Konferenzbeschluß zu dieser Frage.
Weiter wurde festgestellt: »Es ist nicht unsere Absicht, das deutsche Volk zu vernichten, aber nur dann, wenn der Nationalsozialismus und Militarismus ausgerottet sind, wird für die Deutschen Hoffnung auf ein würdiges Leben und einen Platz in der Völkergemeinschaft bestehen.«
In diesem Sinne wurde beschlossen, daß Deutschland durch die Siegertruppen besetzt und die Kontrolle der drei alliierten Mächte über Deutschland errichtet wird.
Anton Latzo
In Jalta auf der Halbinsel Krim treffen sich im Februar 1945 der britische Premierminister Winston Churchill, USA-Präsident Franklin D. Roosevelt und der sowjetische Staats- und Regierungschef Jossif Stalin (Foto: -/dpa)