Leitartikel03. April 2021

Vom Sozialplan zur Systemfrage

von Ali Ruckert

Über zwei Sozialpläne, der erste im Dezember 2019 und der zweite im März 2021, wird die in Belval ansässige Tochtergesellschaft der Royal Bank of Canada ihre Belegschaft demnächst um mehr als 400 Beschäftigte oder ein Drittel reduziert haben. Vor acht Jahren hatte die Bank, die unter dem Namen RBC Investor & Treasury Services im Spekulationsgeschäft tätig ist und Geschäfte mit vermögenden Privatleuten macht, übrigens bereits einmal 200 Beschäftigte auf die Straße gesetzt.

Mit Recht weisen die Gewerkschaften darauf hin, dass ihr Einsatz dazu führte, dass im Sozialplan Abgangsentschädigungen, die über das legale Minimum hinausgehen, und Maßnahmen, die eine berufliche Neuorientierung erleichtern sollen, festgehalten wurden.

Seit Jahren sind die Gewerkschaften zudem darum bemüht, statt von Sozialplänen, weniger rabiate »Plans de maintien dans l’Emploi« in Unternehmen durchzusetzen, die einen Teil der Arbeitsplätze abbauen wollen, sei es dass ein Teil der Produktion ins Ausland verlagert oder aus wirtschaftlichen Gründen restrukturiert werden soll.

In jüngerer Vergangenheit wurden eine ganze Reihe von »Plans de maintien dans l’Emploi« umgesetzt, einige davon erst nach hartem Einsatz der Belegschaft und der Gewerkschaftssekretäre, wie das zum Beispiel beim US-amerikanischen Flachglasproduzenten Guardian der Fall war.

Auch nach erfolgreichem Abschluss eines Sozialplans, und wenn es gelingt, allen betroffenen Beschäftigten rechtzeitig einen neuen Arbeitsplatz zu beschaffen, bleibt immer ein fader Beigeschmack, da die Arbeitsplätze, um die es geht, bei Sozialplänen wie auch bei »Plans de maintien dans l’emploi« im Endeffekt ganz oder zum großen Tei innerhalb kurzer Zeit abgebaut werden und auch durch einen noch so konsequenten Einsatz der Gewerkschaft nicht erhalten bleiben.

Das hat damit zu tun, dass wir es hier mit einer Systemfrage zu tun haben, die zeigt, dass trotz aller sozialen Verbesserungen, die erkämpft wurden, die Entscheidungsgewalt über die Produktion und damit auch über die Arbeitsplätze in der Hand von Aktionären liegt, denen es als Besitzer von Betrieben in erster Linie darum geht, Maximalprofite zu scheffeln, was immer zu Lasten der Schaffenden geht.

Richtig schreiben die Gewerkschaften in ihrer Mitteilung zum 3. Sozialplan bei RBC, dass sie »das zügellose Rennen nach Profiten auf Kosten der Beschäftigten« bedauern. Doch wie soll dem ein Ende gesetzt werden, wenn keine grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen erfolgen und wenn – statt einer Handvoll Aktionäre – nicht die Lohnabhängigen selbst über die Produktion, die Investitionen, die Arbeitsplätze und die Verwendung des Gewinns entscheiden?

Um das zu bewerkstelligen, ist es erfordert, den gewerkschaftlichen Kampf auf politischer Ebene fortzusetzen, um zu erreichen, dass keine Entscheidungen gegen die Interessen der Schaffenden getroffen werden, und die Macht in den Betrieben und im Staat in der Hand derer liegt, die den Reichtum schaffen: der Lohnabhängigen.

Eine wichtige Voraussetzung dafür ist eine Stärkung der Kommunistischen Partei, die solch grundlegende Veränderungen anstrebt und durchsetzen will, dass »de Mënsch virum Profit« steht – in der Wirtschaft und in der Gesellschaft.