Ausland28. Mai 2018

Ziemlich gute Freunde

Möglicher Gipfel Trump – Kim in Singapur

So viel Bewegung mit Blick auf Korea gab es noch nie in einer Woche. Erst sagte Nordkoreas Regierung ein Arbeitstreffen von Ministern wegen des neuerlichen Großmanövers des US-amerikanischen und südkoreanischen Militärs ab. Am Donnerstag erklärte USA-Präsident Donald Trump, das am 12. Juni in Singapur avisierte Zusammentreffen mit Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un komme nicht zustande, weil er sich über nordkoreanische Verbalattacken ärgere. Dabei hatten sich Pjöngjangs Diplomaten lediglich mit gutem Recht gegen eine in Washington laut favorisierte »libysche Lösung« des Atomstreits verwahrt.

Am Freitag drückte daraufhin Nordkoreas Vizeaußenminister Kim Kye Gwan das »tiefe Bedauern« seiner Regierung über Trumps Entscheidung aus, bekräftigte gleichzeitig aber die Position Pjöngjangs, »jederzeit und überall mit den USA (weiter) zu verhandeln«. Das wiederum rührte Mr. Trump so, daß er den freundlichen Ton von Mr. Kim lobte und in Aussicht stellte, es könne doch zum Gipfel kommen, was er und sein Kriegsminister James Mattis am Samstag bekräftigten. Am Nachmittag desselben Tages trafen sich Südkoreas Präsident Moon Jae In und Kim im Grenzort Panmunjom zum zweiten Gipfel binnen eines Monats.

Was könnte in Singapur auf der Agenda stehen? Eine Rückbesinnung auf den Oktober 2000: Der damalige USA-Präsident William Clinton empfing den Sondergesandten von Kim Jong Il (des Vaters von Kim Jong Un), den 72-jährigen Vizemarschall und Nummer zwei Nordkoreas, Jo Myong Rok. Sie verständigten sich auf »neue Wege jenseits von Feindschaft«, um »formell den Koreakrieg zu beenden, indem das Waffenstillstandsabkommen von 1953 durch einen dauerhaften Friedensvertrag ersetzt wird«. Jo überreichte Clinton eine Einladung Kims zum Besuch in Pjöngjang. Dieser folgte USA-Außenministerin Madeleine Albright am 23. und 24. Oktober 2000.

Apropos Trumps Ambitionen auf den Friedensnobelpreis: Das Osloer Komitee hat sich des öfteren blamiert – man denke nur an den 1973 ko-ausgezeichneten Henry Kissinger. In diesem Fall wäre aber nichts einzuwenden. Unter einer Bedingung: daß dadurch endgültig Frieden auf der koreanischen Halbinsel garantiert ist und Seoul und Pjöngjang genau 70 Jahre nach ihren Staatsgründungen (am 15. August bzw. 9. September) und 65 Jahre nach dem Ende des Koreakriegs eigenständig über einen Modus vivendi – inklusive der Option einer Wiedervereinigung – entscheiden.

Rainer Werning