90 Kollektivverträge für 30.000 Schaffende
Industriesyndikate des OGBL wollen Wochearbeitszeit senken
Beim OGBL sind gleich drei Syndikate mit zusammen vier Zentralsekretären und einem beigeordneten Zentralsekretär für den Industriesektor zuständig. Der zählte im zweiten Trimester 2020 dem Statec zufolge 37.362 Schaffende und damit 133 Vollzeitstellen (0,4 Prozent) weniger als vor zwei Jahren. Für fast 30.000 dieser Männer und Frauen habe der OGBL 90 Kollektivverträge ausgehandelt, was seine Position als erste Gewerkschaft im luxemburgischen Industriesektor untermauert habe, heißt es in einem mit »Industrie: notre sortie de crise« überschriebenen Dossier, das als Supplement der aktuellen Ausgabe seiner Mitgliederzeitschrift beigelegt ist.
Es bleibt noch viel Gewerkschaftsarbeit
Während sich Schaffende mit Kollektivvertrag über höhere Löhne, mehr Urlaubstage, einen dreizehnten Monatslohn und andere Sonderzahlungen freuen könnten, so der OGBL, gebe es allein im luxemburgischen Industriesektor noch immer mehr als 7.000 Schaffende ohne Kollektivvertrag – und somit auch ohne die beschriebenen Vergünstigungen gegenüber der Regelung im für alle geltenden Arbeitsrecht. Das müsse dringend geändert werden.
Außerdem haben sich die OGBL-Syndikate Hüttenindustrie und Bergbau, Metallverarbeitende Industrie sowie Chemie, Glas, Holz, Kautschuk, Keramik, Papier, Plastik, Textil und Zement vorgenommen, die in Luxemburg im Vergleich zu seinen Nachbarländern hohe Wochenarbeitszeit, insbesondere die tatsächliche Wochenarbeitszeit, zu senken.
Dem Pariser Arbeitsministerium zufolge beträgt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Frankreich 35,6 Stunden, die Kolleginnen und Kollegen in der westdeutschen Metall- und Elektroindustrie hätten sogar die 35-Stunden-Woche mit Option auf eine Reduzierung auf 28 Stunden pro Woche durchgesetzt und auch in Belgien betrage die gesetzliche Arbeitswoche 38 Stunden. Die könne zwar um zwei Wochenstunden verlängert werden, doch dann erhielten die Betroffenen auch zwölf Tage mehr Urlaub pro Jahr.
In Luxemburg betrage die Wochenarbeitszeit eines in Vollzeit in der Industrie Schaffenden hingegen noch immer 40 Stunden, klagt der OGBL, die tatsächlich geleistete Arbeitszeit sei noch länger. So habe eine 2019 von der Salariatskammer (CSL) in Zusammenarbeit mit der Universität Luxemburg durchgeführte Studie ergeben, daß in der hiesigen Industrie pro Woche durchschnittlich 42,8 Stunden gearbeitet werden. Im Jahr 2013 habe dieser Wert erst bei 42,5 Stunden, also immerhin um 18 Minuten darunter, gelegen.
Industrieproduktion in Pandemie gesunken
Nachdem auch Industriebetriebe zur Eindämmung der Coronavirusepidemie in diesem Frühjahr einen Gang zurückgeschaltet haben und von dem großzügigen Angebot der Regierung profitierten, die Löhne von auf Kurzarbeit gesetzten Schaffenden zu übernehmen, ist das Volumen der Industrieproduktion eingebrochen. Unter Berufung auf den jüngsten »Conjoncture Flash« des nationalen Statistikamtes schreibt der OGBL, im April sei die Industrieproduktion um 32 Prozent gegenüber dem selben Monat des Vorjahres gesunken, im Mai noch um 22 Prozent, doch im Juli nur noch um 8,8 Prozent und im September um 2,4 Prozent. Wenn die Entwicklung anhalte, sei die Coronakrise zumindest für die Industrie bis zum Ende dieses Jahres ausgestanden, so die sehr optimistische Einschätzung der amtlichen Statistiker.
oe
Einigkeit macht stark: Gewerkschaftsmilitante der drei Industriesyndikate des OGBL in Aktion (Foto: OGBL)