Ausland30. April 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

NATO-Generalsekretär dämpft Kiews Erwartungen

Ukraine arbeitet an Sicherheitsabkommen mit USA

Kiew – Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat bei einem Besuch in Kiew Hoffnungen der Führung der Ukraine auf eine baldige Einladung zur Mitgliedschaft im westlichen Kriegsbündnis gedämpft. Er sei fest davon überzeugt, daß der Ukraine ein Platz in der NATO zustehe und er arbeite hart daran, daß die Ukraine Mitglied des Bündnisses werde, sagte er am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Selenski. Um eine Aufnahmeentscheidung treffen zu können, brauche es allerdings einen Konsens unter den 32 Bündnismitgliedern. Und er erwarte nicht, daß dieser bis zum nächsten Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs im Juli zustande kommen werde. Stoltenberg appellierte in Kiew auch noch einmal an alle Bündnispartner, ihre militärische Unterstützung für die Ukraine weiter auszubauen.

Mit einem bilateralen Sicherheitsabkommen wollen die Ukraine und die USA nach Darstellung Kiews noch enger zusammenrücken. »Wir arbeiten bereits an einem konkreten Text«, sagte der ukrainische Präsident Selenski am Sonntag. Es solle »das stärkste aller Sicherheitsabkommen« werden – noch stärker als jene, die in den vergangenen Monaten mit verschiedenen NATO-Staaten geschlossen wurden.

»Wir arbeiten auch an der Festlegung spezifischer Unterstützungsniveaus für dieses Jahr und für die nächsten zehn Jahre«, umriß Selenski die geplante Vereinbarung mit den USA. Dazu gehöre militärische Unterstützung, finanzielle Unterstützung, politische Unterstützung sowie Unterstützung für die gemeinsame Waffenproduktion.

Bei den Friedensgesprächen in Istanbul Anfang April 2022 war mit einem bereits fast unterschriftsreifen Abkommen ein Verzicht der Ukraine auf Mitgliedschaft in der NATO in Aussicht gestellt worden. Statt dessen wollte Kiew Sicherheitsabkommen mit verschiedenen Mitgliedstaaten der NATO aushandeln. Nach einem Besuch des damaligen britischen Premierministers Boris Johnson am 9. April, der Kiew zu weiterer Kriegsführung aufforderte, wurde der Entwurf des Abkommens ad acta gelegt.

Derweil nehmen die im eigenen Land zu. So beklagt Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko einen Mangel an Zusammenhalt unter den führenden Politikern in der Ukraine. »Leider gibt es in dieser Kriegszeit keine Einheit zwischen den politischen Kräften«, sagte Klitschko in einem Interview der Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Auf die Frage, ob er sich mit Selenski mittlerweile getroffen habe, um die Spannungen zwischen den beiden aus der Welt zu schaffen, sagte Klitschko, er habe das seit Kriegsbeginn zigmal versucht, weil von der Hauptstadt viel abhänge. »Aber leider hatte ich nicht die Gelegenheit, Selenski persönlich zu treffen. Wahrscheinlich hat er anderes zu tun.« Zudem warf Klitschko der Regierung vor, zu wenig gegen die grassierende Korruption im Land zu unternehmen.

6,4 Millionen Beschäftigte in Deutschland mit Niedriglöhnen

Berlin – Der Niedriglohnsektor in Deutschland ist binnen zehn Jahren geschrumpft – doch bekommen immer noch 6,4 Millionen Beschäftigte weniger als 13 Euro pro Stunde, davon eine Million in Ostdeutschland.

Die Zahlen des Statistischen Bundesamts beziehen sich auf die sogenannte Niedriglohnschwelle von derzeit 13,04 Euro die Stunde. Das ist ein statistischer Wert: zwei Drittel des sogenannten Medianverdiensts von derzeit 19,56 Euro. Von rund 39,4 Millionen Beschäftigungsverhältnissen gehörten im vergangenen Jahr 16,3 Prozent in diese Kategorie. 2014 waren es laut Statistikamt noch 21,4 Prozent. Die Niedriglohnschwelle lag damals bei 10 Euro.

Nimmt man eine Schwelle von 14 Euro, so lagen im April 2023 insgesamt 8,4 Millionen Beschäftigte darunter.

Schottischer Regierungschef tritt zurück

Edinburgh – Nach 13 Monaten im Amt hat der schottische Regierungschef Humza Yousaf seinen Rücktritt angekündigt. Der Vorsitzende der Unabhängigkeitspartei SNP kommt damit einem Mißtrauensvotum im Regionalparlament zuvor. Er wolle noch im Amt bleiben, bis ein Nachfolger feststehe, sagte er am Montag.

Die Schottische Nationalpartei (SNP) hatte nach dem Bruch der Regierungszusammenarbeit mit den Grünen am Donnerstag keine Mehrheit mehr im Regionalparlament. Die Opposition kündigte daraufhin Mißtrauensvoten gegen den First Minister und die Regierung an. Die Grünen warfen Yousaf vor, Vertrauen zerstört zu haben. Yousaf entschuldigte sich dafür. Er habe den Schmerz über diese Entscheidung unterschätzt. Yousaf zeigte sich zuversichtlich, daß seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger erfolgreich eine Minderheitsregierung führen werde.

Die SNP muß nun einen neuen First Minister vorschlagen. Als Kandidaten gelten der frühere Regierungsvize John Swinney sowie die Abgeordnete Kate Forbes, die im März 2023 die parteiinterne Abstimmung knapp gegen Yousaf verloren hatte. Stimmt das Parlament nicht innerhalb von 28 Tagen für einen neuen Regierungschef, kommt es zu einer vorgezogenen Neuwahl. Oppositionsparteien forderten eine sofortige Abstimmung.

