Ausland06. Februar 2025

Italien soll wieder in die Atomenergie einsteigen

Ein Konstrukt mit dem Rüstungskonzern Leonardo soll das Projekt realisieren

von Gerhard Feldbauer

Die Regierung der faschistischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will auf der Grundlage eines Rahmengesetzes nach 40 Jahren wieder in die Atomenergie einsteigen. Geplant ist laut Nachrichtenagentur ANSA die Gründung einer Behörde, die den Umgang mit Atomkraftwerken und die Entsorgung von Atommüll kontrollieren soll. Außerdem soll es Anreize für Forschung im Atombereich geben und es sollen Kampagnen geführt werden, um die Italiener für die Atomenergie zu sensibilisieren. Es werde jedoch etwa zwei Jahre dauern, bis der Rechtsrahmen für den Start von Kernkraftwerken fest steht, berichtete die Mailänder Tageszeitung »Il Giornale«. Laut dem italienischen Umwelt- und Energieminister Gilberto Pichetto Fratin ist es »ohne Atomenergie nicht möglich, die Stromerzeugung zu dekarbonisieren und die Energiesicherheit des Landes zu gewährleisten«.

Auf einem »Weltgipfel über Zukunftsenergien« in Abu Dhabi betonte Meloni am 15. Januar die strategische Rolle der Kernfusion, mit der »saubere, sichere und unbegrenzte Energie erzeugt werden kann«. Atomenergie könne dank der neuen Technologien zu einer weithin zugänglichen Ressource werden. Tatsächlich liege die technische Realisierung von Fusionsreaktoren derzeit jedoch noch in weiter Ferne, heißt es in italienischen Medien.

Adolfo Urso, Minister für Unternehmen und »Made in Italy« im Kabinett Meloni, will zur Rationalisierung des Neueinstiegs eine Konstrukt mit Großunternehmen wie Enel, Ansaldo Nucleare und dem Rüstungskonzern Leonardo bilden, um die neueste Generation von Kernreaktoren zu produzieren und zu betreiben, wie den Small Modular Reactor (SMR), der als »sicher, sauber und modular« beschrieben wird.

Die angestrebte Rückkehr zur Kernenergie stößt jedoch auf Kritik. Die Abgeordneten Ilaria Fontana, Unterstaatssekretärin im Umweltministerium, und Emma Pavanelli von der oppositionellen Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) kritisierten die »enormen Kosten«, die damit verbunden seien. »Die Bürger und Unternehmen zahlen schon jetzt viel Geld für Energie, weil wir sie mit Gas erzeugen. Mit Kernenergie werden die Kosten noch mehr steigen«, warnten die beiden Parlamentarierinnen.

In Italien war 1987 – ein Jahr nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl – nach einem Referendum aus der Atomenergie ausgestiegen. Die letzten Atomkraftwerke wurden 1990 stillgelegt. 2009 hatte der damalige Regierungschef Silvio Berlusconi wieder in die Kernkraft einsteigen wollen, war aber dabei gescheitert, da nach der Katastrophe von Fukushima 2011 rund 95 Prozent der Italiener in einem weiteren Referendum gegen den Bau neuer Atomkraftwerke stimmten.

Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini will jetzt erneut ein Referendum zum Wiedereinstieg in die Atomenergie starten. Italien habe Nachbarländer, die Energie durch Kernkraftwerke erzeugen und damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber italienischen Unternehmen hätten, argumentiert er.