Ausland03. April 2021

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Premier Rutte übersteht Vertrauensfrage

Gut zwei Wochen nach der gewonnenen Parlamentswahl hat der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte die bisher größte Krise seiner Laufbahn überstanden. Nach einer mehr als 13 Stunden langen Debatte in der Zweiten Kammer des Parlaments verfehlte in der Nacht zum Freitag ein Mißtrauensantrag der Opposition nur knapp eine Mehrheit. Aber fast alle Parteien verurteilten Ruttes Verhalten aufs Schärfste.

Rutte kündigte an, er wolle im Amt bleiben und erneut eine Koalition bilden. Doch es ist zweifelhaft, ob es ihm gelingen wird, Koalitionspartner zu finden und nach mehr als zehn Jahren auch zum vierten Mal Regierungschef zu werden. Eine Reihe von Unwahrheiten und Verschleierungen während der ersten Gespräche über die Bildung einer neuen Koalition hatten zu der beispiellosen Krise geführt.

Vor allem wurde ihm übel genommen, daß er den Eindruck erweckt hatte, den unbequemen Abgeordneten Pieter Omtzigt loswerden zu wollen. Als Rutte damit im Parlament konfrontiert wurde, sagte er: »Ich kann mich daran nicht erinnern.« Eine große Mehrheit der Parteien sprach tiefste Mißbilligung für sein Verhalten aus. »Am Ende war es eine Lüge zu viel«, urteilte die Zeitung »De Telegraaf« am Freitag.

Der Regierungschef versprach noch in der Nacht, alles zu tun, um das Vertrauen zurück zu gewinnen. »Wo Vertrauen verletzt wurde, werde ich hart daran arbeiten, um das wiederherzustellen«, sagte Rutte. Das Votum des Parlaments sei ein »ernsthaftes Signal«.

 

Neues Rechtsbündnis

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki und der Chef der italienischen Lega Matteo Salvini wollen ihre Zusammenarbeit ausbauen. Die drei rechtsgerichteten Politiker kündigten am Donnerstag nach einem Treffen in Budapest an, sich gemeinsam für eine »europäische Renaissance« einzusetzen. Dazu wollen ihre drei rechtsnationalen Parteien – der ungarische Fidesz, die polnische PiS und die italienische Lega – gemeinsame Programme entwerfen. Es gehe vor allem um Werte wie Familie, individuelle Würde und Christentum, sagte Morawiecki.

Laut ANSA wurde sondiert, ob sich die Parteien im EU-Parlament zu einem Block zusammenschließen könnten. Ein Them sei »die Bekämpfung der illegalen Einwanderung« gewesen. Orbán habe »Salvinis Arbeit als Innenminister (2018/19) gelobt« und den Lega-Chef »unseren Helden« genannt, der »die illegale Einwanderung« gestoppt habe.

 

Rußland warnt vor NATO-Truppen in der Ukraine

Kiew/Moskau – Angesichts der brüchigen Waffenruhe in der Ostukraine warnt Rußland vor NATO-Soldaten als Unterstützung der Regierung in Kiew. »Zweifellos würde ein solches Szenario zu weiteren Spannungen in der Nähe der russischen Grenzen führen«, sagte Präsidentensprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau. »Natürlich müßte die russische Seite dann zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.«

Anlaß sind Erklärungen des Kriegsministeriums der Ukraine, wonach die USA ihre Unterstützung »im Fall einer Eskalation« zugesichert hätten. Laut bisher unbestätigten Meldungen gab es ein Telefongespräch zwischen den Kriegsministern der USA und der Ukraine, in dessen Verlauf Pentagonchef Lloyd Austin der Ukraine den »vollen Beistand« der USA zugesichert haben soll.

Erst vor einer Woche hatte die Kiewer Regierungden Tod von vier Militärs in dem Konfliktgebiet gemeldet. Zunächst hieß es, die Soldaten seien bei einem »Mörserangriff der prorussischen Separatisten« getötet worden. Später änderte das Kiewer Kriegsministerium in Kiew seine Version. Oberbefehlshaber Ruslan Chomtschak sprach im Parlament von »Scharfschützen, die Minenräumer in den Rücken geschossen« hätten. Nach den ursprünglichen Meldungen sind die ukrainischen Militärs bei einem Angriffsversuch getötet worden. Entgegen den Darstellungen in den westlichen Medien sehen die Verteidiger der selbsternannten Volksrepubliken keinen Anlaß zu Angriffshandlungen gegen ukrainische Regierungstruppen oder Milizen.