Yousaf war Ende März 2023 nach dem Rücktritt der langjährigen Regierungschefin Nicola Sturgeon ins Amt gekommen. Er war unter Sturgeon Gesundheitsminister gewesen und galt als ihr Vertrauter. Seit seinem Amtsantritt mußte die SNP mehrere Rückschläge hinnehmen. Ein liberales Gendergesetz, das auch innerhalb der SNP umstritten war, wurde von der britischen Zentralregierung per Veto verhindert. Hinzu kommt eine Finanzaffäre. Darin wurde jüngst Sturgeons Ehemann Peter Murrell, der einst als SNP-Generalsekretär für die Parteifinanzen zuständig war, wegen Veruntreuung angeklagt.

Am Donnerstag hatte Yousaf die Zusammenarbeit mit den Grünen aufgekündigt, die ebenfalls für die Unabhängigkeit von Britannien eintreten und zwei Kabinettsposten hielten. Anlaß war unter anderem ein Streit um die Verwässerung der schottischen Klimaziele.

WHO diskutiert Pandemieabkommen

Genf – Die 194 Mitgliedsländer der Weltgesundheitsorganisation (WHO) diskutieren seit Montag in Genf in einer letzten Verhandlungsrunde um ein geplantes Pandemieabkommen. Es soll weltweites Chaos wie bei der Corona-Pandemie verhindern und sicherstellen, daß alle Länder gleiche Chancen haben, an Medikamente und Impfstoffe zu kommen. Das Abkommen soll bei der WHO-Jahrestagung Ende Mai/Anfang Juni verabschiedet werden. Die Verhandlungen sind auf zwölf Tage angesetzt.

Der jüngste Entwurf für einen Text wurde bereits auf 23 Seiten gekürzt und enthält viele Formulierungen, die Verpflichtungen einschränken, wie »vorzugsweise« oder »wo angebracht«. Regierungen sollen Überwachungskapazitäten im Gesundheitssystem »wo angebracht« stärken. Oder: Technologietransfer zur Produktion von Medikamenten oder Impfstoffen soll »zu einvernehmlich festgelegten Bedingungen« erfolgen.

Der Entwurf sieht vor, daß die WHO 20 Prozent der hergestellten Pandemieprodukte für die Verteilung in ärmeren Ländern gratis bekommt oder günstig erwerben kann. Sie soll auch ein Lieferkettennetzwerk koordinieren. Damit soll im Pandemiefall sichergestellt sein, daß jedes Land schnellstens das Material bekommt, das es braucht, um Menschen zu schützen und die Ausbreitung einer Krankheit einzudämmen.

Sánchez bleibt im Amt

Madrid – Der spanische Regierungspräsident Pedro Sánchez hat seine Rücktrittsankündigung nicht wahr gemacht. Der seit knapp sechs Jahren regierende sozialistische Politiker teilte am Montag in Madrid mit, er bleibe im Amt. Nach einer Korruptionsanzeige gegen seine Ehefrau hatte der 52-Jährige am Mittwoch alle öffentlichen Termine abgesagt, eine fünftägige Bedenkzeit über seine politische Zukunft verkündet und einen Rücktritt in Aussicht gestellt.

»Ich habe beschlossen, wenn möglich, mit noch mehr Kraft an der Spitze der Regierung weiterzumachen«, sagte Sánchez in seiner Rede vor dem Regierungspalast Moncloa in Madrid. Zu seiner Entscheidung, zu der er zusammen mit seiner Frau gekommen sei, hätten auch die Solidaritätskundgebungen seiner Anhänger am Wochenende in Madrid und anderen Städte beigetragen. Sánchez rief dazu auf, gegen den »Sumpf« in der Politik zu kämpfen.

Die Anzeige gegen die Frau des Regierungschefs war am Mittwoch von der als rechtsextrem eingestuften Organisation »Manos Limpias« (Saubere Hände) erstattet worden. Sie wirft Begoña Gómez, die kein öffentliches Amt bekleidet, »Einflußnahme und Korruption in der Wirtschaft« vor. »Manos Limpias« räumte später ein, die Anzeige basiere auf Medienberichten, die durchaus falsch sein könnten.

Festnahmen an Unis der USA

Washington – Angesichts der aufgeheizten Stimmung bei propalästinensischen Demonstrationen an etlichen Universitäten hat die USA-Regierung zu einem Gewaltverzicht aufgerufen. Das Weiße Haus überlasse lokalen Behörden die Entscheidung, wie mit den jeweiligen Protesten umzugehen sei. Mittlerweile protestieren Studenten und Hochschulpersonal an Universitäten in mehr als zwei Dutzend Bundesstaaten. Sie werfen der USA-Regierung wegen der Militärhilfe für Israel die Beteiligung an einem Völkermord vor, fordern Solidarität mit den Palästinensern und verlangen von den Hochschulen, wirtschaftliche sowie akademische Bindungen zu Israel zu kappen.

Bei den Protesten gab es am Wochenende wieder viele Festnahmen. Seit dem 18. April wurden laut »New York Times« landesweit mehr als 800 Menschen festgenommen. Etliche Studenten wurden von Lehrveranstaltungen ausgeschlossen oder dürfen nicht mehr das Campusgelände betreten. Es gibt auch Berichte über Zusammenstöße zwischen Demonstrierenden aus gegnerischen Lagern, wie am Sonntagnachmittag (Ortszeit) an der University of California.


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