Massiver Sozialabbau in Italien
Brosamen im Haushalt 2024 sollen verdecken, daß die Sozialausgaben weiter gesenkt werden
Am Haushalt für 2024, den die Regierung der faschistischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni noch zum Jahresende mit der Mehrheit ihrer Koalition im Parlament durchgebracht hat, gibt es massive Kritik seitens der Gewerkschaften.
Geringe Steuersenkungen und einige finanzielle Maßnahmen zur Förderung der Familien können nicht verdecken, daß die Sozialausgaben weiter gesenkt werden, stellte die CGIL, mit 5,4 Millionen Mitgliedern stärkste der drei großen Gewerkschaften, auf ihrer Online-Plattform »Colletiva« fest. Im sozialen Bereich werden von dem 28 Milliarden-Euro-Budget gerademal 2,13 Milliarden an »Boni«, also Zuwendungen an die tatsächlich Bedürftigen vergeben. Davon erhalten laut der staatlichen Nachrichtenagentur ANSA 800.000 berufstätige Mütter einen »Bonus«, der ihnen aber nicht ausgezahlt wird, sondern den sie in Form einer entwürdigenden »Einkaufskarte« erhalten, mit dem sie Lebensmittel kaufen und Grundbedürfnisse in Anspruch nehmen können. Für diesen Posten werden gerade einmal 570 Millionen Euro bereitgestellt.
Personen, denen die Kategorie der »Einkommensunterstützenden Maßnahmen« (ISEE) zuerkannt wird, erhalten 60 Euro für den Kauf von Dauerkarten für den öffentlichen Nahverkehr und für den Schienenverkehr, was Fördermittel in Höhe von 600 Millionen Euro ausmacht. Rentnern und Geringverdienern werden weniger Steuern versprochen, so sollen die zwei niedrigsten Einkommenssteuersätze zusammengelegt und von 25 auf 23 Prozent gesenkt werden. Rentner und Frauen mit mindestens zwei Kindern sollen steuerlich bessergestellt werden. Kindergartenplätze, von denen es gar keine genügende Zahl gibt, sollen ab dem zweiten Kind kostenlos sein.
Die Auswirkungen dieser Brosamen sind laut dem linken »Manifesto« »gleich Null«, denn die Sozialausgaben werden insgesamt in Wirklichkeit gekürzt. Ein vernichtendes Urteil fällt die CGIL: »Armut und Lücken nehmen zu, das Gesundheitswesen und die öffentliche Bildung sind nicht in der Lage, die ihnen in der Verfassung übertragenen Aufgaben zu erfüllen«. Die Kürzungen bei der Sozialhilfe treffen unweigerlich diejenigen, die die Schwächsten sind, erklärt die Gewerkschaft.
Die Präsidentin des »Forums für Armut, Sozialhilfe und Gesundheitsversorgung für Notfälle«, Vanessa Pallucchi, führt an, daß nach den neuesten Angaben des staatlichen Statistikamtes Istat die Zahl der in absoluter Armut lebenden Italiener weiter zunimmt.
Die 50 Millionen Euro, die das Gesundheitswesen erhält, nennt die Expertin »eine völlig unzureichende Summe«. Unternehmern, die bisher den Arbeitern ordentliche Tarifverträge verweigern, wird dagegen ein Zuschuß von 20 Prozent zur zusätzlichen Lohnsumme zugeschanzt, wenn sie bei Einstellungen Dauerverträge abschließen, wofür rund 1,3 Milliarden Euro bereitgestellt werden.
2024 werde ein schwieriges Jahr für Familien. Die galoppierende Inflation, allgemeine Erhöhungen, höhere Rechnungen, Kürzungen bei Sozialhilfe sowie seit dreißig Jahren stagnierende Löhne werden die Italiener und insbesondere den ärmeren Teil der Bevölkerung in die Knie zwingen, schreibt die CGIL-Plattform »Collettiva« mit Bezug auf den Istat-Bericht, nach dem 2023 mehr als 2,18 Millionen Haushalte und über 5,6 Millionen Menschen in absoluter Armut lebten, was 9,7 Prozent der Bevölkerung entspricht – nach 9,1 Prozent im Jahr 2021.
Die Verbraucherpreise stiegen 2023 stiegen um 5,7 Prozent, 2022 waren es 8,1 Prozent. Ein Haushalt mit zwei Kindern gab 1.608 Euro mehr aus als 2022, diejenigen mit einem Kind mußten 1.467 Euro zusätzlich aufbringen, kinderreiche Familien mußten nach Zählungen der Verbraucherzentralen einen Verlust von durchschnittlich 1.812 Euro hinnehmen.
2024 werde es noch teurer werden. Nach Berechnungen des nationalen Observatoriums Federconsumatori muß eine durchschnittliche Familie mit weiteren Mehrausgaben in Höhe von 1.011 Euro im neuen Jahr rechnen. Der Anstieg wird vor allem verursacht von zu erwartenden höheren Energiepreisen (+6,9 Prozent) sowie höheren Preisen für Lebensmittel, Transport, Kfz-Versicherung, Wasser, Abfallentsorgung und steigenden lokalen Steuern.
Wie schon im vergangenen Jahr ist es auch beim Haushalt für 2024 eine Stunde der Wahrheit. Den in ihrem Wahlkampf hatte Giorgia Meloni mit ihren faschistischen Koalitionspartnern den arbeitenden Menschen das Blaue vom Himmel versprochen: Den Rentnern die Verdoppelung ihrer Mindestrenten von bisher rund 500 Euro, und den gleichen Betrag für Mütter und Hausfrauen. Das inzwischen abgeschaffte »Reddito di Cittadinanza«, das »Bürgereinkommen«, sollte für alle Bedürftigen verwirklicht werden. Davon blieb nichts mehr übrig. Angesichts der Zustimmung der EU-Kommission zu ihrer arbeiter- und menschenfeindlichen Politik kümmert das die kaltschnäuzige Meloni in keiner Weise.
Im Gegenteil setzt sie zu Jahresbeginn gleich noch an, die Instrumente der Repression und der Kontrolle der Medien weiter zu schärfen. Jüngster Coup ist, daß sie eine »Verlagsreform« plant, die die Informationsquellen der Medien unter Kontrolle stellen soll. Dazu behauptet der Präsident einer in ihrer Partei Fratelli d’Italia (FdI) extra dazu geschaffenen »Kultur- und Verlagskommission«, der Abgeordnete Federico Mollicone, daß Nachrichten oft »Fake News« seien und die Zuverlässigkeit der Quellen und der Wahrheitsgehalt der Informationen kontrolliert, und geprüft werden müsse, woher die Informationen stammen. um »Fake News« zu bekämpfen.
Der sozialdemokratische Partito Democratico (PD) hat die geplante »Reform« entschieden zurückgewiesen. Ihr Informationsexperte Sandro Ruotolo, erklärt, das bedeute, ein »Ministerium für faschistische Propaganda« einzurichten, was sich gegen den »garantierten Pluralismus der freien Informationen« richte und »nach Zensur stinkt«.