Annecy: Frankreich dankt dem »Helden mit Rucksack«
Er ist der »Held mit Rucksack«: Nach dem Messerangriff in Annecy im Départements Haute-Savoie feiert Frankreich einen Mann, der sich dem Täter in den Weg gestellt und ihn verfolgt hat. Französische Medien berichteten unter Verweis auf Videos von dem Angriff, daß der Mann den Täter von dem Spielplatz wegtrieb. Im Internet sei der mit zwei Rucksäcken beladene Held schnell gefunden worden: Er heiße Henri, sei 24 und auf einer Tour von Kathedrale zu Kathedrale. Auf seinem Facebook-Profil häuften sich anerkennende Kommentare voller Dankbarkeit für sein Einschreiten.
»Ich habe wirklich instinktiv gehandelt«, versicherte der junge Mann am Freitag dem Sender CNews. »Es war für mich undenkbar, nichts zu tun.« Er glaube, daß er »nicht zufällig« vor Ort gewesen sei. »Ich habe alles getan, um die Schwächsten zu schützen.« Der Angreifer habe versucht, auch ihn mit dem Messer zu verletzen. »Ich hatte Angst um mein Leben, aber ich hatte vor allem Angst um das Leben der anderen. Ich wollte nicht, daß er andere verletzt.« Erst als der Streß nachgelassen habe, sei ihm klargeworden, daß die Situation sehr gefährlich hätte sein können.
Die örtliche Zeitung »Le Dauphiné Libérée« identifizierte den Mann mit dem Rucksack schnell: Sie hatte erst vor wenigen Tagen einen Bericht über den 24-Jährigen veröffentlicht, der sich auf einer neunmonatigen Wanderung durch Frankreich befindet, um die Kathedralen des Landes zu besuchen. Die Bezeichnung als Held lehnt er aber ab. »Ich habe gehandelt, wie es jeder Franzose tun würde«, sagte er dem Sender BFM.
Er habe seinen 20 Kilogramm schweren Rucksack auf dem Rücken und einen kleineren in der Hand gehabt, als er auf den Angreifer aufmerksam wurde. »Ich bin hinter ihm hergelaufen, aber er war schneller.« Deshalb habe er den großen Rucksack abgelegt und den Angreifer mit dem kleinen Rucksack in der Hand verfolgt, den habe er mehrfach gegen den Angreifer geschleudert.
»Ich hatte den Eindruck, daß der Mann völlig verrückt und wie von etwas Bösem besessen war«, schilderte er dem Sender LCI. Ein städtischer Angestellter sei ihm zur Hilfe gekommen und habe mit einer Schaufel auf den Angreifer eingeschlagen. »Wenn ich eins gelernt habe: (...) Jeder kann handeln, wenn er den Kopf hebt«, sagte Henri, der in seiner Jugend bei den Pfadfindern war.
Die politische Instrumentalisierung von Henris Taten ließ nicht lange auf sich warten. Der Faschist Éric Zemmour lobte den »jungen Pilger« und sprach ihm seine »unendliche Dankbarkeit« aus. Präsident Emmanuel Macron und seine Frau Brigitte, die am Freitag Opfer des Unglücks in der Uniklinik von Grenoble besuchten, wollten anschließend auch mit Henri zusammentreffen.
Am Donnerstagmorgen hatte ein Mann auf einem Spielplatz in Annecy vier kleine Kinder und zwei Erwachsene mit einem Messer angegriffen. Drei von ihnen verletzte er lebensgefährlich. Sicherheitskräfte nahmen ihn fest. Die Justiz ermittelt wegen Mordversuchs.