Digitales Dilemma: Wie gehen Schulen mit Smartphones um?
Nachdem das Thema in den vergangenen Jahren immer wieder mal diskutiert wurde, hat die neue Regierung nun Nägel mit Köpfen gemacht: Ab Ostern soll landesweit in allen Grundschulen ein komplettes Handyverbot gelten. Das bedeutet, daß Schüler ihre Smartphones während der Schulzeit nicht mitbringen dürfen.
In Sekundarschulen dagegen muß während des Unterrichts eine »räumliche Distanz« zwischen Schüler und Smartphone gewährleistet sein, wie es heißt. Die Schulen seien aufgefordert, jede für sich eigene Regelungen zu entwickeln, um dieses Ziel zu erreichen.
Durch das Verbot, welches kontrovers diskutiert wird, soll die Konzentration verbessert werden, indem Schüler nicht mehr von Aufgaben des Unterrichts abgelenkt würden. Studien hätten zudem gezeigt, daß eine Smartphone-Nutzung während des Lernens negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit haben könnten. Überdies könnte eine unkontrollierte Nutzung von Smartphones die sozialen Interaktionen zwischen Schülern beeinträchtigen und eine digitale Abhängigkeit schaffen.
Die Menge macht das Gift. Die oben genannten Punkte sind kaum zu widerlegen und doch ist eine Herangehensweise mit Verboten nicht mehr wirklich zeitgemäß und zielführend. Zum einen sind Schüler nicht auf den Kopf gefallen und wissen Verbote zu umgehen, zum anderen werden Kinder heute in einem hochdigitalisierten Umfeld groß, das es zur Jugendzeit vorhergehender Generationen so noch nicht gab. Smartphone- und Social-Media-Verbote sind nichts anderes als Bankrotterklärungen vor den eigentlichen Problemen: Eine unreflektierte Nutzung des Mobiltelefons zeugt davon, daß sich in den entsprechenden Haushalten nicht mit neuen Technologien auseinandergesetzt wird. Allenthalben ist zu beobachten, wie bereits die Jüngsten vor derlei Geräten »geparkt« werden, um die Erwachsenen nicht zu nerven. Verbote sind ebenso wenig sinnvoll für die digitale Entwicklung der Gesellschaft. Vielmehr sollte in den Schulen ein gewissenhafter Umgang mit Smartphone und sozialen Medien thematisiert werden, was nicht heißen soll, daß die Geräte im Unterricht zu privaten Zwecken genutzt werden sollen. Eher kann etwa eine Recherche im Netz mit dem Smartphone in den Unterricht eingebaut werden.
Gleichzeitig sind es die Social-Media-Konzerne, welche aus der Verantwortung genommen werden, während sich die Gesellschaft mit den Folgen ihrer Anwendungen herumschlägt. Australien war das erste Land, welches einen radikalen Weg beschritt und in diesem Jahr ein Verbot für die Nutzung sozialer Medien unter 16 Jahren einführte. Dieses Gesetz ist weltweit einzigartig in seiner Strenge. Die dortige Regierung begründete dieses mit dem Schutz der psychischen Gesundheit von Jugendlichen.
Darüber hinaus stellt auch das Einkassieren von Privateigentum durch Lehrkräfte ein Problem dar. Früher wurde auf dem Pausenhof der Game Boy einkassiert und schon mal eine Woche durch die Lehrkraft entzogen. Eine Praktik, die heute als höchst problematisch zu sehen sein dürfte.
Konservative Politik sucht gern nach einfachen Lösungen für vielschichtige gesellschaftliche Probleme. Dabei könnte neben der angesprochenen pädagogischen Miteinbeziehung in den Unterricht eine zeitlich oder räumlich begrenzte Nutzung im Bereich der Schule ebenso eine Möglichkeit darstellen, wie ein sicherer Platz, wo das Gerät vom Schüler selbst verstaut werden kann, ohne daß es ihm genommen wird. Auch eine gemeinsam von Lehrern und Eltern erdachte Regelung für die Nutzung von Smartphones in der Schule kann ein Thema sein.
Das Erlernen von digitaler Kompetenz und einem verantwortungsvollen Umgang sollte grundsätzlich an erster Stelle stehen. Verbote lösen diese Aufgaben nicht.