Luxemburg19. August 2023

Der dreckigste Treibstoff der Welt

Weil in der Internationalen Seeschiffahrtsorganisation die Billigflaggenstaaten das Sagen haben, gibt es bis heute kein wirksames Verbot von Schweröl

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Rußfontänen aus den riesigen Schloten von Containerschiffen sind der sichtbarste Ausdruck von Umweltverschmutzung und Klimaschädigung. Wissenschaftler machen Emissionen im Schiffstransport für den vorzeitigen Tod Hunderttausender Menschen verantwortlich. Von den Folgen für andere Lebewesen gar nicht zu reden. Doch die Erkenntnis, daß auch die Hochseeschiffahrt einen Beitrag leisten muß, damit der Klimawandel mit seinen verheerenden Folgen nicht immer weiter voranschreitet, diese Erkenntnis bleibt in einem kapitalistisch organisierten Welthandel auf einen kleinen Kreis von Nischenanbietern beschränkt. Von einem Durchbruch zu »Green Shipping«, den Wirtschaftsminister Franz Fayot am Mittwoch für die mittlerweile 204 Schiffe umfassende, aber im Weltmaßstab weiter zu vernachlässigende luxemburgische Hochseeflotte in Aussicht stellte, kann angesichts der erlaubten Weiterverwendung von Schweröl, des dreckigsten Treibstoffs der Welt, keine Rede sein.

Denn viele der schon seit Jahren immer größer ausfallenden Hochseeschiffe fahren unter Billigflagge. So spart der Reeder nicht nur Steuern, er vermeidet auch Tarifheuern und kann Sicherheitsnormen und Umweltauflagen leichter umgehen. Noch praktischer für das Patronat ist es, wenn Umweltauflagen bereits beim Inkrafttreten derart verwässert sind, daß sie praktisch keine Wirkung entfalten können. So trat Anfang 2020 eine auf Ebene der IMO, der zuständigen UNO-Organisation, verabschiedete Schwefelobergrenze für Schiffstreibstoffe in Kraft, die die bis dahin üblichen Schiffsantriebe mit dreckigem Schweröl eigentlich unmöglich machte. Doch die Reeder wurden nicht etwa im Interesse des Klima- und Umweltschutzes verpflichtet, sauberere, aber auch teurere Kraftstoffe zu verwenden, vielmehr wurde es ihnen erlaubt, Schweröl weiter zu verwenden, wenn die Schiffsantriebe mit einem sogenannten Abgaswäscher ausgestattet sind.

Schweröl ist ein zähflüssiges, stinkendes Abfallprodukt der Ölindustrie, das jahrzehntelang auf Schiffen verwertet wurde und nicht nur für extrem hohe Schwefel-, sondern auch für Ruß- und andere Belastungen von Mensch, Klima und Umwelt führte. Mit der Verpflichtung zum Einbau von »Abgaswäschern« wurde nur ein neues Problem geschaffen: Wohin mit dem dabei anfallenden Abwasser? Vielfach darf es einfach ins Meer abgelassen werden – ein ökologisch verheerender Giftcocktail, deutlich saurer als das Meerwasser und schädlich für Fauna und Flora.

Der als Enthüller des VW-Abgasskandals bekanntgewordene, in Washington ansässige »International Council on Clean Transportation« fordert seit langem ein Verbot des Verklappens solcher Abwässer. Bislang haben aber erst wenige Dutzend Häfen weltweit entsprechende Regeln erlassen – was ohnehin keine Wirkung für das offene Meer hat. Auch darf Schweröl nach wie vor gehandelt werden – es kostet rund ein Drittel weniger als der regelkonforme, weil extrem schwefelarme Treibstoff. Das führt dazu, daß bis heute viele neue Hochseeschiffe geordert werden, die mit Schweröl fahren können und lediglich mit einem »Abgaswäscher« ausgestattet sind. Neue Schiffe werden bestenfalls mit »Dual-fuel«-Antrieben ausgestattet, um je nach Fahrtgebiet andere Treibstoffe verwenden zu können.

Zur wirksamen Senkung von Treibhausgasemissionen bringt es wenig, wenn in Luxemburg nach zukunftsfähigen Schiffsantrieben gesucht wird. Deren Einsatz wird so lange am Kostensenkungsvorbehalt scheitern, bis klare Vorgaben den Reedern anderes diktieren.