Ausland04. Februar 2020

Chaos in Iowa

Nach den Vorwahlen der Demokratischen Partei gibt es nur »moralische Sieger«, aber eine Menge Verlierer

Verwirrung, Chaos, eine Katastrophe – mit solchen Begriffen bezeichneten die großen Mainstream-Medien die Caucus-Abstimmungen in Iowa. Denn der USA-Bundesstaat, der seit fast 50 Jahren als erster parteiinterne Vorwahlen vornimmt, stolperte am Montag in den Abendstunden von Wahlpanne zu Wahlpanne.

Normalerweise werden die Ergebnisse noch vor Mitternacht bekannt gegeben. Doch noch am Morgen danach herrschte Unklarheit darüber, weshalb die Führung der Demokratischen Partei in Iowa nicht in der Lage war, die weltweit verfolgte Konkurrenz nachvollziehbar zu machen. »Ungereimtheiten« habe es bei der Auszählung gegeben, hieß es in einer Erklärung der Partei. Angeblich gab es zahlreiche Probleme, als Wahlleiter der fast 1.700 Wahlbezirke versuchten, die Abstimmungsergebnisse zu übermitteln. Eine App, die dazu eingerichtet worden war, wies Mängel auf.

Die Abstimmung werde »später« im Laufe des Dienstag mit Hilfe von Fotos und handschriftlichen Notizen verifiziert und bekanntgegeben, kündigte die Partei an.
Nachdem die Kandidaten kurz vor Mitternacht über die Pannen informiert worden waren, traten sie in Iowa vor ihren Anhängern auf. Der selbsternannte »demokratische Sozialist« Bernie Sanders, der in Umfragen vorne lag, wiederholte nach einem Witz über die Panne seine politischen Grundsätze. Der »moderate Zentrist« Pete Buttigieg, dem ein gutes Ergebnis vorhergesagt wurde, stellte sich, obwohl keine Ergebnisse vorlagen, als Gewinner von Iowa dar. »Iowa, du hast die Nation geschockt. Denn nach allen Anzeichen fahren wir siegreich nach New Hampshire«, sagte der Ex-Bürgermeister eines Ortes aus dem Bundesstaat Indiana. Der frühere Vizepräsident Joe Biden beschwerte sich in einem Schreiben an den Landesverband der Demokratischen Partei über die Probleme und forderte, die Kampagnen müßten sich noch vor Bekanntgabe der offiziellen Ergebnisse äußern dürfen.

Das Sanders-Team veröffentlichte Ergebnisse, die es noch in der Nacht von der Hälfte der Wahlbezirke von eigenen Mitarbeitern erhalten hatte. Demnach siegte Sanders mit 29,7 Prozent, gefolgt von Buttigieg und der Senatorin Elizabeth Warren aus Massachusetts. Joe Biden landete an vierter Stelle mit nur 12,4 Prozent. Doch die Pannen dürften das spektakulär schlechte Abschneiden von Biden übertünchen und gleichzeitig die Schubkraft, mit der Sanders als der wahrscheinliche Sieger aus Iowa hervorgegangen wäre, mindern.

Die Iowa-Strategie von Sanders bestand in dem Versuch, so viele Wähler wie möglich zur Teilnahme an den Caucus-Abstimmungen zu bewegen und dabei insbesondere auf Nicht-Wähler und politisch Desillusionierte zuzugehen. Diese Herangehensweise scheint sich nach er­sten Aussagen von Parteifunktionären aber nicht ausgezahlt zu haben. Die Wahlbeteiligung in Iowa sei niedriger als vor vier Jahren gewesen, hieß es.

Verlierer in Iowa seien angesichts der Wahlpannen der Bundesstaat selbst sowie die Demokratische Partei, lauteten zahlreiche Kommentare. Dem Staat im Mittleren We­sten müsse das Privileg, als erster Vorwahlstaat alle paar Jahre im weltweiten Rampenlicht zu stehen, entzogen werden.

Als der wahre Sieger könnte sich Trump erweisen. Hämisch sprach das Weiße Haus von der »schlampigsten Vollkatastrophe der Geschichte«. Und weiter: »Sind das die Leute, die unser gesamtes Gesundheitssystem organisieren wollen?« Zudem wurde erwartet, daß am Mittwoch eine Senatsmehrheit das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump abschmettern und damit beenden würde.

Inzwischen zog die Karawane weiter nach New Hampshire zu Wahlkampfauftritten. Dort werden am kommenden Dienstag die nächsten Vorwahlen stattfinden.

Max Böhnel, Des Moines

Feiert sich als »Sieger von Iowa«: Pete Buttigieg, früherer Bürgermeister von South Bend, Indiana
(Foto: Win McNamee/Getty Images/AFP)