Leitartikel13. Februar 2024

Zurück zu Helsinki

von Uli Brockmeyer

Unsere Welt gerät von Tag zu Tag immer mehr aus den Fugen. Politiker aus dem kollektiven Westen und die ihnen angeschlossenen Medien unternehmen buchstäblich alles, um die tobenden Kriege in der Ukraine und in Gaza, ebenso wie die anderen militärischen Konflikte am Laufen zu halten, uns immer mehr an den Rand eines wirklich großen Krieges zu manövrieren und uns gleichzeitig immer mehr Geld abzuverlangen zur Finanzierung einer mörderischen Aufrüstung.

Man muß kein Militärexperte sein, um zu erkennen, daß der Krieg in der Ukraine – begonnen vor zehn Jahren mit der »Anti-Terror-Operation« ukrainischer Milizen und Militäreinheiten gegen die widerspenstige Bevölkerung des Donbass – nicht militärisch zu gewinnen ist. Die großmäulig zuerst für das Frühjahr, dann für den Sommer angekündigte »Offensive« der ukrainischen Truppen war von Beginn an ein Desaster, der Ukraine geht die Munition aus, ihre Truppen bestehen immer mehr aus älteren Männern, die Sollstärke vieler Einheiten liegt bei etwa 30 Prozent. Korruption greift immer mehr um sich, ganze Lieferungen von Waffen, Munition und Ausrüstung aus dem Westen gelangen sofort auf den Schwarzmarkt. Von seinem neuen Militärchef kann der Präsident nicht viel mehr erwarten, als daß immer mehr Soldaten sinnlos verheizt werden.

Dennoch meint Herr Selenski, er könne Rußland eine bedingungslose Kapitulation abverlangen, denn nichts anderes ist sein »Friedensplan«. Noch schlimmer ist, daß zuständige Politiker des Westens meinen, sie könnten das Problem mit noch mehr Waffen, Munition und Geld lösen – auf Kosten der Steuerzahler und zum Nutzen der Rüstungskonzerne, Banken und anderer Kriegsgewinnler.

Ebenso tragisch ist die Lage im Nahen Osten. Israels Aggressionstruppen töten täglich mehr als hundert Menschen, die anschließend als »Terroristen« bezeichnet werden, also »legitime Ziele«. Sämtliche Warnungen werden in den Wind geschlagen, kaum ein Politiker im Westen widerspricht, wenn Israels Anführer ihren Völkermord weiterhin als »Selbstverteidigung« deklarieren.

Viel Lärm wird um den Mann gemacht, der möglicherweise in den USA zu Anfang des kommenden Jahres zum zweiten Mal Präsident werden könnte. Dessen Wahlkampfreden werden genüßlich verbreitet, denn sie dienen als »Begründung« für die gewaltigsten Rüstungspläne, die die Welt je gesehen hat. Die Antwort auf jede beliebige Krise in der Welt ist offenbar eine neue Runde der Aufrüstung. Im Leitartikel des »Luxemburger Wort« wird das allerdings als »Sicherheitsarchitektur« für »Europa« bezeichnet.

Wo bleiben eigentlich die Stimmen der Vernunft inmitten von all dem Irrsinn? Warum wird zugelassen, daß nicht nur der bescheidene Wohlstand in unserem Land nach und nach vor die Hunde geht, sondern zusätzlich auch unsere und die Zukunft unserer Kinder?

Ja, wir brauchen eine neue Sicherheitsarchitektur, aber nicht nur für Europa, sondern für die ganze Welt! Warum besinnen wir uns nicht auf den Helsinki-Prozeß in den 70er Jahren, bei dem es immerhin gelang, Repräsentanten der unterschiedlichen Lager an einen Tisch zu holen und ein weitgehend vernünftiges Vertragswerk zu vereinbaren?

Dringend notwendig wäre ein neues Helsinki, verbunden mit konkreten Vereinbarungen und Verpflichtungen, mit nachprüfbaren Maßnahmen zur Abrüstung, vor allem auf dem Gebiet der Atomwaffen. Deutlich weniger Waffen in allen Staaten könnten eine Grundlage für ein friedliches Zusammenleben bilden – und für eine Zukunft, die ihren Namen verdient.