Wer soll das bezahlen?
Beim von der CSV/DP-Regierung uneingeschränkt mitgetragenen Megaprojekt »Rearm Europe«, dem NATO- und EU-Programm zur »Wiederaufrüstung Europas«, stellen sich dem nüchternen Betrachter viele Fragen. Zum Beispiel, wie viel Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung im Militärbudget landen. Noch vor wenigen Monaten schienen zwei Prozent ausreichend, warum ist das jetzt angeblich nicht mehr genug? Warum fünf und nicht gleich zehn Prozent?
Noch wichtiger als die relative Höhe des Aufrüstungsprogramms ist die Frage, auf wessen Kosten aufgerüstet wird. Dazu wurde die Ressortchefin gestern im Seite-1-Aufmacher des Bistumsblatts mit der Aussage zitiert, sie halte »verantwortbare« neue Staatsschulden, die jedenfalls unter keinen Umständen das »Triple-A-Rating« des Landes bei Moody's, S&P und Fitch gefährden sollten, für angebracht.
Die französische Regierung ist da ein wenig transparenter. Hatte Präsident Macron am Vorabend des Nationalfeiertags angekündigt, das Militärbudget, das im kommenden Jahr eigentlich gekürzt werden sollte, werde bereits bis 2027 auf 64 Milliarden Euro verdoppelt (im Vergleich zu 2017), so machte sein Premier Bayrou dann am Dienstag bei der Vorstellung der Grundzüge des von seiner Regierung für 2026 geplanten Staatsbudgets deutlich, wer diese Rekordaufrüstung bezahlen soll.
Im kommenden Jahr, so Bayrou, werde Frankreich »mit gutem Beispiel vorangehen« und im Staatsbudget 43,8 Milliarden Euro »einsparen«. Dieser Betrag entspricht also ungefähr zwei Dritteln des Militärbudgets. So könne das Defizit des französischen Staates von derzeit 5,8 zunächst auf unter 4,6 Prozent der Wirtschaftsleistung gesenkt werden. Spätestens 2030 werde Frankreich dann wieder ins Austeritätskorsett der EU passen, nach dem das Staatsdefizit nicht mehr als drei Prozent der Wirtschaftsleistung betragen darf.
Um dies zu erreichen, will die französische Regierung die öffentlichen Ausgaben mit Ausnahme des Militärbudgets »begrenzen«, kündigte der Premier an. Dieser Sozialkahlschlag, so ein weiterer Vorschlag Bayrous, solle mit der Streichung zweier gesetzlicher Feiertage für die Lohnabhängigen einhergehen. Konkret nannte er den Ostermontag und den 8. Mai, der in Frankreich nicht nur der offizielle Gedenktag zum Ende des Zweiten Weltkriegs, sondern auch der Tag des Friedens ist.
Weiter stellt sich bei »Rearm Europe« die Frage, ob es bei der Aufrüstung – bei der für die NATO laut ihrem Generalsekretär weitreichende Raketen, militärische Logistik und »große Landmanöverformationen« höchste Priorität haben – tatsächlich um Verteidigung geht. Soll zum Beispiel das Territorium Luxemburgs verteidigt werden? Bevor Rußland in Luxemburg einmarschieren könnte, müßten russische Truppen erst Polen und dann auch noch Deutschland durchqueren, so daß das Konzept der Territorialverteidigung aus der Zeit gefallen scheint.
Die Geschichte zeigt: Kriege und Aufrüstung werden nicht von oben gestoppt, sondern von denen, die für die Aufrüstung die Zeche zahlen und die im Krieg als erste leiden müssen. Krieg und Hochrüstung liegen nicht im Interesse der Lohnabhängigen und Armen. Die soziale Krise und die fortschreitende Militarisierung sind zwei Seiten der kapitalistischen Medaille.