Leitartikel27. Juli 2021

Irrsinn mit Methode

von

Nach wie vor klagen Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika über das Fehlen von Impfstoffen gegen die weiter grassierende Corona-Pandemie. In vielen dieser Länder fehlen zudem die medizintechnischen und personellen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Impfkampagne. In Afrika liegt der Anteil der geimpften Einwohner noch immer unter zwei Prozent. Großmütige Versprechungen der sogenannten reichen Industriestaaten, Impfstoffe und andere Materialien bereitzustellen, haben sich zum großen Teil als Luftblasen und Propaganda herausgestellt.

Der Grund dafür läßt sich mit einem Wort erklären: Kapitalismus. Auch in der Pandemie hat sich nichts an dem Grundsatz geändert, daß ein Kapitalist niemals etwas unternimmt, wenn er sich davon keinen Profit versprechen kann. Im Kapitalismus sind nicht nur Produkte wie zum Beispiel Impfstoffe oder medizinische Ausstattung eine Ware, mit denen sich jede Menge Geld machen läßt, und noch wesentlich mehr, wenn die Nachfrage stark ansteigt, wie in der aktuellen Gesundheitskrise. Auch die Gesundheit ist eine Ware, die denjenigen Leuten Geld einbringen soll, die im Besitz der Instrumente sind. Das bekommen vor allem die Millionen Menschen zu spüren, die keine Krankenversicherung haben und jeden Arztbesuch, jede medizinische Behandlung oft sehr teuer bezahlen müssen.

So kommt es eben dazu, daß heutzutage die reichen Industriestaaten die Möglichkeit haben, den Einsatz von Vakzinen gegen die Corona-Pandemie zu steuern, und zwar zugunsten der Pharmakonzerne, deren Interessen sie vertreten. Seit Marx und Engels wissen wir, daß der Staat das Machtinstrument der jeweils herrschenden Klasse ist, und die herrschende Klasse setzt sich zusammen aus den Eigentümern der Konzerne und Banken.

Das Interesse der Pharmakonzerne besteht nicht darin, die Menschen gesund zu machen, denn mit Gesunden läßt sich kein Geld »verdienen«. Die Besitzer der Konzerne sind lediglich daran interessiert, Mittel zu verkaufen, mit denen eine Krankheit behandelt werden kann. Und verkauft wird nur gegen Geld – wer arm ist und kein Geld hat, muß eben früher sterben.

Das Ergebnis ist so pervers wie die vorherrschende Gesellschaftsordnung. Die USA und die EU sorgen dafür, daß die Geschäfte der Pharmakonzerne sprießen wie Unkraut. Sie regulieren Importe, Exporte und Preise. Sie sorgen dafür, daß kein »Konkurrenzprodukt« auf dem Markt auftaucht, wie etwa aus Rußland, China oder Kuba. Und sie sichern, daß die Herstellung von Vakzinen der Konzerne nur gegen den Kauf teurer Lizenzen möglich ist, das heißt, sie verhindern die Freigabe der Patente. Immerhin könnten ja zum Beispiel indische Unternehmen den Impfstoff selbst herstellen und damit die Krankheit heilen helfen. Aber mit gesunden Menschen lassen sich keine Profite machen…

Auch das ist pervers: Gesundheitseinrichtungen in Deutschland haben angesichts der grassierenden törichten Impfverweigerung oft zuviel Impfstoff. Den an andere Länder zu spenden, verbietet ihnen der Hersteller. Spenden verderben nämlich nachhaltig die Profitmöglichkeiten.

Allerdings bröckelt das Monopol der Konzerne. Selbst Mitgliedstaaten der EU importieren inzwischen Vakzine aus Rußland und China, und ein Krankenhaus im italienischen Turin will sogar mit dem Hersteller des kubanischen Impfstoffs »Soberana plus« kooperieren.