Das Problem mit den Rindviechern:
Grünlandverwerter gesünder ohne Kraftfutter
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam aus den USA die Unsitte nach Europa, Milchkühe zur Leistungssteigerung zusätzlich Mais und Soja zu fressen zu geben als Kraftfutter. Das hat tatsächlich zu mehr Milch pro Kuh geführt, allerdings hat sich das negativ auf den Gesundheitszustand der Wiederkäuer ausgewirkt. Der Landwirtschaft der USA eröffnete das einen Markt vor allem für Soja und nur kurze Zeit auch für Mais, der dann massiv direkt in Europa angebaut wurde. Leider ist das eine Humus abtragende Pflanze, und zwar bis zu 0,7 Millimeter pro Jahr wie uns ein ungarischer Biobauer verriet. Da die Humusschicht selten mehr als 30 Zentimeter ausmacht, sieht es dann nach 40 Jahren Maisanbau ganz schlecht aus!
Mais ist aber über den Humusabbau hinaus eine komplizierte Kultur, da sie anfangs nur langsam wächst. Die sogenannten Unkräuter sind schneller und riskieren, die Maispflänzchen zu ersticken, weswegen sie in der konventionellen Landwirtschaft chemisch niedergehalten werden, z.B. mit dem berühmt-berüchtigten Roundup, das in Ungarn weiter verboten ist. Aber es gibt ja noch andere Pestizide! Biolandwirte haben da ein Problem, da sie diese nicht einsetzen dürfen. Ist es aber zu naß, um mit Traktor und Striegel aufs Feld zu fahren, ist die Kultur verloren. Drum haben die meisten aufgehört, Mais anzubauen, womit sie sich dann auch die Sorgen sparen, daß der nur wächst, wenn er ständig gut bewässert wird.
Wenn der Regen ausbleibt, was diesen Sommer in Luxemburg nicht der Fall war, in Ungarn und der Slowakei aber schon, ist rasch Ende Gelände. Im österreichischen Burgendland behalf man sich dieses Jahr mit Bewässerung, wozu das Wasser dafür aus dem Grundwasser hochgepumpt wurde. In Ungarn und in der Slowakei verdorrten die Bestände total. Bei vielen war gar nichts mehr grün, womit dieser Mais, der auch keine Körner ausgebildet hatte, zum Totalverlust wurde. Er kann vielleicht noch dem Stroh beigemengt werden, auf das im Stall geschissen wird, oder er kann in großen Öfen mit verfeuert werden.
In unseren Gefilden hat sich von der Bio-Landbau-Universität Kassel die Information verbreitet, daß Rinder kein Kraftfutter brauchen, weil sie Grünlandverwerter sind. Das ist umso vorteilhafter, weil der Mensch mangels Pansen Gras nicht verdauen kann, das Dauergrünland sich aber nicht einfach in Ackerflächen verwandeln läßt. Als diese Weisheit zum ersten Mal nicht nur in Vorlesungen verbreitet wurde, sondern auch im Kuhstall praktische Anwendung fand, war es übrigens ein Luxemburger beteiligt, der darüber seine Diplomarbeit schrieb. Und siehe da, am Ende des Jahres war das Ergebnis, daß es wohl fünf Prozent weniger Milch gegeben hatte, aber 80 Prozent weniger Veterinärkosten und keine Ausgaben für den weggelassen Mais und das den Mais dann als Proteinquelle begleitende Soja da waren. Damit war der Kuhstall profitabel wie nie!
Als der Dippacher Biobauer Witry bekannt gab, den Maisanbau einzustellen, erkundigten wir uns, ob er Mais und Soja einfach weglasse oder ob er das durch etwas anderes ersetze und welche Konsequenzen das für die Milchleistung habe. Er verriet uns, er baue jetzt Kleegras an, was dem Boden aus der Luft Stickstoff zuführt, und das die Kühe besser verdauen können als Mais und Soja. Die Milchleistung sei nur unmerklich um ein halbes Prozent zurückgegangen, die Veterinärkosten um die Kasseler 80 Prozent, weswegen er wirtschaftlich jetzt viel besser dastehe.
Feldversuch in Lorentzweiler
Das hat sich wohl herumgesprochen, und nur noch die Biobauern, die Hühner oder Schweine züchten, brauchen weiter Mais. Deswegen wunderten wir uns, als wir unlängst von einem Feldversuch bei Lorentzweiler hörten, an dem auch die IBLA (Institut fir Biologesch Landwirtschaft an Agrarökologie Luxemburg) beteiligt ist. Dabei geht es einerseits um die Beimengung bei der Aussaat von Stangenbohnen, andererseits um das mechanische Striegeln mit und ohne Zusatzpestizid.
Ben Mangen, der dabei für die IBLA beteiligt ist, erklärte uns, man sei von der Stadt Luxemburg gefragt worden, ob man solche Projekte im Interesse des Wasserschutzes betreuen könne und man sehe darin eine Chance, auch konventionelle Bauern anzusprechen, die so in Kontakt mit biologischer Landwirtschaft kämen. Subventioniert wird das Projekt vom städtischen Wasserwerk und die Landwirtschaftskammer ist auch dabei. Wobei die Stadt Luxemburg die IBLA seit 2016 subventioniert und ab 2018 Pilotprojekte biologischer Landwirtschaft in Wasserschutzgebieten mit dem Institut angeleiert hat.
Ähnliche Projekte hat die IBLA zusammen mit dem »Service des Eaux Koerich« und der DEA im Ösling. Es geht dabei darum, Auswaschungen ins Grundwasser zu minimieren, indem eben weniger Pestizide und chemische Düngemittel eingesetzt werden, was zunächst einmal ein Eingeständnis ist, daß bei konventioneller Landwirtschaft es diese unerfreulichen Auswaschungen gibt.
In Lorentzweiler wurden bei der Aussaat ein Drittel Stangenboden und zwei Drittel Mais ausgesät, wobei sich die Stangenbohnen an den Maispflanzen emporranken. Beide Kulturen reifen gleichzeitig ab und können so problemlos geerntet werden, wobei die Bohnen dann das Protein liefern, das im Mais fehlt. Damit wird Soja überflüssig und die Kosten für den Ankauf fallen weg. Da die Stangenbohnen zu den Leguminosen gehören, bringen sie aus der Luft in den Boden Stickstoff, was den Humusverlust reduziert.
(wird fortgesetzt)