Ausland07. Mai 2010

Ist der Euro noch zu retten?

Brüssel/Berlin – Nach der Einigung auf die »Griechenland-Rettung« beginnt in der Eurogruppe der Streit über die Rettung der Euro-Stabilität. Auf dem Sondergipfel der Euro-Zone am heutigen Freitag in Brüssel will BRD-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Druck für eine weitreichende Reform machen. Für sie steht »Europa am Scheideweg« und ist dringend therapiebedürftig.

Nicht zuletzt wegen ihres hart kritisierten Zögerns in der Griechenland-Krise muß Merkel aber mit erheblichem Widerstand rechnen. Die hartnäckige Weigerung, früher einzuspringen, hat sie isoliert. Für ihren Vorstoß, Schuldensünder notfalls mit einem geordneten Insolvenzverfahren in die Pleite rutschen zu lassen, sind keine Verbündeten in Sicht.

Immerhin einigte sich Merkel gestern mit Präsident Nicolas Sarkozy auf eine gemeinsame Initiative, »um Ratingagenturen an die Leine zu legen«. Eine erst im November verabschiedete EU-Verordnung zur Überwachung soll schleunigst verschärft werden, schrieben Merkel und Sarkozy in einem Brief an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Ratspräsident Herman Van Rompuy.

In der Einschätzung, die Kreditgutachter hätten die Krise noch verschärft, sind sich Berlin, Brüssel und Paris einig. Aber schon bei der Frage, ob die EU eine eigene Rating-Agentur braucht, gehen die Positionen auseinander.
Die EU-Kommission will ein Auffangnetz für alle »Sorgenkinder« der Eurozone aufspannen. Er sehe »einen Vorzug in der Schaffung eines permanenten Mechanismus, um mit Störfällen umgehen zu können«, stellte Kommissionspräsident Barroso klar. Währungskommissar Olli Rehn will kommenden Mittwoch konkrete Vorschläge für einen derartigen Rettungsschirm präsentieren.

»Kern-Euro« als Plan B

Einen »Plan B zur Lösung der Griechenland-Krise« hat der Präsident des Instituts für Wirtschafsforschung Halle (IWH), Ulrich Blum, gefordert. Sollte das Rettungspaket aufgrund der massiven Proteste in der griechischen Bevölkerung scheitern, müßten die Regierungen der stabilen Euro-Länder über einen »nordischen Euro« oder »Kern-Euro« beraten, sagte Blum.

Wenn Portugal, Italien, Irland und Spanien auch noch gerettet werden müßten, würde dies die übrigen Staaten der Euro-Zone über eine Billion Euro kosten. »Das Geld haben wir nicht«, sagte Blum. Das Szenario eines »Kern-Euro« besitze zudem ein Drohpotenzial gegenüber den Pleitekandidaten.

Andere Auswege aus der Staaten-Krise sieht der Wissenschaftler nicht. Eine Inflation würde nach seinen Worten einen »Volksaufstand« in Deutschland hervorrufen, und der Austritt Athens aus der Euro-Zone sei auch keine Lösung: Ein Zurück zu den Drachme würde Blum zufolge eine Abwertung der Währung um 30 Prozent nach sich ziehen – damit könne Griechenland seine Schulden »erst recht nicht bedienen«.

Das von den Euro-Ländern auferlegte Sparprogramm für Griechenland bezeichnete Blum als »Keule«. Nötig seien vielmehr weitreichende Reformen: Griechenland habe eine falsche Wirtschaftsstruktur und müsse mehr exportieren als konsumieren.