Streiten statt zusammenarbeiten
Nach den Anschuldigungen von FerroForum, das Dementi von frEsch
In der Kulturhauptstadt Esch/Alzette durchleben die kleinen Oasen einer ehemals florierenden Subkultur schwere Zeiten. Das Aufziehen dieser dunklen Wolken kündigte sich allerdings schon 2015 an, hier wurde die Saat für die frEsch Asbl gelegt.
Mit einem kurzen Rückblick wird die neueste Kulturfehde verständlicher. Als 2015 die belgische Stadt Mons den Titel »Kulturhauptstadt« innehatte, war auch eine Escher Delegation vor Ort. Diese war damit beauftragt sich schlau zu machen und in Folge den Antrag für »Esch2022« in trockene Tücher zu bringen. Von der frEsch Asbl war noch nicht die Rede.
Nun aber wurden nicht nur »Ideen« aus Mons verschleppt, nein auch der künftige Direktor der frEsch Asbl, Loic Clairet bekam ein sehr verlockendes Angebot. Es wird erzählt, dass er mit seinem Programm »Tout Mons Dance« der Delegation Bilder aus alten Zeiten, als auf der »Escher-Grenz« noch vehement das Tanzbein geschwungen wurde, in den Kopf gesetzt hat.
Kulturelle Aneignung
Da der Schöffenrat der Stadt Esch/Alzette anscheinend wenig Vertrauen in die eigene Kulturkommission hat, oder diese möglicherweise mit der kulturellen Gestaltung überfordert sein könnte, wird die frEsch Asbl geschaffen. Die Kommunikation nach außen ist eher spärlich, und viele »eigene« Produktionen gibt es auch nicht.
Es darf auch erwähnt werden, dass der Direktor viel Homeoffice macht. Laut den Mitarbeitern finden die Besprechungen zumeist online statt. Auch sieht man Loic Clairet eher selten im Gemeinderat, wo es doch viele Fragen hat, die einer Antwort bedürfen. Und leider tauchen ständig neue Fragen auf…
Im aktuellen Streit, stehen sich frEsch Asbl und die kulturelle Vereinigung FerroForum, sowie die Doktorandin Laura Steil gegenüber. Die »Kläger« werfen frEsch vor, einerseits die Idee zum »Wiederaufleben der Escher Grenz in der Nachkriegszeit« übernommen zu haben, und sich andererseits einem konstruktiven Dialog zu verweigern.
Kann man nicht so stehen lassen
Wenn auch nicht zu bestreiten ist, dass das Projekt »Lëtz‘Dance« sehr stark dem Event »Feierowend« von FerroForum ähnelt, so kann an der Vorgeschichte erkannt werden, dass hier lediglich das schon in Mons genutzte Projekt etwas angepasst wurde. Loic Clairet musste nur ins Archiv greifen und de facto nicht bei anderen abschreiben. Soviel betreffend den Vorwurf der kulturellen Aneignung.
Rechtens bleibt der Unmut, der einer mangelnden Kommunikation im Allgemeinen und der Kooperationsmöglichkeiten im Besonderen, geschuldet ist. So beschwert sich Laura Steil, dass kaum, wenn überhaupt, über bevorstehende Events kommuniziert wird. Auch das stimmt und steht zudem im Widerspruch des Escher Kulturentwicklungsplans »Connexions II«. Und dann muss noch eine gewisse Überheblichkeit, seitens frEsch offengelegt werden.
Seitens der frEsch Asbl wird zugestanden, dass man mit der Doktorandin 2020 einen Austausch hatte, weil ihre Forschungsarbeit (Feieren, Fester, Musék an Danz am Minett) an deren Projekte anknüpfte. Da ihre Herangehensweise aber Hochschulcharakter habe, sei sie nicht relevant genug gewesen, um in den Veranstaltungsrahmen eingegliedert zu werden. In der Übersetzung: es war frEsch etwas zu wissenschaftlich.
Gute Kommunikation will gelernt sein
Aus dem etwas zaghaften Dementi der frEsch Asbl ist weiterhin zu entnehmen, dass es beim Projekt »Lëtz‘Dance« mitnichten um das Revival der Tanzcafés gehe. Nein hierbei handele es sich um die Renaissance des »großen Jahresballs des Konservatoriums«, und das wäre auch so mit dem kulturellen Dienst der Stadt Esch abgesprochen worden. Schade, dass der Begleittext zur Veranstaltung ein diagonal entgegengesetztes Bild zeichnet.
frEsch bleibt aber entspannt und erklärt: »Die Ausrichtung dieser Veranstaltung wurde, wie alle anderen Projekte im Rahmen der Biennale Esch Kulturhauptstadt, in Absprache mit den kulturellen Einrichtungen der Stadt festgelegt«. Was diese Aussage nicht preisgibt, ist, dass frEsch in nahezu allen kulturellen Einrichtungen entweder federführend oder mindestens richtungsweisend eingebunden ist.
Die Stadt Esch/Alzette greift folglich massiv in die einstige kulturelle Autonomie vieler Vereine ein, da frEsch eine de facto Monopolstellung bekleidet. Die neue kulturpolitische Ausrichtung ist zweifelsfrei auch in der Kulturfabrik (KuFa) angekommen. Von dieser hätten sich viele etwas mehr Solidarität mit FerroForum gewünscht.