Ausland15. Februar 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

»Stoppt den Völkermord!«

Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen sind binnen 24 Stunden 103 Palästinenser getötet und weitere 145 Menschen verletzt worden, meldeten die Gesundheitsbehörden am Mittwochvormittag. Seit dem 7. Oktober wurden insgesamt 28.576 Einwohner des Küstenstreifens getötet und 68.291 verletzt. Bei der Zahl der Toten handelt es sich »nur« um die eindeutig registrierten Opfer. Die Behörden gehen davon aus, daß sehr viele Opfer unter den Trümmern der von Israel bombardierten und zerschossenen Gebäude bisher nicht gefunden werden konnten.

Besonders heftige Angriffe toben seit Wochen im Süden des Gazastreifens. In Chan Junis stand weiterhin das Nasser-Krankenhaus unter Beschuß, in dem viele Menschen Schutz vor den Angriffen gesucht hatten. Die israelische Militärführung behauptet, die Soldaten würden »weiterhin im Einklang mit dem Völkerrecht gegen die Terrororganisation Hamas vorgehen, die sich zynischerweise in Krankenhäusern und ziviler Infrastruktur einnistet«. Eine neue Verhandlungsrunde über eine Feuerpause hat bisher noch keinen Durchbruch gebracht. Israels Generalstabschef Herzi Halevi hat ein baldiges Ende des Kriegs ausgeschlossen. »Unsere militärischen Ergebnisse sind hervorragend«, sagte er am Dienstagabend auf einer Pressekonferenz.

Vor dem Kriegsministerium in Tele Aviv forderte am Dienstagabend eine Gruppe Israelis eine Waffenruhe und die Beendigung der Angriffe auf die Stadt Rafah.

Sarkozy verurteilt

Ex-Präsident Nicolas Sarkozy legt vor dem Kassationsgericht Revision gegen seine Verurteilung durch ein Berufungsgericht ein. Zuvor war der 69-jährige Sarkozy in der Affäre um überhöhte Wahlkampfkosten zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt worden, davon sechs Monate auf Bewährung. Die Haft hätte er nicht im Gefängnis absitzen müssen. Das Strafmaß war milder als in erster Instanz. Vor mehr als zwei Jahren war Sarkozy zu einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Der Vollzug der Strafe wird wegen der Revision vorerst ausgesetzt. Es geht um die letztlich gescheiterte Wiederwahl Sarkozys zum Präsidenten 2012. Sarkozys Team überschritt laut Gericht die gedeckelten Wahlkampfkosten mindestens um rund 20 Millionen Euro. Um die Mehrausgaben zu vertuschen, seien Ausgaben durch ein System fiktiver Rechnungen von seiner Partei UMP – inzwischen in Les Républicains umbenannt – getarnt worden.

380 Milliarden Dollar für Rüstung und Krieg

Beispielloser Anstieg der Militärausgaben in der NATO

Brüssel – Die NATO hat im vergangenen Jahr einen massiven Anstieg der Militärausgaben registriert. Die Ausgaben der europäischen Mitgliedstaaten und Kanadas seien 2023 um elf Prozent erhöht worden, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch in Brüssel. Dies sei beispiellos.

Er gehe davon aus, daß in diesem Jahr insgesamt 18 der 31 Mitgliedstaaten das »NATO-Ziel« erreichten, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für militärische Zwecke auszugeben, sagte Stoltenberg. Das seien sechsmal so viele wie 2014. »2024 werden Alliierte in Europa zusammen 380 Milliarden US-Dollar in Verteidigung investieren«, sagte er. Die entspreche zwei Prozent des prognostizierten gemeinschaftlichen Bruttoinlandsproduktes der Länder.

Über die Entwicklung der Militärausgaben der NATO-Staaten soll am heutigen Donnerstag bei einem Ministertreffen in der Brüsseler NATO-Zentrale gesprochen werden. Die internen Vorbereitungsdokumente für das heutige Ministertreffen enthalten nur die inflationsbereinigten Vergleichszahlen in US-Dollar.

Das derzeit gültige »NATO-Ziel« sieht vor, daß die Bündnismitglieder dauerhaft jährlich mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes in »Verteidigung« investieren.

Tote nach Beschuß an israelisch-libanesischer Grenze

Tel Aviv/Beirut – Bei gegenseitigem Beschuß an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon hat es am Mittwoch auf beiden Seiten Todesopfer gegeben. Eine Frau und ihre beiden Kinder wurden bei israelischen Angriffen auf den Ort Souaneh im Südlibanon getötet. Die israelische Luftwaffe flog nach eigenen Angaben am Nachmittag »eine Reihe von Angriffen« auf Ziele im Libanon. Kampfflugzeuge hätten eine umfangreiche Angriffswelle auf libanesisches Gebiet eingeleitet, hieß es.

