Völkerrecht verträgt keine Zweideutigkeit
Kuba schließt sich der Klage Südafrikas gegen Israel an
Am 10. Januar 2025 ging auf der Prozeß-Registratur des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag eine 52-seitige Beitrittserklärung der Republik Kuba ein. Kuba unterstützt damit als Streitgenosse die am 29. Dezember 2023 eingereichte Klage Südafrikas zur Bestrafung Israels wegen fortgesetzter Verletzung der Genfer Konvention gegen Völkermord.
Neben Ausführungen zur Beweislage beschäftigt sich die Interventionsschrift im Schwerpunkt mit der völkerrechtlichen Einstufung von Vertreibung, Apartheid, Besatzungsregime und Unterbindung medizinischer Hilfe als eigenständig zu ahndenden Völkerrechtsverbrechen. Die Liste der Anklagepunkte wird länger.
Das Völkerrecht könne sich keine Zweideutigkeiten und Halbwahrheiten angesichts des Todes von über 44.000 Menschen und der Vertreibung Hunderttausender erlauben. Noch immer sorgten die USA dafür, daß das Völkerrecht global nicht konsequent durchgesetzt werden könne. In einer am 13. Januar über »Radio Havanna« ausgestrahlten Regierungserklärung heißt es, daß Israel bisher weitgehend ohne Sanktionen davon gekommen ist, sei »eine direkte Folge der Komplizenschaft der aufeinanderfolgenden Regierungen der USA, die wiederholt jede Aktion der internationalen Gemeinschaft und des UNO-Sicherheitsrates blockieren« und so »Frieden, Sicherheit und Stabilität im Nahen Osten und auf der ganzen Welt untergraben«.
Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel sicherte dem palästinensischen Volk die uneingeschränkte Unterstützung im Kampf für gerechte Verhältnisse zu. In einer Erklärung der kubanischen Botschaft wird darauf hingewiesen, daß ein Ausbleiben der Bestrafung Israels die »Glaubwürdigkeit des Rechtssystems« – dessen Instanz der Gerichtshof in Den Haag ist – ernstlich beschädigen würde. Kuba verurteile »erneut aufs Schärfste die Tötung von Zivilisten, darunter Frauen, Kinder, ältere Menschen und humanitäre Helfer des UNO-Systems«.
Mittlerweile haben 34 Staaten und Staatenbünde ihre Unterstützung für die Klage Südafrikas verbindlich erklärt, 14 davon mit eigenen Schriftsätzen und Beweisanträgen. Zuletzt sind Irland (am 12. Dezember), Bolivien, die Malediven, Chile, die Türkei und am 28. Juni vergangenen Jahres Spanien dem laufenden Verfahren als Streitgenossen Südafrikas beigetreten. Die Front der Unterstützer Israels blieb dagegen außerordentlich überschaubar, eine Handvoll NATO-Mitglieder und Paraguay. In Deutschland, das sich international ansonsten gern als Hort der Werte und Menschenrechte gibt, ist der anfänglich proisraelische Enthusiasmus gewichen. Dies hängt zweifellos damit zusammen, daß die Republik Nicaragua Deutschland wegen seiner Waffenlieferungen vor dem Den-Haager Gericht wegen Beihilfe zum Genozid verklagt hat. Seither sind die Verfechter der »Staatsräson«, mittlerweile international isoliert, schmallippig geworden.
Unterdessen geht das Verfahren gegen Israel weiter. Nach bisher vier Verhandlungstagen im vergangenen Jahr und einem Disziplinierungsbeschluß gegen Israel am 24. Mai 2024 warten die Richter in Den Haag gegenwärtig noch die Auswertung mehrerer Berichte von UNO-Beauftragten über die Lage in Gaza ab. Eine Entscheidung ist nicht vor Sommer zu erwarten.