Kaleidoskop10. Februar 2024

Japanischer Dirigent Seiji Ozawa gestorben

von dpa/ZLV

Der weltbekannte japanische Dirigent Seiji Ozawa ist tot. Der frühere Musikalische Direktor der Wiener Staatsoper starb bereits am 6. Februar in seinem Haus in Tokio an Herzversagen, teilte sein Management am Freitag japanischen Medien mit. Er wurde 88 Jahre alt.

Der kleine, drahtige Mann mit den vielen Lachfalten wurde oft als »Hunderttausend-Volt-Dirigent« beschrieben. Jahrzehntelang dirigierte der Maestro nur wenige Opern, dann aber mit großem Erfolg. Als Leiter des Boston Symphony Orchestra von 1973 bis 2002 setzte Ozawa Maßstäbe. Sein breites Repertoire begeisterte ebenso wie die klangliche Brillanz, die er mit dem Orchester erreichte. Als Musikdirektor der Wiener Staatsoper widmete er sich dann vor allem seiner lange heimlich gehegten Liebe Oper und stellte seine breite Kennerschaft von Mozart bis Krenek unter Beweis. Zuletzt plagten ihn jedoch gesundheitliche Probleme.

Der Bariton Paolo Gavanelli lobte den Pultmeister einmal: »Ozawa ist nicht nur ein Musikgenie, sondern auch menschlich eine einmalige Erscheinung. Mit ihm zu musizieren, bedeutet Glück.« Dieses Glück teilte er besonders gern mit Kindern. Schon in Wien vermochte Ozawa die Kleinen mit seiner musikalischen Energie anzustecken. »Sie hören ganz intensiv zu. Aber wenn es langweilig ist, dann schießen sie mit Gummibändern auf uns«, sagte er einmal einer japanischen Zeitung. »Daher haben wir uns immer gesagt: Wir müssen unser Bestes geben, sonst kriegen wir Gummis ab.«

Geboren 1935 in Hoten in der damals vom japanischen Militarismus besetzten Mandschurei im Nordosten Chinas, kam Ozawa schon früh mit verschiedenen Kulturen und Einflüssen in Berührung. Sein Vater, ein Zahnarzt, war Buddhist, seine Mutter Christin. Sie war es auch, die ihren Sohn mit westlicher Musik vertraut machte. Als die Familie nach dem Krieg nach Tokio zog, erhielt Ozawa seinen ersten Klavierunterricht. Ein Sportunfall, bei dem er sich vier Finger brach, setzte seinem Traum von einer Laufbahn als Pianist jedoch ein jähes Ende.

Ozawa sattelte auf Komposition und Dirigieren um und wurde schon bei seinem ersten Auftritt mit 24 Jahren mit dem Japan Philharmonic Orchestra als großes Talent gefeiert. Der Erste Preis beim Dirigentenwettbewerb 1959 im französischen Besançon wurde zum Sprungbrett in den klassischen Musikbetrieb, auch wenn sich Ozawa noch lange gegen das Vorurteil behaupten mußte, als Japaner könne er die europäischen Klassiker »nur gelernt« haben und sie nie »mit der Seele begreifen«. Doch schon damals in den 60er Jahren bewies er Kraft und Zähigkeit und setzte sich im klassischen Musikbetrieb durch.

In seiner Heimat gründete Ozawa, den man wegen seiner erfolgreichen Arbeit mit weltberühmten Orchestern auch den »Ozawa der Welt« nennt und der zum Wegbereiter unter japanischen Dirigenten auf der Weltbühne wurde, 1992 das Saito Kinen Festival. Später wurde es in Seiji Ozawa Matsumoto Festival umbenannt.