»Eine Agenda aus Sabotage, Plünderung und Verrat«
Trump regiert unabhängig von der öffentlichen Meinung
Erst ein Achtel seiner Amtsperiode hat Donald Trump hinter sich. Allerdings hat der USA-Präsident bereits zahlreiche seiner innenpolitischen Wahlversprechen eingelöst: Migranten werden in Massen abgeschoben, Reiche erhalten Steuererleichterungen, der Staatsapparat wird verkleinert und von »linken« Ideen gesäubert.
In Umfragen allerdings schneiden der Präsident und die ihm treue Republikaner-Partei schlecht ab, die Zustimmungswerte fallen rasant. Doch hat Trump sich längst unabhängig von der öffentlichen Meinung gemacht. Denn er hat seine ersten Monate dazu genutzt, große Teile der Medien, des Justiz- und Verwaltungsapparats auf Linie zu bringen.
Die Umfragen so ziemlich aller Meinungsforschungsinstitute kommen zu einem eindeutigen Ergebnis: »disapprove« (ablehnend) und »wrong track« (auf dem Irrweg) lautet das Resumée der Bevölkerung, wenn sie gefragt wird nach der Regierungspolitik und der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung der USA. Trump und seine Politik erhalten dabei »disapprove«-Werte von 55 bis 60 Prozent, der republikanisch dominierte Kongreß fällt noch weiter ab. Der Präsident verfolge »eine Agenda aus Sabotage, Plünderung und Verrat«, schreibt das progressiv-liberalen Magazin »The New Republic«.
Entscheidende Rolle des Supreme Court
Allerdings ist zweifelhaft, ob sich aus der öffentlichen Meinung aussagekräftige Prognosen über die Zukunft des Landes ableiten lassen – schließlich nimmt der Autoritarismus in den USA zu. Dabei erhält Trumps Exekutive Rückendeckung von der Judikative. Jüngstes Beispiel ist eine Entscheidung des obersten Gerichts, des Supreme Court. Die Mehrheit der sechs konservativ bis rechtsextrem tendierenden Richter entschied Anfang dieser Woche, daß die Trump-Regierung mit der Auflösung des Bildungsministeriums fortfahren könne. Das Gericht machte dadurch den Weg frei für umfangreiche Entlassungen, ein Weg, den ein Bundesrichter bislang blockiert hatte. Die Entscheidung stützt die Strategie der Trump-Regierung, Bundesbehörden nach ihren Wünschen umzustrukturieren – unter Umgehung des Parlaments.
Auch der Einsatz des Militärs gegen Proteste in Los Angeles erfolgt nun mit richterlicher Zustimmung. Dort wehren sich immer mehr Menschen gegen die harte Abschiebepraxis der Regierung. Infolge der Proteste hatte Trump den Einsatz von 4.100 Nationalgardisten und 700 Marines angeordnet, die dort aufmarschierten – gegen den Widerstand von Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom und Bürgermeisterin Karen Bass. Die verurteilten den Einsatz als rechtswidrig, ebenso wie Bundesrichter Charles Breyer, der Trumps Machtanspruch scharf kritisierte.
Ein Berufungsgericht mit zwei von Trump ernannten Richtern entschied jedoch kurz darauf: Der Präsident darf ohne Zustimmung des Gouverneurs Truppen entsenden, und Gerichte hätten darüber nicht zu urteilen. Desweiteren billigte der Supreme Court in einem Urteil Trumps Vorgehen gegen das Geburtsortsprinzip, laut dem alle Personen, die auf US-amerikanischem Boden geboren werden, automatisch US-amerikanische Staatsbürger sind, unabhängig vom Aufenthaltsstatus ihrer Eltern. Einstweilige Verfügungen gegen Trumps Anordnung schränkte das oberste Gericht ein.
Die richterliche Rückendeckung ermöglicht damit »die Ausweitung der präsidentiellen Macht – zugunsten eines Präsidenten, der ohnehin eine maximalistische Auffassung von Exekutivmacht hat«, so das Online-Magazin »Politico«. Gestützt wird diese Macht auf ein weiteres folgenreiches Urteil des Supreme Court vom Sommer vergangenen Jahres. Es sichert dem Präsidenten weitgehende Immunität für amtliche Handlungen zu.
Unterhalb der Entscheidungen des Supreme Court regiert Trump seit sechs Monaten mit Hilfe von Dekreten, Drohungen und Einschüchterung. Bis dato handelt es sich um 170 präsidentielle Verfügungen, die meisten davon hatte er in den ersten Wochen nach seiner Amtsübernahme unterzeichnet. Sie waren während der vier Biden-Jahre systematisch vom rechten Thinktank Heritage Foundation entworfen worden und kulminierten im »Project 2025«. Sein Ziel: die politische Opposition mit einer Welle von Maßnahmen zu überrumpeln und den Staatsapparat autoritär umzubauen.
Auch die Medien knicken ein
Die Strategie hat Erfolg: Anwaltskanzleien und etliche Universitäten beugen sich mit wenigen Ausnahmen den Forderungen aus dem Weißen Haus. Auch immer mehr Medienkonzerne knicken vor Trump und den Republikanern ein. Mit Zahlungen von Millionen von Dollars versuchen die Konglomerate, Trumps Einschüchterungen und Klagen zuvor- oder entgegenzukommen – etwa der Sender CBS, der dem Entertainmentkonzern Paramount gehört, oder der Sender ABC des Disney-Konzerns.
Schon im Wahlkampf hatten sich die »Washington Post« – Eigentümer ist Amazon-Chef Jeff Bezos – und die »Los Angeles Times« in vorbeugendem Gehorsam geübt, indem sie auf die sonst üblichen Wahlempfehlungen verzichteten. Nach wie vor diffamiert Trump ihm nicht genehme Medien als »Volksfeinde«. Im Visier seiner Regierung und ihrer Zuträger im Kongreß stehen die halb-öffentlichen Rundfunk- und Fernsehprogramme NPR und PBS, denen die staatlichen Zuschüsse entzogen werden sollen.
Trumps Dekreten und Drohungen folgte am 4. Juli das folgenreichste Gesetzespaket seit Jahrzehnten: der Staatshaushalt, genannt »One Big Beautiful Bill Act« (OBBBA), mit dem Trump die staatlichen Gelder dorthin lenkt, wo er sie haben will. Zustande kam der Haushalt ohne Anhörungen von Experten und unter massivem Druck von Trump auf die Republikaner-Partei.
OBBA spiegelt die innenpolitische Agenda der radikalen Rechten wider: militärische Aufrüstung und der Ausbau der Zoll- und Immigrationsbehörde zur mit Abstand größten Polizei der USA. Dazu kommen dauerhafte Steuererleichterungen für die Reichsten und drastische Sozialkürzungen für die Armen. So ein Programm läßt sich tatsächlich nur autoritär durchsetzen