Ausland20. September 2022

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Gewerkschafter fordern Maßnahmen gegen die Teuerung

Massenprotest in Österreich

Österreichische Gewerkschafter haben am Samstag mit Demonstrationen in zahlreichen Städten des EU-Landes gegen die zunehmende Teuerung protestiert und weitere Maßnahmen für die Erhaltung der Kaufkraft der Beschäftigten gefordert. Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) gab die Zahl der Teilnehmer mit mehr als 32.000 an, die Polizei machte keine Angaben dazu.

»Die Teuerung ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen«, sagte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian bei einer Großkundgebung in Wien. Sowohl junge als auch alte Menschen hätten Sorge, wie sie sich ihr Leben finanzieren sollen. Bislang hat die Regierungskoalition zwischen der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und den Grünen zur »Abfederung der Inflation« verschiedene Einmalzahlungen beschlossen. Außerdem will die Regierung Strompreise stützen und Einkommensteuer-Stufen jährlich an die Inflationsrate anpassen. Die Absicht sei, »realen Lohnverlust zu vermeiden«, hieß es von Seiten der Regierung.

Der ÖGB fordert zusätzlich einen Preisdeckel für Heizkosten, eine vorübergehende Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel sowie eine Übergewinnsteuer für Energieunternehmen. Die Demonstrationen fanden kurz vor den jährlichen Lohnverhandlungen zwischen Unternehmen und Teilgewerkschaften statt, die am Montag beginnen.

Staatsbegräbnis

Das Staatsbegräbnis für Queen Elizabeth II. mit viel royalem Pomp und zahlreichen Gästen aus aller Welt hat massive Auswirkungen auf das normale Leben der Menschen in Britannien. Am Flughafen Heathrow wurden mehr als 100 Flüge abgesagt. Die Einflugschneisen führen über die Londoner Innenstadt oder das Schloß Windsor, wo am Abend die Beisetzung der Königin stattfand. Man wolle sichergehen, daß während der Zeremonie Stille herrsche, teilte der Airport mit. In London nahmen Hunderttausende Trauernde und Zuschauer an der Prozession durch die Hauptstadt teil.

Russische Erdölproduktion »schwierig zu ersetzen«

Schwere Folgen für Kaufkraft der Beschäftigten

Basel – Der Ersatz russischer Erdöllieferungen dürfte für die westliche Welt ein schwieriges Unterfangen werden. Zu dieser Einschätzung kommt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in ihrem am Montag veröffentlichten Quartalsbericht. Eine Begrenzung russischer Ölexporte dürfte mit starken und lang anhaltenden Preisanstiegen einhergehen, erwartet die BIZ. Zudem könnten sich Auswirkungen auf andere Bereiche wie die Lebensmittelpreise ergeben.

Ein grundsätzliches Problem sei der große Marktanteil der russischen Ölproduktion. Allein zehn Prozent aller weltweiten Erdölexporte entfielen auf Rußland, erläuterte die BIZ. Ein bedeutender Wegfall russischer Ölprodukte wäre daher ein großer negativer Schock für die Weltwirtschaft. Daß andere Produzenten ausreichende Kapazitäten hätten, um den Ausfall zu ersetzen, sei unwahrscheinlich. Zudem lägen die Investitionen in die Entdeckung und Nutzbarmachung neuer Ölquellen immer noch unter Vor-Corona-Niveau.

Zwar hält es die BIZ für vorstellbar, daß Preisanstiege von Rohöl durch den verstärkten Einsatz von Biokraftstoffen gedämpft werden könnten. Dies jedoch könnte wiederum die Preise verschiedener Grundnahrungsmittel steigen lassen, die für die Produktion von Biokraftstoffen benötigt werden. Solche Preisanstiege könnten sich dann auf andere Lebensmittelmärkte übertragen, beispielsweise von Mais auf Sojabohnen. Störungen auf den globalen Energiemärkten könnten damit zu einem Preisanstieg vieler landwirtschaftlicher Produkte führen, warnte die BIZ.

Proteste vor UNRWA-Hauptquartier in Gaza

Gaza – Wütende Palästinenser haben am Montag vor dem Hauptquartier des Palästinenserhilfswerks UNRWA Entschädigungszahlungen für Wohnungen gefordert, die während des Gaza-Kriegs 2014 von Israel zerstört worden waren.