Der Konflikt war am Dienstag Thema einer Videoschalte von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Dabei hatte Putin Besorgnis über die »von der Ukraine provozierte Eskalation der bewaffneten Konfrontation« zum Ausdruck gebracht, hieß es in Moskau.

Nach einem Beschluß des ukrainischen Parlaments dürfen sich in diesem Jahr »zu Übungszwecken« bis zu 2.000 USA-Soldaten mit schwerem Gerät und Flugzeugen offiziell in der Ukraine aufhalten. Die Verfassung verbietet jedoch eine dauerhafte Stationierung.

 

Neue Gespräche über Iran-Abkommen

Brüssel/Teheran – Die Gespräche über die Rettung des Iran-Atomabkommens von 2015 und eine mögliche Rückkehr der USA sollen am Dienstag in Wien in eine neue Runde gehen. Dies teilten der Iran und die EU am Freitag nach einer Videokonferenz der verbliebenen Vertragspartner Deutschland, Frankreich, Britannien, China, Rußland und Iran mit. Nach Wien sollen auch USA-Vertreter kommen. Doch sind höchstens indirekte Kontakte über Mittelsleute geplant.

Für den Iran sei ein direktes Gespräch mit den USA derzeit nicht möglich, hieß es aus diplomatischen Kreisen. Teheran sei in dieser Haltung sehr fest. »Ich gehe von durchaus schwierigen Gesprächen aus«, sagte ein EU-Diplomat. Ein EU-Vertreter rechnete mit einer Dauer der Bemühungen von mehr als zwei Wochen, aber weniger als zwei Monaten.

Irans Vizeaußenminister Abbas Araghchi sagte der Agentur Isna: »Die Verhandlungen wurden seriös und offen geführt.« Alle Seiten wollten das Atomabkommen von 2015 wieder funktionsfähig machen und dabei keine Zeit verschwenden. Die Wiener Gespräche fänden auf Expertenebene statt. Auch der Auswärtige Dienst der EU wertete das Onlinetreffen am Freitag positiv. Die Teilnehmer hätten die Aussicht auf eine Rückkehr der USA in das Abkommen anerkannt und ihre Bereitschaft unterstrichen, dies positiv gemeinsam anzugehen, hieß es in einer Erklärung.

 

Kritik an Massentreffen in Brüssel

Brüssel – Nach heftigen Ausschreitungen bei einem illegalen Massentreffen in einem beliebten Park in Brüssel hat Belgiens Ministerpräsident Alexander De Croo diese als »völlig inakzeptabel« verurteilt und Unterstützung für verletzte Polizisten angekündigt. Laut einem Polizeisprecher wurden bei dem Einsatz in dem Park unweit des Stadtzentrums mindestens 26 Polizisten verletzt.

Wasserwerfer, berittene Polizisten und Polizeihunde kamen zum Einsatz. Laut Schätzungen der Sicherheitskräfte versammelten sich rund 1.500 bis 2.000 Menschen im Bois de la Cambre, wo sie gegen Abstands- und Hygieneregeln verstießen. Vor dem Massenauflauf war über das Internet zu einer kostenlosen Musikveranstaltung aufgerufen worden. Für Freitagabend sei erneut eine Feier im Park angekündigt worden.

De Croo sagte am Freitag, daß er verstehen könne, wenn die Menschen pandemiemüde seien. Er betonte jedoch, daß es die Hygieneregeln aus guten Gründen gebe und sich die Krankenhäuser füllten. In den vergangenen Tagen hatten bereits viele Menschen in Brüssel das warme Frühlingswetter in den Parks der Stadt genossen. Zu Szenen wie nun im Bois de la Cambre war es bislang jedoch nicht gekommen.

Die Corona-Infektionszahlen in Belgien waren in den vergangenen Wochen dramatisch angestiegen. Inzwischen liegt die 14-Tage-Inzidenz bei knapp 560 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner.

 

Provokationen türkischer Küstenwache in der Ägäis

Athen – In der östlichen Ägäis ist es am Freitag zu mehreren Provokationen der türkischen Küstenwache gekommen. So sollen türkische Patrouillenboote versucht haben, Schlauchboote mit Flüchtlingen in griechische Gewässer zu lotsen. Zudem zeigte ein Video das gefährliche Manöver eines Bootes der türkischen Küstenwache. Der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis rief die Türkei dazu auf, die »ungerechtfertigten Provokationen« zu unterlassen und den Flüchtlingspakt mit der EU einzuhalten.

