Hände weg von Haiti!
In der Karibik wird die Lage für die gut elf Millionen Haitianer immer unerträglicher. Hauptverantwortlich dafür, daß Haiti das einzige Land der westlichen Hemisphäre ist, das die UNO zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt zählt, sind an erster Stelle die USA und an zweiter Stelle die ehemalige Kolonialmacht Frankreich.
Die Mehrheit der Menschen hat bis heute keinen Zugang zu sauberem Wasser, weshalb Kampagnen zur Cholerabekämpfung regelmäßig ins Leere laufen. Nur drei Jahre war die Infektionskrankheit unter Kontrolle, nun ist sie wieder ausgebrochen. Anfang März wurden 33.000 Fälle gemeldet.
Die letzte Choleraepidemie wütete von 2010 bis 2018. Von den mehr als eine Million Infizierten starb mehr als jeder Hundertste, über 10.000 Menschen. Später stellte sich heraus, daß Cholerabakterien, die aus den Fäkalien der UNO-Blauhelmtruppe stammten, ursächlich für diese Epidemie waren. Doch unterstützt durch Washington wies die UNO jede Verantwortung zurück. Derzeit haben fast fünf Millionen Haitianer nicht genug zu essen, weil sie sich Nahrungsmittel schlicht nicht leisten können. Das Welternährungsprogramm verfügt nur über Mittel, die geradeso reichen, eine weitere Verschärfung der Lage zu verhindern.
Die mißliche Ernährungslage in dem bitterarmen Karibikstaat begann Anfang der 80er Jahre, als die Regierung auf Geheiß der USA das an die spärliche Vegetation angepaßte Kreolische Schwein ausrottete und eine wesentliche Grundlage der kleinbäuerlichen Ökonomie ersatzlos vernichtete. Zugunsten von Nahrungsmittelimporten aus den USA wurde auch die Produktion von Reis und Mais weitgehend aufgegeben. Hinzu kam, daß die Lebensmittelprogramme der USA seither dazu beitragen, den Markt für lokal produzierte Lebensmittel zu untergraben.
Auch dafür, daß Haiti wieder in einem Strudel von Gewalt versinkt, sind die USA verantwortlich, stammen doch fast alle modernen Feuerwaffen samt Munition, über die die bewaffneten Gruppen im Übermaß verfügen, von US-amerikanischen Händlern. Der seit der Ermordung von Staatspräsident Jovenel Moïse im Juli 2021 als Interimspräsident amtierende Ariel Henry verdankt seinen Posten ausschließlich einem Gremium, dem neben den Botschaftern der USA und Frankreichs auch Vertreter anderer ausländischer Mächte angehören.
Seit zwei Jahrhunderten mischen sich vor allem die USA und Frankreich in Haitis innere Angelegenheiten ein. Nach der Haitianischen Revolution von 1804 setzte die ehemalige Kolonialmacht Frankreich die Plünderung Haitis fort. 1825 schickte Paris eine schwerbewaffnete Flotte und zwang die Regierung, von ihr enteignete französische Sklavenhalter für »im Aufstand verlorenes Eigentum« zu entschädigen. Es dauerte bis 1947, bis Haiti die erpreßten 90 Millionen Goldgulden bezahlt hatte.
Als 1791 der Sklavenaufstand in der französischen Kolonie Saint-Domingue begann, stellte der erste Präsident der USA, der Sklavenhalter George Washington, den haitianischen Sklavenhaltern die damals immense Summe von 750.000 US-Dollar zur Aufstandsbekämpfung zur Verfügung, und Thomas Jefferson, der zweite Präsident der USA und ebenfalls Sklavenhalter, verhängte 1804 nach dem Sieg der Revolution ein Embargo, das bis 1862 andauerte.
Nachdem auch das 20. Jahrhundert von ausländischer Einmischung geprägt war, müssen im 21. Jahrhundert endlich die überfälligen Reparationen gezahlt werden und das haitianische Volk das Recht erhalten, selbstbestimmt über seine Zukunft zu entscheiden. Hände weg von Haiti!