Bei dem Krieg Israels gegen Palästinenser im Sommer 2014 waren mehr als 18.000 Häuser vollständig zerstört oder schwer beschädigt worden. Der Wiederaufbau verlief nur schleppend.

UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini hatte im vergangenen Monat von einer existenziellen Finanzkrise der Organisation gewarnt. UNRWA versorgt nach eigenen Angaben mehr als fünf Millionen Palästinenser – Menschen, die im Zuge des Nahostkriegs 1948 vertrieben wurden oder flüchteten, sowie ihre Nachkommen.

Israels Ex-Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte mehrfach gefordert, das Hilfswerk ganz abzuschaffen. Zur Begründung sagte er, die Organisation verewige das Problem der palästinensischen Flüchtlinge und »die Idee von einem Recht auf Rückkehr mit dem Ziel der Zerstörung des Staates Israel«.

Im Gazastreifen leben mehr als zwei Millionen Menschen unter prekären Bedingungen.

Konservativer erhält Sondierungsauftrag in Schweden

Stockholm – Der Konservative Ulf Kristersson darf sich nach der knappen Parlamentswahl in Schweden an der Regierungsbildung versuchen. Der Parlamentspräsident Andreas Norlén erteilte dem Parteivorsitzenden der Moderaten am Montag den Sondierungsauftrag, um die Möglichkeiten auszuloten, eine neue Regierung zu bilden.

Kristersson setzt als Moderaten-Chef auf eine knappe Mandatsmehrheit eines Vier-Parteien-Blocks. Zu diesem Lager zählen erstmals nach einer Wahl auch die einwanderungsfeindlichen Schwedendemokraten. Ob sich die vier Parteien auf eine Regierungsgrundlage einigen können, ist jedoch noch ebenso offen wie die künftige Rolle der Rechtspopulisten in solch einer Konstellation.

Das endgültige Ergebnis der Parlamentswahl in Schweden hat am Sonntag die knappe Mehrheit für das konservativ-rechte Lager sowie ein Rekordresultat der rechtspopulistischen Schwedendemokraten bestätigt. Der Vier-Parteien-Block des Konservativen Ulf Kristersson hat bei der Wahl am vergangenen Sonntag 176 Mandate errungen, das linksgerichtete Lager der bisherigen sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson 173.

Anderssons Sozialdemokraten werden wie erwartet mit 30,3 Prozent klar stärkste Partei. Zweite werden die Schwedendemokraten, die auf ein Rekordergebnis von 20,5 Prozent kommen und somit erstmals die Moderaten von Kristersson als zweitstärkste Parlamentskraft ablösen. Insgesamt schaffen es erneut acht Parteien in den Reichstag von Stockholm – vier davon bildeten das Lager von Andersson, vier den Block von Kristersson. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 84 Prozent.

Scholz reist nach Saudi-Arabien

Berlin – Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz reist am kommenden Wochenende nach Saudi-Arabien, Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate. In Saudi-Arabien wird er auch den Kronprinzen Mohammed bin Salman treffen, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. Der faktische Herrscher des Königreichs wird vom USA-Geheimdienst für den brutalen Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul vor vier Jahren verantwortlich gemacht.

Der Kronprinz war nach dem Mord zunächst international weitgehend isoliert. Ein Treffen mit USA-Präsident Joe Biden in Dschidda sowie eine Reise in die Europäische Union im Juli, bei der er unter anderem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris traf, haben »eine Normalisierung seiner Beziehungen zu westlichen Staats- und Regierungschefs eingeleitet«. Hebestreit sagte, man reihe sich in die vorangegangenen Besuche und Treffen ein.

Das absolutistisch regierte Königreich Saudi-Arabien steht wegen der Lage der Menschenrechte weiter in der Kritik. Saudi-Arabien wird zudem wegen seiner führenden Rolle im Jemen-Krieg kritisiert, wegen der die Bundesregierung einen weitgehenden Rüstungsexportstopp gegen das Land verhängt hat. Die saudische Luftwaffe bombardiert Stellungen der Huthi-Rebellen, die es als verlängerten Arm seines Erzfeindes Iran betrachtet. Bilanz von sieben Kriegsjahren sind 150.000 Todesopfer, darunter mehr als 14.000 Zivilisten, und eine humanitäre Katastrophe. Saudi-Arabien verteidigt sein Eingreifen in den Krieg damit, daß es von der legitimen jemenitischen Regierung zur Hilfe gerufen worden sei.