Wie die griechische Küstenwache mitteilte, hatten türkische Patrouillenboote mehrere Schlauchboote von Flüchtlingen bis zur griechischen Seegrenze nahe der Insel Lesbos regelrecht begleitet. Die griechische Wasserpolizei habe verhindert, daß die Boote in griechische Gewässer gelangten, woraufhin die türkische Küstenwache die Flüchtlinge schließlich aufgenommen und zurück zur türkischen Küste gebracht habe.

Es gebe keinen Zweifel, daß die Flüchtlinge von der türkischen Küste abgelegt hätten, sagte Mitarakis am Freitagmittag in einem Video-Statement. Auch habe es sich nicht um bedrohte Menschen gehandelt – vielmehr seien sie von der türkischen Küstenwache dabei unterstützt worden, überzusetzen.

Athen kritisierte zudem einen weiteren Vorfall vom Freitag in derselben Region – das gefährliche Manöver eines türkischen Küstenwachen-Bootes, das mit hoher Geschwindigkeit in nächster Nähe an den Griechen vorbeifuhr, wie ein Video des griechischen Patrouillenboots zeigt.

 

Italiens Ex-Regierungschef will Fünf-Sterne-Bewegung neu gründen

Rom – Italiens Ex-Regierungschef Giuseppe Conte will knapp drei Monate nach dem Zerfall seines Regierungsbündnisses die Fünf-Sterne-Bewegung neu gründen. Er habe sich auf Drängen vieler, angefangen von Parteigründer Beppe Grillo, dazu entschieden, diese Herausforderung zu wagen, sagte der 56-Jährige am späten Donnerstagabend. »Diese Herausforderung besteht aus einer sehr präzisen Idee: Die Fünf-Sterne-Bewegung neu gründen.«

Der parteilose Ex-Chef des im Januar zerfallenen Mitte-Links-Bündnisses hat in den vergangenen Wochen Vorschläge ausgearbeitet und will nach Ostern in mehreren Treffen weitere Ideen sammeln. Conte will unter anderem eine Charta mit Werten und Grundsätzen erstellen, die künftigen Anhängern die Identität der Anti-Establishment-Partei verdeutlicht.

Conte habe auf einer Tagung »die komplexe und faszinierende Herausforderung angenommen, die 5-Sterne-Bewegung wiederherzustellen«, schreibt ANSA am Freitag. Es werde jedoch »keine Umgestaltung oder politische Marketingoperation, sondern eine mutige Arbeit der Regeneration der Bewegung, ohne die Vergangenheit zu leugnen« sein. Entstehen solle eine Kraft, »die in der Lage ist, ein neues Entwicklungsmodell zu präsentieren«. Hauptaufgabe sei, »die vielen Ungleichheiten abzubauen«.

 

EU will Corona-Impfstoff umverteilen

Brüssel – Einige EU-Staaten wollen östlichen EU-Partnern rund 2,8 Millionen Dosen Corona-Impfstoff »spenden«, damit sie in der Impfkampagne nicht abgehängt werden. Österreich, Tschechien und Slowenien machen nicht mit. Dies ist das Ergebnis wochenlanger Verhandlungen der 27 EU-Staaten und eines vom österreichischen Kanzler Sebastian Kurz angefachten Grundsatzstreits über die Impfstoff-Verteilung.

Kurz hatte das Thema Mitte März gesetzt. Recherchen des Kanzleramts hätten ergeben, daß der Impfstoff in der EU ungleich verteilt sei, es gebe offenbar Nebenabsprachen. Von einem Basar war die Rede. Von drohenden politischen Spannungen in der EU. Kurz holte fünf weitere Staats- und Regierungschefs an Bord, seine Amtskollegen aus Bulgarien, Kroatien, Lettland, Slowenien und Tschechien. Gemeinsam verlangten sie Korrekturen.

Tatsächlich ist in einigen EU-Staaten der Impfstoff noch deutlich knapper als in anderen. Das liegt daran, daß nicht alle Staaten immer ihr ganzes Kontingent an den von der EU zentral beschafften Impfstoffen genutzt haben. Ein Grund dafür sind die unterschiedlichen Preise der Impfstoffe. Einige Länder können den vergleichsweise teuren Biontech/Pfizer-Impfstoff nicht bezahlen.

Jeder der 27 Staaten hat Anspruch auf einen Anteil nach Bevölkerungsstärke. Schöpft ein Land dies nicht aus, können andere EU-Staaten diese Mengen aufkaufen. Einige Regierungen setzten besonders auf den deutlich günstigeren Impfstoff von Astrazeneca und sind nun wegen Lieferproblemen im Nachteil. Über die gerechte Verteilung stritten die 27 Staaten nun zwei Wochen lang – unter anderem stundenlang beim EU-Gipfel vorige Woche.