Kaleidoskop07. April 2021

22 Mumien in feierlicher Prozession durch Kairo transportiert

von dpa/ZLV

In einer aufwendig gestalteten Parade, die an die Riten der Antike erinnerte, sind am Samstag 22 altägyptische Mumien in einer feierlichen Prozession quer durch Kairo zu ihrem neuen Ausstellungsort gebracht worden. Die Überreste von vier Königinnen und 18 Königen aus dem antiken Ägypten wurden dabei von eigens im Stil der damaligen Zeit dekorierten Wagen transportiert, auf denen jeweils der Name der oder des Verstorbenen zu lesen war. Zum Schutz der Mumien waren die Wagen besonders stoßgedämpft.

Die »Goldene Parade der Pharaonen« wurde live im Staatsfernsehen übertragen. »Mit großem Stolz freue ich mich darauf, die Könige und Königinnen Ägyptens nach ihrer Reise willkommen zu heißen«, schrieb Staatschef Abdel Fattah al-Sisi kurz vor Beginn der rund 40-minütigen Prozession auf Twitter. Das Spektakel sei »ein weiterer Beweis der Größe (...) einer einzigartigen Zivilisation, die in die Tiefen der Geschichte reicht«.

Ägypten verwandelte die Verlegung in eine Prozession nach antikem Vorbild, als verstorbene Herrscher mit großen Ehren zu ihren Grabstätten transportiert wurden. Unter dem Titel »Die goldene Parade des Pharaos« fuhren die Wagen begleitet von einer Polizeikolonne die abgesperrte Nilpromenade entlang. Dutzende Reiter und kostümierte Darsteller zogen Teile des Wegs ebenfalls mit. Zum Schutz der kostbaren Mumien war entlang der sieben Kilometer langen Strecke ein großes Sicherheitsaufgebot im Einsatz. Der Tahrir-Platz, von dem die Prozession startete, sowie einige andere Abschnitte waren für Fahrzeuge und Fußgänger gesperrt.

Die Mumien lagen seit mehr als einem Jahrhundert im Ägyptischen Museum im Zentrum von Kairo – nun ziehen sie in ihr neues Quartier im neugebauten Nationalmuseum der ägyptischen Zivilisation (NMEC) im Süden der Stadt um. An diesem riesigen modernen Ausstellungskomplex wurde seit Jahren gebaut, am Sonntag wurde er vollständig eröffnet. Die Mumien werden allerdings erst ab dem 18. April zu sehen sein, weil sie zunächst für Restaurationsarbeiten ins Labor kommen. Am NMEC verfolgte der Präsident die Ankunft der Mumien.

Unter den Mumien ist die des bedeutenden Pharaos Ramses II., der auch »der Große« genannt wurde und ab 1279 vor unserer Zeitrechnung für 66 Jahre über Ägypten herrschte. Er erbaute die Tempel von Abu Simbel und führte sein Land nach mehreren Kriegen in einer verhältnismäßig langen Friedenszeit zu großem Wohlstand.

Verlegt wurde auch die Mumie der Pharaonin Hatschepsut. Die Tochter und Frau ägyptischer Könige hatte gut 1.400 Jahre v.u.Z. zunächst die Regentschaft für ihren Sohn Thutmosis III. übernommen und ließ sich schließlich selbst zur Herrscherin krönen. Unter ihrem Regiment blühte der Handel im alten Ägypten.

Auch die Mumien von Thutmosis I., II., III. und IV. sowie von Ramses III., IV., V., VI. und IX. wurden in das neue Museum überführt. Über die 1881 nahe Luxor entdeckten Mumien kommen immer neue Erkenntnisse ans Licht. So ergab eine High-Tech-Analyse der Mumie von Pharao Seqenenre II., daß er vermutlich hingerichtet wurde, nachdem er in einer Schlacht gefangengenommen worden war.

Die Mumienparade markiere »das Ende von viel Arbeit, um ihren Erhalt und ihre Präsentation zu verbessern«, erklärte die Chefin der UNO-Kulturorganisation UNESCO, Audrey Azoulay, die zu dem Spektakel nach Kairo gereist war. Nun könnten die Menschen »die Geschichte der ägyptischen Zivilisation sich vor ihren Augen entfalten sehen«.