Der von der Hisbollah geführte Fernsehsender Al-Manar berichtete, daß bei den Angriffen auch eine Person in dem Ort Adchit im Süden getötet worden sei. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, daß in Adchit mindestens sieben Menschen verletzt worden seien. Auch die Gebiete um Schehabijeh und um Souaneh seien getroffen worden.

Zuvor hatten israelische Medien berichtet, daß bei einem Raketeneinschlag in der Stadt Safed im Norden Israels eine Frau getötet worden sei.

Erdogan in Kairo

Kairo – Nach jahrelanger diplomatischer Eiszeit haben sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi wieder angenähert. »Ich bin überzeugt, daß dieser Besuch ein neuer Wendepunkt in unseren Beziehungen sein wird«, sagte Erdogan am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Al-Sisi in Kairo. Dieser sprach von einem »neuen Kapitel« in den Beziehungen beider Länder.

Die Wiederannäherung geschah im Zuge einer Wende der türkischen Außenpolitik, nachdem die Führung sich regional stark isoliert gesehen hatte. Der politische Streit war 2013 eskaliert. Damals hatte die türkische Regierung die Absetzung des damaligen islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi in Ägypten durch die Armee wiederholt als illegitimen »Militärputsch« bezeichnet. Nach Mursi kam Al-Sisi an die Macht.

Die ägyptische Führung warf wiederum der Türkei vor, islamistische Organisationen wie die Muslimbrüder in der Region zu unterstützen. Gegen deren Anhänger geht Ägypten mit großer Härte vor, etliche sitzen im Gefängnis. Beide Länder zogen ihre Botschafter 2013 ab und entsandten sie erst wieder 2023. Im Libyen-Krieg unterstützen Ägypten und die Türkei unterschiedliche Seiten. Streit gibt es auch über Erdgasvorkommen, die im östlichen Mittelmeer vermutet werden.

Das wichtigste Thema bei dem Treffen sei der Krieg in Gaza gewesen, sagte Al-Sisi. Die Türkei werde mit Ägypten zusammenarbeiten, um das Blutvergießen zu stoppen, so Erdogan. Er rief erneut zu einem Waffenstillstand im Gaza-Krieg auf und richtete scharfe Kritik an den israelischen Regierungschef Netanjahu. Israelische Angriffe auf Rafah im Süden des Gazastreifens seien »Wahnsinn«, den man nicht zulassen dürfe.

»Äußerst schwierige Lage« in der Ukraine

Awdijiwka – Der neue ukrainische Oberbefehlshaber Alexander Sirski und Kriegsminister Rustem Umjerow haben Frontabschnitte bei Awdijiwka und Kupjansk in der Ostukraine inspiziert. »Die operative Lage ist äußerst schwierig und angespannt«, schrieb Sirski am Mittwoch bei Telegram. Personell seien die russischen Truppen überlegen. Zudem setze die russische Luftwaffe massiv Lenkbomben ein und ukrainische Positionen würden ständig von der russischen Artillerie beschossen, erklärte er. Laut Sirski führt Kiew Reserven zur Verstärkung der eigenen Truppen heran.

Seit mehreren Tagen berichten ukrainische und russische Militärbeobachter übereinstimmend von einer sich verschlechternden Lage ukrainischer Truppen in und um Awdijiwka. Der Korridor für den Nachschub der Garnison sei nach monatelangen Kämpfen auf weniger als fünf Kilometer geschrumpft. Die Hauptversorgungsroute soll fast von russischen Truppen erreicht worden sein.

Druck auf EU-Führung wegen Gaza

Madrid – Spanien hat seine diplomatische Offensive gegen den israelischen Krieg im Gazastreifen verstärkt. Die Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez forderte die von Ursula von der Leyen geleitete EU-Kommission am Mittwoch auf, »dringend zu prüfen, ob Israel seinen Verpflichtungen zur Achtung der Menschenrechte in Gaza nachkommt«. In einem Brief, der auch vom irischen Premierminister Leo Varadkar unterschrieben wurde, hieß es, die EU solle »geeignete Maßnahmen« ergreifen, »falls festgestellt wird, daß Israel gegen vereinbarte Verpflichtungen verstößt«.

Gleichzeitig kündigte die zweite stellvertretende Regierungschefin Yolanda Díaz einen Besuch der palästinensischen Gebiete an, um vor Ort »einen sofortigen Waffenstillstand zu fordern« und »die Barbarei anzuprangern«.

