Leitartikel12. März 2009

Zehn Jahre NATO-Aggression gegen Jugoslawien

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Es war eine Zäsur in der Geschichte Europas, als die NATO vor zehn Jahren die Bundesrepublik Jugoslawien überfiel und das nach der Abspaltung Sloweniens, Kroatiens, Bosniens und Mazedoniens relativ kleine Balkanland von einer Luftstreitmacht bombardieren ließ, die in 78 Tagen und Nächten mehr Sprengstoff einsetzte als die Hitlerfaschisten während der vier Jahre des Zweiten Weltkriegs gegen das damals wesentlich größere Königreich Jugoslawien.

Um Opfer in den eigenen Reihen zu vermeiden, führte das westliche Militärbündnis seine gleichermaßen illegale wie brutale Aggression ausschließlich in Form von Terrorangriffen aus der Luft. Dabei kamen nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz mindestens 35.000 Geschosse mit abgereichertem Uran, international geächtete Cluster- und Splitterbomben sowie andere Spitzenprodukte US-amerikanischer und EU-europäischer Rüstungsschmieden zum Einsatz.

Der von der gleichgeschalteten Bürgerpresse als »humanitäre Intervention« verharmloste Krieg kostete Tausenden Männern und Frauen, Kindern und Greisen das Leben. Sie wurden in Kellern und auf Marktplätzen, in Schulen und Altenheimen, in Krankenhäusern und Zügen genauso ermordet, wie auf Brücken oder vor Betrieben, die sie in ihrer Verzweiflung mit ihrem eigenen Körper zu schützen versuchten.

Die gezielt bombardierte Strom-, Wasser und Wärmeversorgung brach in weiten Landesteilen zusammen; ganze Schlüsselindustrien wie Raffinerien, die Autowerke in Kragujevac, Chemische Werke in Novi Sad oder Pančevo wurden ausgelöscht. So wurden absichtlich die Lebensgrundlagen eines ganzen Volkes zerstört und den ganzen Balkan betreffende erhebliche und langandauernde Umweltschäden angerichtet. Auch die Botschaft der Volksrepublik China wurde angegriffen, vier ihrer Angestellten wurden getötet und fünf schwer verletzt.

Einige der schrecklichen Bilder der unter luxemburgischer Beteiligung begangenen Verbrechen sind auch nach zehn Jahren noch gegenwärtig. Etwa die pechschwarzen, kilometerhohen Rauchsäulen, die in Pancevo tagelang am Himmel standen, als in der größten Industriestadt Jugoslawiens Ölraffinerien, petrochemische Anlagen und Düngemittelfabriken bombardiert wurden, oder die verkohlten und zerfetzten Leichen auf den Straßen von Prizren und Djakovica, in den Wohngebieten von Aleksinac, Priština und Čupria, auf den Brücken von Novi Sad, Grdelica, Varvarin und vielen anderen Orten.

Heute muß man feststellen, daß die NATO einen Teil ihrer Kriegsziele erreicht hat. Mit zeitlicher Verzögerung wurde die Sozialistische Partei Serbiens von der Macht verdrängt, der jugoslawische Präsident Slobodan Milošević nach Den Haag verschleppt, der Kapitalismus auch in Serbien restauriert, Montenegro abgespalten und das Kosovo geraubt. Vor allem aber gelang es der NATO, die Balkanhalbinsel zu einem Sprungbrett zu den weiter östlich liegenden Öl- und Gasfeldern zu machen und die USA konnten mit »Camp Bondsteel« südlich von Pristina eine ihrer größten Militärbasen im Ausland errichten.

Doch das Ziel, der Welt die militärische Macht der NATO zu demonstrieren und alle Staaten, die der »Neuen Weltordnung« ablehnend gegenüberstehen, einzuschüchtern, wurde verfehlt. Trotz hundertfacher militärischer Überlegenheit wurde die Jugoslawische Armee nicht in die Knie gezwungen. Erst nach Jelzins Verrat zog sie sich – weitgehend intakt und auf einen Bodenkrieg vorbereitet – aus Kosovo zurück. Und auch Rußland ließ sich nur vorübergehend vom Balkan verdrängen, um unter Putin gestärkt zurückzukehren.

Oliver Wagner