Hat die »faule Generation Z« doch recht?
Forscher von der Universität Melbourne in Australien haben bereits vor Jahren herausgefunden, daß mehr als 25 Stunden Erwerbsarbeit pro Woche an die Substanz gehen können. Zumindest bei Beschäftigten ab dem 40. Lebensjahr habe man deutlich eine Leistungsgrenze bei dieser Stundenanzahl feststellen können, hieß es in einem Bericht dazu. Mit jeder weiteren Arbeitsstunde seien die kognitiven Fähigkeiten, wie Konzentration, Aufmerksamkeit, Erinnerung, Lernen, Problemlösung und Kreativität deutlich gesunken. Wissenschaftler aus Skandinavien stießen später ins selbe Horn. Dies deute, so die Forscher, darauf hin, daß eine Form der Teilzeitarbeit besser mit den menschlichen Bedürfnissen vereinbar sei. Gemeint sind hier nicht die für Lohnabhängige unvorteilhaften gängigen Formen von Teilzeit, sondern eine ganz andere Struktur der Wochenarbeitszeit.
Interessant ist diese Studie nicht nur im Zusammenhang mit der Diskussion um neue Ausweitungen der Wochenarbeitszeiten, sondern auch, wenn es um die sogenannte »digitale Revolution« geht, von der die Rede ist. Als »dritte industrielle Revolution« von der Wirtschaft gefeiert, soll sie dafür sorgen, daß es künftig keine Lohnabhängigkeit und flexiblere Arbeitsbedingungen geben soll. Man weiß, wenn die Industrie in solchen Tönen flötet, daß Obacht geboten ist, zumal keine der bisherigen industriellen Revolutionen ohne langwierige soziale Kämpfe irgendeinen Nutzen für die arbeitenden Massen mit sich gebracht hat.
Die bereits jetzt fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung bringt Flexibilisierung und Produktivitätssteigerung zugunsten der Wirtschaft, während die Menschen an den Computern und Maschinen unter Arbeitsverdichtung leiden. Es ist wie immer: Alle Vorteile aus dieser Produktivitätssteigerung sind allein zum Vorteil einer Minorität, während die Mehrheit zum stagnierenden Lohn auch noch die entstandenen Kosten trägt. Viele Menschen denken vermutlich auch deshalb vorrangig schlecht über den technischen Fortschritt, weil das gesellschaftliche Denken über Arbeit und Leben mit modernen Möglichkeiten nicht Schritt hält oder halten will.
Um den technischen Fortschritt aus Sicht der Lohnabhängigen in erträgliche Bahnen zu leiten, braucht es entsprechende gesetzliche Grundlagen, die soziale Mindeststandards garantieren, wie Mitbestimmung bei der Technologisierung im Betrieb, bei der Neuausrichtung der Arbeitszeiten oder beim Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.
Ein Problem wird vermutlich die weitere Deregulierung der Arbeitszeiten sein, die bereits begonnen hat. Wenn die Patronatsvertreter regelmäßig jammern, eine reale Arbeitszeitverkürzung sei nicht machbar, dann reden ihnen erschreckend viele Lohnabhängige nach dem Munde, weil sie sich mit der Sache nicht auseinandersetzen und Arbeitszeitverkürzung mit Lohnkürzung gleichsetzen, so wie ihre Chefs es wollen.
Es sollte deutlich werden, daß Arbeitszeit ein Teil Lebenszeit ist, die nicht frei bestimmt werden kann und entsprechend honoriert werden muß. Gerade in Zeiten, wo neue Technologien der seit dem letzten Weltkrieg ohnehin massiv gestiegenen Produktivität neuen Schub geben, ist ein Prekariat nicht mehr akzeptabel, und eine 40-Stundenwoche schon gar nicht. Die Jugend von heute hat dies in großen Teilen bereits begriffen und wird dafür immer wieder als »arbeitsfaule GenZ« verschrien. Daher darf die langfristige Perspektive aus gewerkschaftlicher Sicht nicht sein, den Status Quo zu verteidigen, wie Löcher in einem Boot zu flicken, sondern eindeutige Forderungen zur konkreten Modernisierung der Arbeitswelt zu stellen, auch im Interesse der kommenden Generationen.