Deutsche Bundesbank erwartet Rezession und zweistellige Inflation

Frankfurt/Main – Die deutsche Wirtschaft steuert nach Einschätzung der Bundesbank auf einen längeren Konjunktureinbruch zu – bis ins kommende Jahr hinein. »Es mehren sich die Anzeichen für eine Rezession der deutschen Wirtschaft im Sinne eines deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgangs der Wirtschaftsleistung«, hieß es im am Montag veröffentlichten aktuellen Monatsbericht der Notenbank. Grund sei in erster Linie die gestörte Energieversorgung – angeblich »als Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine«.

»Die hohe Inflation und die Unsicherheit in Bezug auf die Energieversorgung und ihre Kosten beeinträchtigen dabei nicht nur die gas- und stromintensive Industrie sowie deren Exportgeschäfte und Investitionen, sondern auch den privaten Konsum und die davon abhängigen Dienstleister«, erläuterten die Ökonomen der Bundesbank. In den letzten drei Monaten des laufenden Jahres dürfte die Wirtschaftsleistung merklich zurückgehen. »Dies dürfte wohl auch für das erste Quartal des kommenden Jahres gelten.«

Die Menschen müssen sich nach Einschätzung der Notenbank in den nächsten Monaten auf zweistellige Inflationsraten einstellen. Die angekündigten Maßnahmen des jüngsten Entlastungspakets, etwa zur Gasumlage oder Strompreisbremse, würden sich wohl erst Anfang des nächsten Jahres in den Verbraucherpreisen niederschlagen.

Preissprünge bei Energie und steigende Lebensmittelpreise heizen die Teuerung seit Monaten an. Zuletzt näherte sich die Inflation aber wieder der 8-Prozent-Marke.

Biden will Taiwan »mit USA-Truppen verteidigen«

Washington – USA-Präsident Joe Biden hat Taiwan »im Falle eines chinesischen Angriffs« militärische Unterstützung auch durch USA-Truppen zugesichert. »Ja, wenn es tatsächlich zu einem noch nie da gewesenen Angriff käme«, sagte Biden in einem am Sonntagabend ausgestrahlten CBS-Interview auf die Frage: »Würden die USA-Streitkräfte die Insel verteidigen?«

Biden stellte sich in dem am Donnerstag aufgezeichneten Interview in der Sendung »60 Minutes« den Fragen von Scott Pelley. Dieser hakte noch einmal nach: »Also im Gegensatz zur Ukraine, um es klar zu sagen: USA-Streitkräfte (...) würden Taiwan im Falle einer chinesischen Invasion verteidigen?« Biden bejahte auch diese Frage.

Mit seinen Äußerungen geht Biden deutlich weiter als seine Vorgänger, die sich in »strategischer Zweideutigkeit« geübt und diese Frage offengelassen hatten.

Chinas Regierung übte scharfe Kritik. Die Äußerungen seien ein »schwerer Verstoß« gegen den »Ein-China-Grundsatz« und die Verpflichtungen, die die USA gegenüber Peking eingegangen seien, sagte die Sprecherin des Außenministeriums Mao Ning. Die USA-Seite schicke »das völlig falsche Signal« an die Unabhängigkeitskräfte in Taiwan. Niemand sollte die Entschlossenheit Pekings unterschätzen, seine Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen.

Kiew gegen Verhandlungen

Kiew – Die ukrainische Führung hat Verhandlungen »zum jetzigen Zeitpunkt« ausgeschlossen. »Kurz gesagt, der Verhandlungsprozeß an sich und ein persönliches Treffen der Präsidenten ergeben derzeit keinen Sinn«, sagte der externe Berater des ukrainischen Präsidentenbürochefs, Michajlo Podoljak, am Sonntag.

Verhandlungen seien also erst möglich, wenn sich die russischen Truppen von ukrainischem Gebiet zurückgezogen hätten. Dann könne über die Höhe der Reparationszahlungen und die Herausgabe von Kriegsverbrechern verhandelt werden, sagte Podoljak.


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