Kalte Dusche von Enovos
Energieversorger will Gaspreis ab Oktober massiv erhöhen. Grüner Ressortchef ruft zum Energiesparen auf
Nachdem der westliche Wirtschaftskrieg gegen Rußland zum Bumerang wurde, erneuern Regierungspolitiker in den NATO- und EU-Staaten ihre Appelle vor allem an die Privathaushalte, Energie – und insbesondere Gas – zu sparen. Es ist der Versuch, die Resultate ihrer Politik der vergangenen sechs Monate auf die Bevölkerung abzuwälzen und die offensichtliche Tatsache zu verschleiern, daß die Lage auf den westlichen Energiemärkten ohne die wegen des russischen Krieges in der Ukraine verhängten Wirtschaftssanktionen nicht derart angespannt wäre. Nicht »Putin« trägt Schuld an Gasknappheit und Preisexplosion, sondern die USA und die europäischen Unterstützer ihres vor Jahren begonnenen Aufmarsches gegen Rußland inklusive Ostexpansion der NATO.
Auch der grüne Ressortchef Claude Turmes erklärte am Dienstagmorgen auf Twitter, Enovos, der größte Energieversorger des Landes, habe am Morgen eine »deutliche Erhöhung des Gaspreises« ab dem 1. Oktober angekündigt, und auch andere Versorger würden wohl »solche Entscheidungen treffen müssen«. Turmes sieht also offenbar keine Alternative dazu, daß die Preissteigerungen für die Energieversorgung an die Bevölkerung weitergereicht werden. Vorschläge wie der des Vizepräsidenten des deutschen Parlaments Wolfgang Kubicki, die längst fertiggestellte Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 endlich zu öffnen, um die Gasversorgung EU-Europas zu verbessern, verfangen nicht bei hiesigen Regierungsmitgliedern.
Die rufen lieber, wie Turmes in seinem gestrigen Twitter-Eintrag, die Bevölkerung zum Energiesparen auf und verweisen auf Internetseiten wie http://energie-spueren.lu, wo man »über verschiedene Möglichkeiten informiert wird, die Ihnen helfen, Ihren Gasverbrauch weiter zu reduzieren«. Wie lächerlich solche Vorschläge sind, sieht man, wenn man den Versuch unternimmt, seinen privaten Gasverbrauch mal eben zu halbieren, um die ab Oktober angekündigte Preiserhöhung zu kompensieren. Denn Enovos hat zum Beispiel angekündigt, den Preis für Naturgas von rund 83 Cent pro Kubikmeter im Januar auf rund 1,58 Euro ab Oktober fast zu verdoppeln.
Und es ist unwahrscheinlich, daß es bei der Verdoppelung bleiben wird. So hat der Chef von Enovos Luxembourg, Eric von Scholz, bereits gegenüber dem Bistumsblatt erklärt, je nachdem wie schnell das mittlerweile eingekaufte Erdgas wieder verbraucht sei, müsse das Unternehmen eine weitere »Anpassung« des Gaspreises für seine Endkunden vornehmen.
Ende nächster Woche kommen die Energieminister der EU-Staaten zu einer weiteren Krisensitzung zusammen. Wie die tschechische Ratspräsidentschaft erklärte, sollen auf dem Treffen »regulative« Sofortmaßnahmen gegen den rasanten Anstieg der Elektrizitäts- und Gaspreise beraten und möglichst auch beschlossen werden. Die einzelnen Mitgliedstaaten seien nicht in der Lage, die steigenden Energiepreise mit individuellen Maßnahmen zu schultern, erklärte der tschechische Premier Petr Fiala via Twitter. Es müsse schnell etwas auf EU-Ebene unternommen werden.