»Afrika als Gastankstelle«
Polizeigewalt gegen Demonstranten bei der »European Gas Conference« in Wien
Von den »Qualitätsmedien« weitgehend unbeachtet, fand vom 27. bis 29. März im Wiener Marriott-Hotel die »European Gas Conference« statt. Bei dieser geradezu klandestin vorbereiteten Veranstaltung trafen Hunderte führende Manager transnationaler Gaskonzerne auf Vertreter der EU-Kommission sowie verschiedener österreichischer und US-amerikanischer Ministerien. Besprochen wurden Perspektiven für die Gasbranche, vor allem mit Blick auf Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Laut Tagesordnung ging es unter anderem um die Sicherstellung der Gasversorgung des Kontinents durch aus Nordamerika, dem Nahen Osten oder Afrika herbeigeholtes Flüssigerdgas.
Gegen die Konferenz wurde in Wien lautstark protestiert. Mit dabei war auch die von zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Afrika getragene Kampagne »Don’t Gas Africa« (DGA). Deren Vertreterinnen und Vertreter waren nach Wien gereist, um darauf aufmerksam zu machen, daß auf der Gaskonferenz mal wieder der reiche Westen über die extraktive Aufteilung des Kontinents diskutiert, ohne daß die Menschen dort mitreden dürften. »Das ist Neokolonialismus«, erklärte Dean Bhebe, ein Sprecher der DGA-Kampagne. »Wir sind es aber leid, daß Afrika von Europa als Gastankstelle mißbraucht wird.«
Ein Unternehmen, das vom neokolonialen Gasrausch in Afrika zu profitieren gedenkt, ist die österreichische OMV, eine wichtige Sponsorin der Konferenz in Wien. Am Dienstag statteten Hunderte Aktivistinnen und Aktivisten der OMV-Raffinerie im nahe Wien gelegenen Schwechat einen Besuch ab, blockierten den Eingangsbereich sowie Bahngleise. Vom frühen Vormittag bis zum späten Nachmittag kam dort nichts mehr hinein oder heraus.
Am Montag war bereits die Wiener Ringstraße vor dem Eingangsbereich des Marriot-Hotels stundenlang blockiert worden. Hier kam es nach einem heftigen Pfeffersprayeinsatz der Polizei zu Massenverhaftungen. Laut Angaben der Wiener Staatsanwaltschaft wurden von der Polizei 158 Anzeigen wegen »schwerer gemeinschaftlicher Gewalt« gestellt, »die allermeisten davon gegen Unbekannt«, so eine Sprecherin.
Am Dienstagabend schließlich zogen bis zu 7.000 Demonstranten durch die Wiener Innenstadt. Mit Sprechchören, Transparenten und Plakaten forderten sie unter anderem die demokratische Vergesellschaftung der OMV sowie einen Ausstieg aus der Energieproduktion aus fossilen Ressourcen. Angeführt wurde die Demonstration von einem dekolonialen Block, in dem auch die »Don’t Gas Africa«-Aktivisten liefen.
Der österreichische Staat begegnete den Demonstranten mit offener Feindseligkeit. Aus dem ganzen Bundesgebiet waren Polizeieinheiten zusammengezogen worden, die die Demonstration durchgängig behelmt und vermummt begleiteten. Vor dem Marriott-Hotel wurde die Demo von den beiden Wasserwerfern der Wiener Polizei sowie Hundestaffeln begrüßt. Auch hier gab es einen Pfeffersprayeinsatz gegen Demonstrierende.
»Mit welchen Mitteln der Protest gegen diese Gaskonferenz verhindert werden soll, ist schockierend«, so »Block Gas«-Sprecher Anselm Schindler. Dabei seien die »fossilen Konzerne« die Verbrecher: »Der Konzern Total wurde für Korruption, Veruntreuung und Umweltzerstörung verurteilt, und Shell war im Nigerdelta mitverantwortlich für unzählige Verbrechen.«
Und wie es sich für Kriminelle gehört, versuchten die Veranstalter, den Konferenzort bis zuletzt geheimzuhalten. Es hat ihnen nichts genützt. Selbst das für Dienstagabend anberaumte Galadinner wurde durch Aktivisten gestört, die etwa Schilder mit der Aufschrift »Don’t Gas Africa« und »At What Cost?« in die Höhe hielten.