Kaleidoskop20. August 2024

Filmlegende Alain Delon ist tot

von dpa/ZLV

Paris – Tief ins Gesicht gezogener Hut, hochgeschlagener Kragen, stoischer Gesichtsausdruck: So hat die Welt Alain Delon in »Eiskalter Engel« von Jean-Pierre Melville entdeckt. Der Schauspieler wurde zur Legende, die in mehr als 80 Filmen immer wieder als Killer vor der Kamera brillierte. Nun ist Delon im Alter von 88 Jahren gestorben.

Die drei Kinder des Schauspielers sagten der Nachrichtenagentur AFP, er sei friedlich und umgeben von seiner Familie in seinem Haus in Douchy in der Region Centre-Val de Loire gestorben.

Der Nachwelt hinterläßt Delon Meisterwerke der Filmgeschichte. »Endstation Schafott«, »Nur die Sonne war Zeuge«, »Borsalino« oder »Der Panther«: Delon bestritt seine Karriere vor allem mit Rollen als smarter Ganove und skrupelloser Leinwandmörder.

Schon 1957 in seinem Debütfilm »Die Killer lassen bitten« schlüpfte er in die Haut eines Mörders. Daß der Schönling auch andere Seiten ausspielen konnte, zeigte er 1984 in Volker Schlöndorffs »Eine Liebe von Swann«. Darin verkörpert er einen homosexuellen Baron.

Als Loser überraschte er in »Notre Histoire«, ein tragisches Liebesdrama, für das er 1985 sogar einen César erhielt, Frankreichs begehrten Filmpreis. Doch dem Publikum gefiel der sanfte Delon nicht. »Sobald ich leidende oder schwache Menschen gespielt habe, haben die Leute mich abgelehnt.« Sie wollten den »Engel in Teufelsgestalt« sehen, wie Delon sagte.

Und so spielte Delon vorzugsweise den elegant tötenden und einsamen Kämpfer. Eine Rolle, für die er kein Drehbuch benötigte. Den Verbrecher brauche er nicht zu spielen, wie er in dem Dokumentarfilm »Alain Delon, cet inconnu« von Philippe Kohly erklärt. Wenn nicht Filmschauspieler, wäre er am liebsten Gangster geworden, zitierte ihn auch »Der Spiegel«.

Delons Biografie liest sich wie ein Sozialdrama: Zuerst lassen sich die Eltern scheiden, dann kommt der Vierjährige in eine Pflegefamilie, anschließend fliegt er mehrmals von der Schule, beginnt eine Metzgerlehre und meldet sich schließlich im Alter von 17 Jahren freiwillig als Soldat für den Indochina-Krieg. Nach seiner Rückkehr hält er sich mit dubiosen Geschäften über Wasser. Auch Kontakte zur Mafia in Paris und Marseille werden ihm nachgesagt.

Geboren wurde Alain Delon am 8. November 1935 in Sceaux in der Nähe von Paris. Über seine jungen Jahre sagte er später: »Wie viele wissen, daß ich meine Kindheit im Gefängnis verbracht habe? Zumindest im Gefängnishof von Fresnes, wo ich mit anderen Kindern von Gefängniswärtern gespielt habe.« Delons Pflegevater war Gefängniswärter.

Auch noch später, als gefeierter Filmstar, gab es Überschneidungen zwischen seinen Rollen und der Realität.

Delon füllte auch mit seinen Frauenaffären die Blätter der Klatschpresse. Mit Romy Schneider bildete er eines der glamourösesten Paare der 1960er Jahre, die beiden verlobten sich sogar. Doch ihre Liebesgeschichte endete ebenso unglücklich wie die in »Christine«, in der die beiden 1958 erstmals zusammendrehten. Fünf Jahre später trennte sich Delon von ihr.

Das schöne Gesicht Delons hat Frauen und Männer gleichermaßen fasziniert. So auch Luchino Visconti. Der damals 30 Jahre ältere Regisseur hat mit Delon die Meisterwerke »Der Leopard« und »Rocco und seine Brüder« gedreht. Visconti wollte einen sanften und zugleich brutalen Darsteller, erzählte er in Kohlys Dokumentarfilm. In dem Arbeiterepos spielt Delon einen jungen Italiener, der seine Familie mit allen Mitteln vor dem Zerfall retten will.

Seit seiner Trennung von Rosalie van Breemen Anfang der 2000er Jahre lebte er vorwiegend allein. Auch als Schauspieler rückte er in den vergangenen Jahren immer mehr aus dem Rampenlicht. Stattdessen machte er als Filmproduzent, Pferdezüchter, Rennstallbesitzer und Sympathisant des rechtsextremen Front National (FN) von sich reden. Den ultrarechten Parteigründer Jean Marie Le Pen nannte er seinen Freund.

Im Jahr 2019 erlitt Delon einen Schlaganfall, von dem er sich nie vollständig erholte.