Sánchez erinnerte auf X an »das Grauen des (Hamas-Angriffs am) 7. Oktober« und forderte »die Freilassung aller Geiseln«. Er betonte gleichzeitig: »Das Engagement der EU für Menschenrechte und Menschenwürde darf keine Ausnahmen zulassen«.

Sánchez' Stellvertreterin, die auch Arbeitsministerin ist, warf der »internationalen Gemeinschaft« Doppelmoral vor. »Wir sind Zeugen eines Verstoßes gegen das Völkerrecht und einer eklatanten Verletzung der Menschenrechte, mit einer internationalen Gemeinschaft, die wirklich heuchlerisch ist«, sagte sie vor Journalisten.

Am Samstag findet in Madrid eine Protestkundgebung statt. Fünf Minister, die dem Juniorpartner der Madrider Regierung, dem Linksbündnis Sumar angehören, darunter auch Díaz, haben ihre Teilnahme angekündigt.

Ex-General wohl Sieger bei Wahl in Indonesien

Jakarta – Der frühere General Prabowo Subianto hat die Präsidentschaftswahl in Indonesien Schnellauszählungen zufolge mit überragendem Vorsprung gewonnen. Nach vorläufigen Berechnungen kam der 72-jährige amtierende Verteidigungsminister auf etwa 57 bis 59 Prozent der Stimmen.

Seine Kontrahenten – der frühere Gouverneur von Jakarta und Ex-Bildungsminister Anies Baswedan (54) und der Gouverneur der Provinz Zentraljava Ganjar Pranowo (55) – lagen mit etwa 25 Prozent und 16 Prozent weit abgeschlagen dahinter.

Schnellauszählungen basieren auf Zufallsstichproben von Stimmzetteln aus Wahllokalen im ganzen Land. Diese Zahlen der verschiedenen Meinungsforschungsinstitute sind zwar nicht offiziell – jedoch dürfte sich nicht mehr viel am Ergebnis ändern. Das offizielle Endergebnis will die Wahlbehörde erst Ende März verkünden.

Einigung bei Koalitionsgesprächen in Pakistan

Islamabad – In Pakistan hat die Partei von Wirtschaftsmogul Nawaz Sharif, die Muslimliga PML-N, eine Regierungskoalition mit der Volkspartei PPP und weiteren Kleinparteien angekündigt. Die aus der Wahl als stärkste Kraft hervorgegangenen unabhängigen Kandidaten, die größtenteils Verbindungen zum inhaftierten Ex-Premier Imran Khan und dessen Oppositionspartei PTI haben, gehen damit zunächst leer aus.

Die Ankündigung der Muslimliga PML-N am Dienstagabend folgte auf ein Treffen der Anführer von mindestens sechs politischen Parteien. »Wir haben beschlossen, uns zusammenzusetzen und eine Regierung zu bilden«, sagte der ehemalige Präsident und Ko-Vorsitzende der Pakistanischen Volkspartei (PPP), Asif Ali Zardari, auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt.

Sharifs Muslimliga PML-N war bei der Abstimmung in der vergangenen Woche wider Erwarten nur auf den zweiten Platz gekommen, gefolgt von der PPP um Ex-Außenminister Bilawal Bhutto Zardari, weswegen sich die Regierungsbildung schwierig gestaltete.

Museumsdirektor muß gehen

Rom – Ein Kopfüber-Foto von Italiens rechter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat einen Museumsdirektor im Süden des Landes den Posten gekostet. Der Leiter des Museums der 32.000-Einwohner-Stadt Ostuni, Luca Dell'Atti, erklärte am Mittwoch seinen Rücktritt. Grund dafür war die Veröffentlichung eines Fotos, das die Vorsitzende der faschistischen Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) mit dem Kopf nach unten zeigte. In Italien wird dies allgemein als Bezug auf die Hinrichtung des faschistischen Diktators Benito Mussolini verstanden, dessen Leiche nach der Erschießung 1945 von Partisanen mit dem Kopf nach unten aufgehängt und öffentlich zur Schau gestellt wurde.

Luca Dell'Atti, der auch als Professor an einer Universität unterrichtet, begründete seinen Rücktritt damit, daß er »in unerträglicher Weise an den Medienpranger gestellt« worden sei. Das Foto hatte er in der Nacht zum Montag auf seinem Instagram-Konto veröffentlicht. Inzwischen ist es verschwunden. Auch die Stadtverwaltung von Ostuni ging zu dem 31-Jährigen auf Distanz. In den italienischen Medien war von einem »Schock-Foto« die Rede.


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