Ab 13. Januar für »enquêtes publiques«:
Neues Portal als eierlegende Wollmilchsau
In zahlreichen Gesetzen gibt es die Vorschrift einer Einbeziehung des Publikums vor der Entscheidung. Bisher findet diese Prozedur auf Papier statt, manches Mal sind Bürgerversammlungen abzuhalten. Als Corona-Ausnahmegesetzgebung dürfen diese derzeit als Video-Konferenzen übers Internet stattfinden.
Das hat offensichtlich die Verwaltungen und die Regierung auf den Geschmack gebracht. So hat das Digitalisierungsministerium nun ein Portal ausgearbeitet, um zu ermöglichen, daß künftig die Prozeduren allesamt digital ablaufen können.
Das, so Minister Marc Hansen gestern bei einer digitalen Pressekonferenz, erlaube dem Bürger einen besseren Zugang, weil der dann rund um die Uhr von überall möglich ist, wo es eine Internet-Verbindung gibt. Das auch am Wochenende und an Feiertagen! Es braucht also niemand mehr Urlaub zu nehmen, um während der Amtsstunden ein Dossier zu konsultieren oder auf eine Versammlung zu gehen.
Aber auch für die Verwaltung ist der digitale Weg eine Erleichterung, weil sie gleich alles im Computer hat und damit Eingabearbeiten entfallen. Wobei ihr zudem nicht mehr der Vorwurf gemacht werden könne, so Marc Hansen, sie lege die öffentliche Konsultation mit Absicht in die Urlaubszeit, um Einsprüche schwieriger zu machen. Denn auch Urlauber können, sogar aus dem fernen Ausland, über ein Internet-Portal in die Prozedur eingreifen, sobald sie eine Internet-Verbindung haben. Die mag es zwar nicht überall geben, aber es gibt sie immer öfter.
An dieser Adresse gibt es einstweilen noch nichts. Aber nächsten Mittwoch, den 13. Januar, beginnt dort für 60 Tage die öffentliche Konsultation des Nationalen Plans der Luftqualität. Dies parallel zum Papierweg, der jetzt und auch später bestehen bleibt.
Das was jetzt ab nächsten Mittwoch verfügbar wird, sind 15 von insgesamt 58 Prozeduren mit der Möglichkeit für Stellungnahmen der Bürger. Dabei ist der digitale Weg noch nicht in allen Gesetzen vorgesehen – zum Beispiel in der Kommodo-Gesetzgebung, die aber als erstes überarbeitet und total digitalisiert wird, das auch um sie zu beschleunigen.
Da und überall sonst soll es nach und nach möglich werden, übers digitale Portal zu fahren, ohne aber den Weg übers Papier abzuschaffen. Denn es sollen nicht jene ausgeschlossen werden, die sich mit Computern und Internet schwer tun. Das ist ausdrücklich zu begrüßen, schien es doch lange dafür nicht die nötige Einsicht in Regierung und Verwaltung zu geben. Wie negativ sich so eine Haltung für etliche auswirkt, können wir aktuell bei den Banken überdeutlich feststellen.
Es wird auf dem Portal die Möglichkeit geboten werden, sich auf Dossiers aufmerksam machen zu lassen auf Gebieten, die einen interessieren. Damit wird der Vorwurf ausgeschaltet, da sei etwas nicht ordnungsgemäß angekündigt worden, weshalb das übersehen worden sei. Wer diese neue Funktion nutzt, für den wird garantiert sichtbar, was er nicht übersehen möchte.
Wie Einspruch einlegen?
Wo im Gesetz steht, Einsprüche seien mit Einschreiben einzubringen, können einstweilen auf dem Portal bis zu einer entsprechenden Änderung nur die Informationen und Gutachten veröffentlicht werden. Wo es möglich ist, gibt es neben der weiterbestehenden Schriftform das Angebot, seine Eingabe übers Portal zu machen. Damit entfällt das Schlangestehen in der ständig reduzierten Zahl der Postämter.
Es gibt dann die Möglichkeit, mit Luxtrust und MyGuichet seine Eingabe in personalisiertem und gesichertem Modus über eine Maske einzugeben, aber auch die Möglichkeit, es ohne zu tun. Das ist allerdings nur interessant für Leute, die nicht über Luxtrust verfügen, weil das ihnen die Unterstützung der Maske nimmt, in der doch etliches vorformuliert angeboten ist.
Die Version, die ab 13.1. läuft, wird als Pilotprojekt bezeichnet, wird aber von Anfang an in den Sprachen Luxemburgisch, Französisch, Deutsch und Englisch angeboten. Versprochen ist eine Evaluation nach einem Jahr und eine ständige Ausweitung um weitere Prozeduren. Es wird aber sicher länger dauern, bis die digitale Möglichkeit in allen Gesetzen Eingang erhalten hat.
jmj